14. März 2016

Express Scripts: Pharmacy Benefit Management (PBM) – Teil 2

Anmerkung: ich habe bisher nicht in Express Scripts investiert, und bin mir auch noch nicht sicher, ob ich das tun werde.

Aus Teil 1:

„Was machen diese PBMs eigentlich genau? Was ermöglicht diese phänomenalen Zahlen?

Um diese Fragen zu beantworten, müssen wir einen tieferen Einblick in das Geschäftsmodell nehmen. Vor ein paar Wochen hatte ich davon noch überhaupt keine Vorstellung, inzwischen bin ich zumindest etwas klüger. Außerdem gibt es auch einige nicht zu unterschätzende Risiken.“

Nach Wikipedia sind die Ursprünge des PBM-Geschäftes in den 1970ern und 1980ern zu suchen als, ähnlich wie in den letzten Jahren, die Kosten im Gesundheitswesen explodiert sind. Die heutige Existenzberechtigung der PBMs ergibt sich daraus, dass sie die Abwicklung der medizinischen Versorgung für ihre Geschäftspartner vereinfachen und dabei die Kosten senken

Quelle: Express Scripts Investor Relations
Alles in allem denke ich, dass Express Scripts diese beiden Aufgaben ganz gut meistert. Es war mir allerdings überhaupt nicht klar, wie das genau funktioniert. Hier eine Beschreibung zum Mitdenken, die in meinem Gehirn einige Knoten verursacht hat. Eine komplexere Darstellung des Geschäftsmodells findet sich hier (Glenn Chan). Wer lieber erst einen deutschen Text lesen möchte um reinzukommen, dem empfehle ich die Artikel auf stock-blog.de (Erklärung anhand von CVS Health, die auch einen PBM betreibt; hier und hier, inkl. Kommentare).

Geschäftsmodell

Ich möchte das Geschäftsmodell so einfach wie (mir) möglich beschreiben, und zwar an Hand der drei großen Umsatzkategorien von Express Scripts: network revenues, home delivery und specialty

Network revenues

Eine Patientin bekommt von einem Arzt ein Rezept verschrieben. Sie geht damit in die Apotheke. Nun greift der PBM ein: er kauft im Auftrag der Versicherung der Patienten das Medikament von der Apotheke und verkauft weiter an die Versicherung/Patientin (meist mit einem Selbstbehalt für die Patientin).

So einfach sich das auch anhört, dieser Akt ist schwierig zu verstehen (zumindest war er das für mich): warum läuft das so?

Der eigentliche Kunde des PBMs ist die Krankenversicherung der Patientin: der PBM wickelt die Administration ab. Der Lieferant ist in diesem Fall die Apotheke.

Der PBM
  • unterhält Beziehungen mit vielen Apotheken (deswegen Netzwerk) um eine flächendeckende Abwicklung für
  • die Kunden (Krankenversicherungen, Arbeitgeber mit interner Versicherung – oder, wie im Fall von Express Scripts – auch staatliche Kunden wie das Verteidigungsministerium) gewährleisten zu können.
  • Er verwaltet dabei auch die verschiedenen Pläne der Kunden (was wird bezahlt, zu welchem Selbstbehalt etc.) und
  • bringt durch Analyse der vielen Daten auch Vorschläge ein, wie man diese Pläne effizienter gestalten könnte.
  • Zusätzlich arbeitet er auch mit Ärzten zusammen und spricht mit diesen ab wo man ebenso wirksame, aber günstigere, Generika verschreiben kann.

Für die Apotheken
  • ist der PBM ein Großkunde, der aufgrund seiner Masse Rabatte bekommt. Das klingt erst einmal blöd für die Apotheken, aber es geht ja noch weiter
  • der PBM agiert für die Apotheke auch als eine Art Einkaufsgemeinschaft gegenüber den Medikamentenherstellern, so dass er gegenüber letzteren Rabatte herausholen kann.
  • Diese Rabatte müssen mit den Apotheken logischerweise so geteilt werden, dass die Apotheken einen Anreiz haben, im Netzwerk mitzumachen (d.h. sie sollten im Netzwerk besser abschneiden, als wenn sie auf eigene Faust agieren). 
  • Was von den Rabatten der Einkaufsgemeinschaft jetzt noch übrig ist, ist der Bruttogewinn des PBMs.

Die Patientin
  • sollte, wenn der PBM erfolgreich ist und die Abläufe für die Versicherung vereinfacht und dabei Kosten senkt, durch niedrigere Versicherungsbeitrage profitieren – bei mindestens gleich guter Versorgung. 

