18. März 2014

IBM – Die Entwicklung zum IT-Dienstleister



Die Abkürzung IBM steht für International Business Machines. 1911 gegründet als Fusion mehrerer Firmen und umbenannt in IBM im Jahr 1924, hat das Unternehmen alle Veränderungen im Computerbereich nicht nur mitgemacht, sondern viele dieser Veränderungen auch geprägt. Produziert und verkauft wurden dabei alle Hardware- und Software-Produkte die man sich denken kann, und dafür ist das Unternehmen auch nach wie vor bekannt. 

Der Kern des heutigen Geschäftsmodells ist man damit aber nicht beschrieben. Denn wie könnte IBM mit dieser Geschäftstätigkeit, bei insgesamt beinahe stagnierendem Umsatz, Gewinn und Dividende pro Aktie so stark steigern, wie in folgender Grafik abgebildet?

Umsatz, Gewinn/Aktie und Dividende/Aktie 


So weit ich mir das zusammenreimen konnte, sind dafür zwei Hauptfaktoren ausschlaggebend, auf die ich hier eingehen möchte:
  1. Fokus auf Dienstleistungen
  2. Aktienrückkäufe

1. Fokus auf Dienstleistungen

Wie an der Zusammensetzung des Umsatzes sehr schön zu erkennen, fokussiert sich IBM immer mehr auf die profitableren Service- und Software-Bereiche, während das Hardwaregeschäft (in Systems und Technologies enthalten) nach und nach abgegeben wird. Insgesamt führt das zu höheren Margen, was auch bei insgesamt nur leicht steigenden Umsätzen zu stark wachsenden Gewinnen führt. Weniger rentables Geschäft wird durch rentableres ersetzt.

Vorsteuermargen

Global Services

In der Segmentberichterstattung wird der Bereich Global Services noch einmal unterteilt, und zwar in die Bereiche Technology Services und Business Services. Ähnlich wie Logistikdienstleister von großen Konzernen nicht mehr als reine Spediteure fungieren, sondern für diese die gesamte Logistik übernehmen, bietet IBM seinen Kunden in diesem Geschäftsbereich nicht nur den einmaligen Verkauf von Soft- oder Hardwareprodukten, sondern übernimmt den gesamten Betrieb und die Wartung der IT-Infrastruktur und der Geschäftsprozesse. Dank Expertise und Effizienz  kann IBM diese Leistung 

a) zu geringeren Kosten anbieten, als ein Kunde der das selber machen will, und 
b) zu einem Preis anbieten, mit dem man selber rentabel arbeiten kann. 

Mithilfe des IBM-eigenen Analyse-Knowhows werden dem Kunden dann Verbesserungsvorschläge unterbreitet und auch umgesetzt. Die Datenanalyse ist eine der Kernkompetenzen von IBM, wie das Vorzeigebeispiel Watson zeigt. Für eine genauere Beschreibung der Geschäftstätigkeit empfehle ich die Lektüre des Geschäftsberichtes 2013 (Investor Relations) in dem diese detaillierter beschrieben wird, als ich das in einem Absatz zu tun vermag. Diese Tätigkeit hat gegenüber dem reinen Verkauf von Soft- oder Hardwareprodukten sehr spezielle Vorteile.

  • Hat man einen Kunden gewonnen, entstehen für diesen hohe (noch höhere) Wechselkosten. Eine Folge davon ist, dass ca. 70% des IBM Umsatzes als „wiederkehrend“ bezeichnet werden können.
  • Die Forschungs- und Entwicklungskosten (F&E) können mit jedem Neukunden durch eine höhere Kundenanzahl geteilt werden, mit niedrigeren F&E-Kosten pro Kunde. IBM investiert jedes Jahr ca. USD 6 Mrd. in F&E. Und das sehr erfolgreich: IBM kooperiert in der Forschung mit ca. 6000 Industriepartnern und 1000 Universitäten weltweit. Seit bereits 21 Jahren in Folge ist IBM das Unternehmen mit den meisten neuen Patenten in den USA. Inzwischen steckt IBM beinahe 70% der F&E-Ausgaben in die Bereiche um Daten, Analyse der selbigen und „Cognitive Computing“, was ich hier salopp mit „intelligente Computer“ übersetze.

Was aber wirklich beeindruckt ist der offensichtliche Fokus darauf, das Beste für den Kunden herauszuholen. Natürlich ist auch die Konkurrenz darauf bedacht, Produkte zu verkaufen, mit denen der Kunde das Beste für sich herausholen kann. Nur: mein Gefühl ist, dass der durch die Produkte entstehende  Mehrwert ein Mittel ist, um die Produkte verkaufen zu können. Bei IBM ist es anders herum. Die verkauften Produkte sind ein Mittel, um Mehrwert für den Kunden zu schaffen. Das zeigt auch die Bereitschaft IBMs, Produkte der Konkurrenz zu verkaufen, wenn dies für einen Kunden offensichtlich die bessere Lösung ist. Der Fokus liegt nicht auf dem Produktverkauf, sondern darauf, dem Kunden dabei zu helfen innovativ und wettbewerbsfähig zu bleiben/werden.  

