Die Tesco Aktie drückt ziemlich
auf die Performance des Wikifolios. Wie ich
in meiner ersten
Analyse als auch im letztjährigen
Update erwähnte, ist ein Grund dafür das schwache Abschneiden des
Supermarkt-Konzerns im Heimatmarkt Großbritannien, der in etwa 2/3 des
Konzernumsatzes ausmacht. Inzwischen sehe ich ein, dass das der Hauptgrund für die
Kursentwicklung ist. Was passiert in
Großbritannien?
Die Diskonter kommen
Die Konkurrenz zwischen Supermarktketten
gehört überhaupt zum Kompetitivsten, was sich vorstellen lässt. Das zeigt sich
auch in den langen Listen der Supermärkte, die irgendwann aufgeben mussten oder
schlicht und einfach übernommen wurden. Die Liste für Großbritannien findet
sich auf Wikipedia.
Die Konsumenten entscheiden mit den Füßen und diese gehen im Normalfall dorthin
wo es am billigsten ist. Seit Jahren wird der Markt in Großbritannien zwischen
den vier großen (Tesco, Asda/Walmart, Sainsbury, Morrisons) aufgeteilt. Innerhalb
dieser Gruppe waren und sind Asda und Tesco die billigsten. Aufgrund ihrer Größenvorteile
können diese beiden dennoch die höchsten Margen erzielen.
Marktanteile UK
Mit Vorsicht genießen: verschiedene Quellen,
zum Teil unterschiedliche Zeitpunkte im Jahr,
aber um ein Gefühl zu bekommen, was passiert, sollte die Grafik aussagekräftig
genug sein
Außerhalb dieser Gruppe gibt es
aber durchaus billigere Anbieter, die seit einiger Zeit Marktanteile von den
großen abziehen. Die beiden brutalsten Diskonter sind die auch hierzulande
bekannten Aldi (in Österreich Hofer, empfehlenswerter
Artikel Handelsblatt) und Lidl. Diese bieten zwar weniger Service, gerade in
wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist der Konsument aber um jeden Cent den er
weniger bezahlen muss froh - und die Füße entscheiden in die entsprechende
Richtung. Wie die Geschäftsführung von Morrisons in der Präsentation zu den
Zahlen für das Ende Januar zu Ende gegangene Geschäftsjahr darlegt, ist das aber
noch nicht alles.
Die Qualität der von den
Diskontern verkauften Produkte wird inzwischen als ähnlich gut angesehen, wie
die, die man im normalen Supermarkt bekommt. Dieses Phänomen kennt man auch bei
uns. Und als jemand der selber nicht gerne mehr bezahlt als unbedingt
notwendig, kann ich diese Erfahrung aus meinen eigenen Einkäufen bei Hofer
eigentlich nur teilen – warum sollte das in Großbritannien anders sein als bei
uns?
Quelle: Morrisons
IR – Präsentation zu vorl. Ergebnissen 2013/14
Die großen vier sind also dazu
gezwungen, auf das niedrigere Preisangebot der Diskonter einzugehen, was nichts
anderes bedeutet, als einen Preiskrieg – natürlich mit Auswirkungen auf die
Margen, die verdient werden können. Die Alternative wäre, die Preise
hochzuhalten, dafür aber Umsatz zu verlieren. Ersteres erscheint mir
realistischer, und ist auch teilweise bereits eingetreten (Stichwort Milch).
Nun würde man meinen, die großen
können aufgrund ihrer Größe/Marktmacht/sonstiges die Eindringlinge in einem
Preiskampf zurückweisen. Verlassen würde ich mich darauf allerdings nicht. Das
hat auch in Deutschland (und wo Aldi und Lidl sonst noch aktiv sind) nicht
funktioniert. Wie diesem
Bericht zu entnehmen, erzielt Aldi UK eine operative Marge von 4,4%, was
nicht all zu weit unter jener von Tesco liegt (ca. 5%).
Fazit: die Diskonter sind da. Und
sie werden bleiben.
Tesco als Investment
Für die unmittelbare Zukunft sieht
es also eher schlecht aus, nicht nur für Tesco, sondern auch für die anderen
drei Großen in Großbritannien. Und schlimmer kann es immer werden. Dennoch bin
ich der Meinung, dass eigentlich schon viel Ungutes in die Tesco-Aktie
eingepreist ist.
Selbst unter Annahme einer in den
nächsten Jahren auf 3,5% sinkenden operativen Marge, einem durchschnittlich um
3,3% wachsenden Umsatz (UK Online und ein internationales Geschäft gibt es ja
auch noch) und einer Diskontrate von 10% spuckt ein DCF-Modell einen Wert von
locker über 3,5 Pfund pro Aktie aus – und ich halte diese Annahmen für eher
pessimistisch. Man kann natürlich noch düsterere Szenarien an die Wand malen,
aber es ist (zumindest für mich) schwer vorstellbar, dass ein Szenario
eintreten wird, das den momentanen Kurs rechtfertigt.
Die Zukunft wird zeigen, ob ich
mich mit der Tesco-Aktie vertan habe. Kurzfristig sehe ich das als
wahrscheinlich an. Langfristig nicht.
Ich lese gerne Deinen Blog. Ich habe bei e-yield.co.uk gelesen, dass die Performance der Supermärkte vor allem an der enormen Verschuldung pro Haushalt in den UK liegt, die gemessen am BIP eine der Größten überhaupt ist. Ansonsten finde ich die Idee nicht schlecht, dass man sich auch bei Value Aktien durchaus mal einen Chart anschaut und bei unterschreiten eines Fair Value Wertes oder zB die 200 GD Linie verkauft, und nur wieder kauft, wenn Nachfrage von Käufern sichtbar ist. Buffet macht das auch in Form von CBOE Optionen, nur liest man wenig darüber, da es etwas an dem Mythos kratzt, dass man nur die unterbewerteten Einzelaktien finden und halten muss, um Gentleman-mässig sehr reich zu werden.Viel Glück und Danke !
AntwortenLöschenHallo Michael,
AntwortenLöschenerst einmal Danke für den Kommentar. Was den Chart betrifft: naja, meine Erfahrung zeigt mir, dass ich darin nicht sehr gut bin. Ich sehe mir verschiedene Indikatoren zwar hin und wieder an, aber wirklich eine Entscheidungsgrundlage sind diese für mich nicht.
Was Tesco betrifft: ich habe mir durchaus schon überlegt, zumindest einen Teil zu verkaufen. Ich möchte allerdings noch die Ergebnisse für das Gesamtjahr abwarten, vor allem was der Geschäftsführer zur beschriebenen Entwicklung sagt. Sollte er nur davon sprechen, wie toll doch eh alles läuft, wird es auf jeden Fall Zeit die Reißleine zu ziehen.
Beste Grüße
Tom