Home delivery

Hier werden Medikamente vertrieben, die der Patient über längere Zeiträume hinweg regelmäßig einnehmen muss. Offenbar erhöht die automatische und regelmäßige Lieferung die Wahrscheinlichkeit, dass der Patient sich auch an seinen ärztlich verordneten Plan hält. Der Kostenvorteil für die Versicherungen ist leicht auszumachen: der PBM kauft in ihrem Auftrag und mit Verhandlungsmacht direkt bei den Medikamentenherstellern, wobei die Apotheken ausgelassen werden. Einen Teil der Ersparnis schneidet der PBM wiederum als Bruttogewinn mit. 

Specialty

Dies betrifft in erster Linie Krankheiten die selten sind, weswegen die Kosten für Medikamente relativ hoch sind. Die Versorgung mit diesen Medikamenten läuft normalerweise nicht über Apotheken, sondern über Krankenhäuser oder spezialisierte Ärzte. Diese wiederum operieren häufig in einer Art lokalem Monopol oder Oligopol und schlagen auf ihre Einkaufspreise kräftig auf. Die PBMs senken die Kosten indem sie die Medikamente, wieder im Auftrag ihrer Kunden, selbst kaufen und diese Monopole/Oligopole umgehen – wiederum mit einiger Verhandlungsmacht gegenüber den Herstellern der Medikamente und wieder dasselbe Spiel: der PBM schneidet an der Ersparnis mit. 

Wettbewerb

Die eben beschriebenen Abläufe entsprechen natürlich dem Idealfall. Auch jemandem, der sich vorher noch nie mit PBMs beschäftigt hat ist jetzt klar, dass es hier zu einer Fülle von Interessenskonflikten kommen kann - und das bei unabhängigen PBMs: bei vorwärts- oder rückwärts-integrierten PBMs vervielfacht sich die Anzahl der Möglichkeiten an Interessenskonflikten.

Glen Chann hat hier einen Artikel verfasst, der zumindest einige Aspekte dieser Problematik beleuchtet. Im Netz lässt sich noch mehr finden, wobei mir nicht immer klar ist, was man glauben kann und was nicht (ich verlinke hier aus eben diesem Grund nur Glenn Chan, weil ich den Blog regelmäßig lese und die Inhalte meines Erachtens ganz gut recherchiert sind). Z.B. Kick-Backs, über die auch im Geschäftsbericht von Express Scripts einiges steht, sind auf Wikipedia ganz gut beschrieben (zwar in der Finanzbranche, aber der Ablauf ist ähnlich).

Es ist derweil nur ein Gefühl meinerseits aber ich glaube, dass unabhängige PBMs eher in der Lage sein sollten, diese Interessenskonflikte zu handhaben, als PBMs die integriert sind. Die Integration von PBMs bei Medikamentenherstellern in der Vergangenheit hat sich eher als nicht so toll erwiesen. 

Größe ist offensichtlich ein Vorteil, und zwar an mehreren Stellen.

Anzahl an Kunden
1) Verhandlungsmacht gegenüber Medikamentenherstellern: das scheint überhaupt eines der großen Themen zu sein.
2) Verhandlungsmacht gegenüber Apotheken, die wiederum von 1) profitieren
3) Auslastung der Infrastruktur im Bereich home delivery und specialty

Anzahl an Apotheken im Netzwerk
4) sichert flächendeckende Versorgung für Kunden
5) sichert wiederum 1)

Datenpool
6) Um die Komplexität der Regulierung zu meistern - z.B. wo können bedenkenlos Generika verwendet werden

Das erklärt wahrscheinlich zum größten Teil den Trend zur Konsolidierung in der Branche. Weiters erklärt es auch zum Teil, warum so viele Player in der Branche interessiert daran sind, ihre eigene PBM-Sparte zu führen anstatt diese Aktivitäten auszulagern. Vor allem vor dem Hintergrund, dass Medikamente immer teurer zu werden scheinen, und PBMs damit hochprofitabel sind (hier muss ich meine Aussage aus dem ersten Teil widerrufen, wonach die Medikamentenpreise für die PBMs egal zu sein scheinen). 

Konsolidierung/Integration rentiert sich umso mehr (a) je höher die Preissteigerungen in den Medikamenten sind, und (b) je komplexer die Administrierungsaufgaben sind.

Zu (a)

Wenn der Bruttogewinn von Rabatten abhängt, was oft in Prozenten ausgemacht wird, steigt der Bruttogewinn mit den Medikamentenpreisen. Das scheint mir eine logische Erklärung für die Explosion in den Bruttogewinnen pro Claim in den letzten Jahren parallel zum Anstieg in den Medikamentenpreisen. Der PBM agiert, anders gesehen, ähnlich wie eine Maut-Stelle die bei jeder Transaktion allerdings einen Prozentsatz mitschneidet.