Die anderen Geschäftsbereiche

Es ist zwar etwas unausgewogen, hier alle anderen Segmente in einem Unterpunkt zusammenzufassen, vor allem weil der Servicebereich natürlich auf die Ressourcen aus diesen Bereichen zurückgreift. Ich mache das dennoch, da ich für die Kundenbindung und die längerfristige Marktstellung von IBM den Service-Bereich als wichtiger erachte als diese Bereiche. Das Service-Geschäft kann allerdings nicht funktionieren, wenn IBM technologisch den Anschluss verliert. Die oben kurz angerissenen F&E-Tätigkeiten sollten dafür einen soliden Grundstock liefern.

Der Bereich Software ist äußerst profitabel und einer der größten Wachstumsbereiche des Konzerns. Verkauft wird hauptsächlich Middleware (Wikipedia-Eintrag), wo IBM sehr stark ist (wenn auch von den einen oder anderen Informatikern leidenschaftlich gegenteilige Meinungen vertreten werden ;-). Angesichts der im Service-Bereich beschriebenen Geschäftstätigkeit und den Wachstumsmöglichkeiten im Cloud-Computing sollte dieser Bereich noch viel Freude machen.

Der Bereich Financing bietet seinen Kunden und den anderen IBM-internen Sparten Finanzierungslösungen für Hardware, Software und Dienstleistungen von IBM, aber auch anderen Anbietern an. Da IBM in diesem Bereich selbst über eine große Expertise verfügt, die Finanzierungslösungen (soweit ich das verstanden habe) mit den Produkten besichert und somit die Leasing- und Kreditausfälle relativ gering sind, ist der Bereich hochprofitabel und leistet im Zusammenspiel mit der Service-Sparte auch seinen Beitrag zur Kundenbindung. Dennoch ist dieser Bereich als eher unterstützend zu betrachten.

Das Segment Systems & Technology bündelt eine größere Anzahl an Geschäftsbereichen, vor allem das schon angesprochene und nach und nach abgebaute Hardwaregeschäft. Die Bereiche, die mit einiger Sicherheit im Konzern verbleiben werden, sind - aufgrund der Wachstumsaussichten - wohl das Server- und das Storage-Geschäft. Anfang des Jahrtausends machte dieser Bereich noch 40% des IBM-Umsatzes aus, inzwischen sind es noch 15%.

2. Aktienrückkäufe

Nun ist das mit der Verbesserung der operativen Performance durch den Wechsel in rentablere Geschäftsbereiche wie oben beschrieben eine schöne Sache, aber es erklärt nicht, wie sich der Gewinn/Aktie seit 2001 mehr als verdreifachen konnte. Das Vorsteuerergebnis hat sich in derselben Zeit nicht einmal verdoppelt. Die Antwort ist einfach: die (verwässerte) Anzahl der ausstehenden Aktien hat sich von 1,7 auf ca. 1,1 Mrd. verringert. Und zwar durch Aktienrückkäufe über die Börse. Über USD 120 Mrd. (!) hat IBM seit 2001 dafür ausgegeben.

Aktienrückkäufe und der Mehrwert den sie angeblich stiften sind umstritten. Vor allem für kurzfristig orientierte Anleger zählt dabei vor allem, wie sich die während eines Aktienrückkaufprogramms erhöhte Nachfrage nach den Aktien auf den Kurs auswirkt („der sollte steigen“). Für langfristig orientierte Anleger können sie in der Bedeutung jedoch deutlich mehr sein als nur ein temporärer Kurssprung. Ein Aktienrückkauf ist in Wirklichkeit eine spezielle Form der Gewinnausschüttung an die Aktionäre und damit, wenn konsequent durchgeführt, eine echte Alternative zur Dividende.

So steigt beispielsweise bei gleichbleibendem Gewinn und verringerter Anzahl von ausstehenden Aktien der Gewinn pro Aktie in allen (!) Folgejahren, während die Dividende nur eine einmalige Ausschüttung darstellt. Die Höhe des Wachstums im Gewinn je Aktie aufgrund dieses Effektes hängt davon ob, wie viele Aktien zurückgekauft werden können. Damit ist klar, dass die Sinnhaftigkeit eines Aktienrückkaufs vom Kurs abhängt (wie eigentlich immer beim Aktienkaufen): umso niedriger, umso mehr Aktien können gekauft werden. Als Faustregel würde ich sagen, dass ein Aktienrückkauf einer Dividende überlegen ist, wenn der Kurs unter dem fairen Wert je Aktie notiert. Ist der Kurs zu hoch, macht eine Dividende mehr Sinn. Darüber hinaus fällt bei Ausschüttung einer Dividende für die Aktionäre eine Kapitalertragssteuer von 25% (Österreich) an – bei einem Aktienrückkauf entfällt diese.