Zu (b)

Am einfachsten ist das in den Extremen zu sehen: eine einzelne Dorf-Apotheke wird kaum über die Datenmengen und/oder Analyse-Kapazitäten verfügen, um immer up-to-date zu sein. Die logische Lösung ist, in einem PBM-Netzwerk mitzumachen. Angesichts der Tatsache, dass Bürokratien/Regulierungen dazu neigen, eher komplizierter zu werden als einfacher, dürfte dies für PBMs eher positiv sein. Ähnliches gilt auch für kleinere, regionale Versicherungen – Express Scripts beschäftigt immerhin rund 26.000 Menschen.

Tatsächlich sieht Express Scripts, wie im Geschäftsbericht nachzulesen, hierin eine ihrer besonderen Stärken neben der Größe/Verhandlungsmacht.

Das wirklich komplizierte ist, die Interessenskonflikte zu lösen und die Einsparungen innerhalb der involvierten Parteien fair zu verteilen.
  • Die Apotheke muss besser abschneiden als ohne Netzwerk
  • Die Versicherung muss besser abschneiden als ohne PBM (oder mit integriertem PBM, sonst macht sie das selbst)
  • Dabei darf sich keiner unfair behandelt fühlen. 
  • Außerdem, und das ist nicht zu unterschätzen, sollten unlautere Praktiken vermieden werden. Auf lange Sicht ist es einfach so: irgendwann wird man erwischt. (Express Scripts hat bisher anscheinend vergleichsweise wenig Strafen bezahlt: d.h. sie sind entweder ehrlicher, oder sie vertuschen besser... ich denke ersteres, aber wissen kann man so etwas nie. Vor einem evtl. Kauf möchte ich das auf jeden Fall noch prüfen, so gut möglich.)
  • Was übrigbleibt ist der Bruttogewinn für den PBM
  • Genau genommen muss für den Medikamentenhersteller auch noch etwas übrigbleiben, den ich bisher ja nicht wirklich beachtet habe – Rabatte haben irgendwo Grenzen.
Diese faire Verteilung ist wieder etwas, was ich einem unabhängigem PBM eher zutraue, als einem in einer anderen Partei integrierten PBM. Für einen unabhängigen PBM wie Express Scripts hat der aktuelle Trend zur Integration von PBMs, der sich aus (a) und (b) ergibt, meines Erachtens zwei schwerwiegende Implikationen.

1) Für Großkunden rentiert es sich, PBM-Aufgaben selbst zu übernehmen.

  • Ein Beispiel ist UnitedHealth mit dem Aufbau einer eigenen PBM-Sparte. Das war der Hauptgrund für den Rückgang im Geschäftsvolumen von Express Scripts von 2013 auf 2014. 
  • Ein weiteres Beispiel ist Anthem, momentan größter Kunde von Express Scripts, die öffentlich Druck aufbaut (in meinen Augen ein no-go) und mit PBM-Wechsel oder in-sourcing der PBM-Aktivitäten droht. Anthem ist der Hauptgrund für den Kursrückgang der Express Scripts Aktie im Januar. 
  • Ein anderes Beispiel wäre CVS Health (siehe stock-blog.de): PBM in-house. 

Das Großkunden-Geschäft von Express Scripts scheint unter Druck zu sein.

2) Für kleinere Kunden werden starke unabhängige PBMs aber umso wichtiger.

  • Ich kann mir nicht vorstellen, dass kleinere Kunden, die die Kapazitäten für in-sourcing nicht haben, ihre PBM-Dienstleistungen einem größeren Konkurrenten überlassen wollen. 
  • Nicht-Versicherungen, wie z.B. größere Arbeitgeber, die selbst als ihr eigener Krankenversicherer für ihre Arbeitnehmer agieren oder eben das Verteidigungsministerium, könnten eher ein Ziel für integrierte PBMs sein. 
  • Wenn wir diesem Artikel (2011) glauben schenken dürfen, ist die Performance dieser integrierten PBMs in dieser Hinsicht, historisch gesehen, allerdings eher dürftig. 

Kurz- bis mittelfristig könnte für Express Scripts noch einiger Ärger bevorstehen, wenn z.B. mit Anthem wirklich keine Einigung erzielt wird. Langfristig sehe ich Express Scripts allerdings als einen vielleicht fast unersetzlichen Partner für kleinere Player. 

Conclusio

Ich habe gehofft, dass mir das Zusammenschreiben dieser beiden Artikel bei meiner Entscheidungsfindung hilft. Irgendwie hat es das auch – ich habe mich entschieden, noch nichts zu entscheiden.

  • Auf der einen Seite ist das Unternehmen extrem wichtig für den Erfolg seiner Kunden und die Aktie von Express Scripts scheint mir halbwegs vernünftig bewertet. Auf der anderen Seite sehe ich die Möglichkeit, dass ein großer Teil des Geschäftsvolumens durch PBM-Integration vonseiten großer Kunden verloren gehen könnte. 
  • Wenn es wirklich so kommt, dass erst einmal ein paar Großkunden verloren werden, bin ich mir nicht mehr so sicher, ob die Aktie so günstig ist, wie ich glaube…
  • Auf der einen Seite traue ich dem Management zu - CEO Paz hat in den letzten Jahren meines Erachtens großartige Arbeit geleistet, auch und vor allem in der Kapital-Allokation (wo ich mir mit der Beurteilung etwas leichter tue) - mit neuen Herausforderungen fertig zu werden. Auf der anderen Seite, tritt eben genau dieser CEO bald in die Pension ab. Es kommt also erst einmal ein Neuer (wahrscheinlich intern und ähnlich ausgerichtet, aber trotzdem…). 
  • Über all dem schwebt auch immer die Möglichkeit, dass die Regulierungsbehörden das Geschäftsmodell ins Wanken bringen können, denn der Bereich ist sehr stark reguliert.
  • Das ist auf jeden Fall eines der kompliziertesten Geschäftsmodelle, die ich je analysiert habe. Und das obwohl die eigentliche Finanzanalyse (siehe Teil 1) so furchtbar einfach ausgesehen hat...

Fürs Erste werde ich also nicht investieren, und das Alles (wie erwähnt, ich beschäftige mich noch nicht lange mit PBMs) einsickern lassen müssen. Ein etwas niedrigerer Kurs könnte mich evtl. umstimmen, wobei ich derweil selber nicht genau quantifizieren kann, wo dieser sein müsste…

Quellen
Quellen aus Teil 1 +



P.S.: Ich habe stock-blog.de in die (deutsche) Blog-Liste auf der rechten Seite übernommen. Ich habe erst ein paar Einträge gelesen, aber die fand ich ganz gut. 

11. März 2016

Express Scripts: Pharmacy Benefit Management (PBM) – Teil 1

Anmerkung: ich habe bisher nicht in Express Scripts investiert, und bin mir auch noch nicht sicher, ob ich das tun werde.

Ein Feld in das ich trotz relativ solider Wachstumsaussichten noch nicht wirklich investiert habe ist das Gesundheitswesen. Der offensichtliche Kandidat, Pharma, war mir immer etwas zu kompliziert. In erster Linie weil es mir komplett unmöglich ist die Erfolgsaussichten von verschiedenen Pipeline-Projekten abzuschätzen – ein extrem wichtiger Faktor in der Bewertung dieser Unternehmen, weil immer wieder Patente ablaufen (die in den Generika-Sektor wandern) die durch ebendiese Pipeline wieder gefüllt werden müssen (oder über Akquisitionen).

Ein Kandidat in der Gesundheitsbranche, so dachte ich mir, könnte das Apothekenfeld sein: das ist im Prinzip dem normalen Handel nicht unähnlich, wenn auch mit Auflagen verbunden. Speziell in den USA gibt es da einige Ketten, die einen Blick wert sein könnten (in der Schweiz wird es mit der Abspaltung von Sante von Galenica – geplant in Q4 2016 – bald ebenfalls einen interessanten Kandidaten geben). Was mir persönlich im Zuge meiner (über die Jahre verteilten) Recherchen immer wieder auffiel ist aber, dass ein Geschäftszweig besonders rentabel ist: PBMs.

Die kommen immer wieder vor: 
  • integriert in eine Apothekenkette (beispielsweise CVS Health), sonstigen Dienstleistungsanbietern (beispielsweise UnitedHealth) oder in der Vergangenheit auch in Pharmaunternehmen (was ein schwerwiegender Interessenskonflikt ist, ich glaube das ist heutzutage eher selten; ich kenne kein solches Beispiel)
  • unabhängig: Express Scripts ist der größte unabhängige PBM in Nordamerika. Und zwar mit einigem Abstand.