Wenn ich mir die Historie der Aktienrückkäufe bei IBM ansehe, würde ich sagen, dass die Vorgangsweise am ehesten einer Cost-Averaging-Strategie nahekommt. Natürlich wurde ausgerechnet 2008 und 2009 - bei Tiefstkursen - weniger zurückgekauft. Mitten in der Wirtschaftskrise ist das wahrscheinlich dem Vorsichtsprinzip geschuldet. Damit kann ich leben.

Einer der erfolgreichsten, auf jeden Fall aber wohl der bekannteste Investor der Welt, Warren Buffett, sieht das ähnlich. Da er ohnehin nicht vorhat, zu verkaufen, hofft er auf sinkende Kurse, wie im Berkshire Hathaway Annual Report 2011 nachzulesen:
This discussion of repurchases offers me the chance to address the irrational reaction of many investors to changes in stock prices. When Berkshire buys stock in a company that is repurchasing shares, we hope for two events: First, we have the normal hope that earnings of the business will increase at a good clip for a long time to come; and second, we also hope that the stock underperforms in the market for a long time as well. A corollary to this second point: “Talking our book” about a stock we own – were that to be effective – would actually be harmful to Berkshire, not helpful as commentators customarily assume.

 Let’s use IBM as an example. As all business observers know, CEOs Lou Gerstner and Sam Palmisano did a superb job in moving IBM from near-bankruptcy twenty years ago to its prominence today. Their operational accomplishments were truly extraordinary.

 But their financial management was equally brilliant, particularly in recent years as the company’s financial flexibility improved. Indeed, I can think of no major company that has had better financial management, a skill that has materially increased the gains enjoyed by IBM shareholders. The company has used debt wisely, made value-adding acquisitions almost exclusively for cash and aggressively repurchased its own stock.

 Today, IBM has 1.16 billion shares outstanding, of which we own about 63.9 million or 5.5%. Naturally, what happens to the company’s earnings over the next five years is of enormous importance to us. Beyond that, the company will likely spend $50 billion or so in those years to repurchase shares. Our quiz for the day: What should a long-term shareholder, such as Berkshire, cheer for during that period?

 I won’t keep you in suspense. We should wish for IBM’s stock price to languish throughout the five years.

 Let’s do the math. If IBM’s stock price averages, say, $200 during the period, the company will acquire 250 million shares for its $50 billion. There would consequently be 910 million shares outstanding, and we would own about 7% of the company. If the stock conversely sells for an average of $300 during the five-year period, IBM will acquire only 167 million shares. That would leave about 990 million shares outstanding after five years, of which we would own 6.5%.

 If IBM were to earn, say, $20 billion in the fifth year, our share of those earnings would be a full $100 million greater under the “disappointing” scenario of a lower stock price than they would have been at the higher price. At some later point our shares would be worth perhaps $1.5 billion more than if the “high-price” repurchase scenario had taken place.

 The logic is simple: If you are going to be a net buyer of stocks in the future, either directly with your own money or indirectly (through your ownership of a company that is repurchasing shares), you are hurt when stocks rise. You benefit when stocks swoon. Emotions, however, too often complicate the matter: Most people, including those who will be net buyers in the future, take comfort in seeing stock prices advance. These shareholders resemble a commuter who rejoices after the price of gas increases, simply because his tank contains a day’s supply.

 Charlie and I don’t expect to win many of you over to our way of thinking – we’ve observed enough human behavior to know the futility of that – but we do want you to be aware of our personal calculus. And here a confession is in order: In my early days I, too, rejoiced when the market rose. Then I read Chapter Eight of Ben Graham’s The Intelligent Investor, the chapter dealing with how investors should view fluctuations in stock prices. Immediately the scales fell from my eyes, and low prices became my friend. Picking up that book was one of the luckiest moments in my life.

 In the end, the success of our IBM investment will be determined primarily by its future earnings. But an important secondary factor will be how many shares the company purchases with the substantial sums it is likely to devote to this activity. And if repurchases ever reduce the IBM shares outstanding to 63.9 million, I will abandon my famed frugality and give Berkshire employees a paid holiday.

Conclusio

IBM hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten von einem Hard- und Software-Produzenten zu einem IT-Dienstleister entwickelt, und damit wieder einmal den gesamten IT-Sektor, inklusive sich selbst, gewandelt. Im Mittelpunkt dieses Geschäftsmodells steht nicht der Verkauf von Produkten, sondern der Nutzen für den Kunden – und sonst nichts.

Eine solide Bilanz, stabile (und hohe) Cashflows, ein KGV von ca. 12, aufgrund der Aktienrückkäufe überproportional steigende Gewinne je Aktie und die Sicherheit, mit jemandem wie Warren Buffett zu investieren, lassen mir IBM als relativ solides Investment erscheinen. Sollte der Kurs doch so stark steigen, dass die Aktienrückkäufe unrentabel werden… nun, damit beschäftige ich mich, wenn es soweit ist.

IBM ist ab sofort Teil des Wikifolios.

Quellen:
IBM Investor Relations (hauptsächlich, vor allem Geschäftsberichte)

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