PBMs werden immer wieder integriert (2015 beispielsweise Übernahme von Catamaran durch UnitedHealth) und abgespalten/verkauft/übernommen (Express Scripts – Medco 2012, 2009 wurde die PBM-Sparte von Anthem übernommen – worauf ich im zweiten Teil noch zurückkommen werde). Beide Formen scheinen ihre Vor- und Nachteile zu haben, wobei Express Scripts darauf besteht, dass die unabhängige Variante die am meisten Wert schaffende für ihre Kunden und sich selbst (bzw. Aktionäre) ist. Wenn wir uns die Finanzkennzahlen ansehen, ist das nicht unbegründet, denn sie schneiden im Vergleich zu Konkurrenz sehr gut ab. Zumindest wenn wir davon ausgehen, dass vermehrter Kundennutzen zu vermehrtem Gewinn führt – auf einige Probleme mit diesem Ansatz komme ich ebenfalls im zweiten Teil noch zurück.

Umsatz und Margen:

Quelle: 10-Ks der entsprechenden Jahre von Express Scripts und dessen Vorläufer
Große Veränderungen wie 2009 -2010 oder 2011-2012 sind auf oben erwähnte Akquisitionen zurückzuführen, die die Margenstruktur teilweise stark verändert haben. Aus der operativen Marge habe ich akquisitions-bedingte Abschreibungen exkludiert, ebenso Kosten für Integration u.ä. (d.h. das ist mehr oder weniger eine Schätzung meinerseits, wobei vor allem Integrationskosten und gelegentliche Gerichtskosten immer wieder vorkommen – es geht mir mehr darum zu zeigen, wie sich das Basisgeschäft abseits dieser Effekte entwickelt). Die EBIT-Marge habe ich auch inkludiert um zu veranschaulichen, wie groß der Unterschied zwischen (optimistisch angesetzten) ökonomischen und buchhalterischen Gewinnen sein könnte.

Wenn wir die GuV auf einzelne Geschäftsakte herunterbrechen, sieht das so aus (diesmal ohne EBIT):
Oben: Anzahl „claims“ in Millionen (l.S.); Umsatz, Kosten des Umsatzes und Bruttogewinn pro Claim (r.S.)
Unten: (wieder) Bruttogewinn, SGA und operativer Gewinn pro Claim
In USD
Als letzte Grafik noch, wie sich das im Gewinn je Aktie niederschlägt, zusammen mit einer Anmerkung: das Geschäft ist nicht sehr kapitalintensiv. Der durchschnittliche ROA (mit Abschreibungen auf akquirierte immaterielle Werte und inkl. Goodwill) seit 2010 beträgt 5,7%. Wenn wir den ROA um Goodwill u.ä. bereinigen und anstatt des ausgewiesenen Gewinnes die hier von mir geschätzten Owner Earnings heranziehen, steigt dieser auf ca. 28%. Ein guter Teil des Wachstums im Gewinn je Aktie ist auf Aktienrückkäufe zurückzuführen.

Anmerkung: die Owner Earnings sind bewusst optimistisch geschätzt, d.h. ich habe alle weiter oben schon erwähnten Einflüsse herausgerechnet. Der wahre ökonomische Gewinn je Aktie dürfte irgendwo zwischen der blauen und der grauen Linie liegen. Ich würde aber argumentieren näher an der grauen als an der blauen.
Kurs der Aktie per heute: USD 68 (d.h. KGV zwischen 11,6 und 18,8 - je nachdem) und damit möglicherweise in einem halbwegs günstigen Bereich für so ein… ich nenne es jetzt einmal Cash-Flow-Monster.

Was wir bisher feststellen ist, dass
  • das ein sehr niedrig-margiges Geschäft ist,
  • das über hohes Volumen operativ zu Skaleneffekten führt;
  • der Umsatz an und für sich nicht viel aussagt, sondern
  • der Bruttogewinn entscheidend ist für den wirtschaftlichen Erfolg.

Das ist aber nicht alles. Ich weiß nicht, wie es dir als Leser geht, aber ich habe die Analyse bis hierher als relativ einfach empfunden. Das eigentliche Rätsel aber, und mit dem habe ich einige Zeit gekämpft, ist:

Was machen diese PBMs eigentlich genau? Was ermöglicht diese phänomenalen Zahlen?

Um diese Fragen zu beantworten, müssen wir einen tieferen Einblick in das Geschäftsmodell nehmen. Vor ein paar Wochen hatte ich davon noch überhaupt keine Vorstellung, inzwischen bin ich zumindest etwas klüger. Außerdem gibt es auch einige nicht zu unterschätzende Risiken.


Quellen

2. März 2016

Fanniegate

Es wird schon jemand mit Interessen sein, der den Film zusammengestellt hat. Ich stelle ihn dennoch rein. Harter Tobak. Via Youtube:


Update April 2016 - Teil 2: