19. Dezember 2014

Weihnachtsupdate 2014


2014

Laut Wikifolio-Statistik betrug die Performance in diesem Jahr etwas mehr als 10%. Nicht schlecht, wenn man die Entwicklung der Indizes 2014 betrachtet (in etwa):
  • ATX: -18%
  • DAX:  +6%
  • EuroStoxx 50: +1%
  • S&P 500: +12%
  • Dow Jones: +10%

Die Tätigkeiten auf dem Blog, bzw. im Wikifolio, in diesem Jahr (alle Performance-Angaben ohne Berücksichtigung von evtl. kassierten Dividenden, laut Wikifolio):

Unverändert
(d.h. Dividenden kassieren, so denn welche anfallen – mit aktueller Differenz zum Einkaufskurs in %):

 (Zu-) Käufe
(Kursentwicklung seit Kauf in %):

 Verkäufe
(Performance und kurze Begründung):
  • Raiffeisen International (-22%, Analyse ungenügend – inzwischen wäre der Verlust wesentlich größer, wenn ich nicht verkauft hätte)
  • Tesco (-17%, Versagen des Geschäftsmodells gegen Aldi und Lidl unterschätzt – inzwischen wäre der Verlust wesentlich größer, wenn ich nicht verkauft hätte)
  • Semperit (+40%, fairer Wert erreicht)
  • Intel (keine Analyse gepostet, +56%, fairer Wert erreicht)
  • AT&S (+32%, fairer Wert erreicht)
  • Shell (keine Analyse gepostet, +8%, ungutes Gefühl wegen Ölpreisverfall und extrem hohen Capex)

 Cash-Anteil momentan bei 24%.

Dazu kam noch eine Analyse der Admiral Group, in die ich über das Wikifolio leider nicht investieren kann (hier bin ich inkl. Dividenden bisher ca. 2% im Plus, ohne Dividenden 0,5% im Minus), und ein Post über Warren Buffetts Owner Earnings.

Banken

Die Deutsche Bank und die Bank of America haben zusammen momentan einen Anteil von 27% am Wikifolio. Ich muss zugeben, dass das recht viel ist. Ein so hoher Bankenanteil ist für viele schon allein gesehen problematisch, und dann ist dieser Anteil auch noch auf nur zwei Banken aufgeteilt. Dazu ein paar Gedanken:

Bankenaktien haben Potenzial. Ganz einfach deswegen, weil sie momentan von allen gemieden, prinzipiell aber gebraucht werden (das ist eine ökonomische Notwendigkeit). Ich möchte allerdings nicht in den Bankensektor als Ganzes investieren, weil viele dabei sind, die zwar billig sind (beispielsweise KBV),  aber halt auch qualitativ nicht viel zu bieten haben.

Die Bank of America hat etwas zu bieten. Für jeden, der das nicht glaubt: bitte die Bilanzen und Ergebnisse (wirklich) studieren (auch wenn dies länger dauern kann). Es ist schlicht und einfach so, dass die operativen Gewinne von den Klagen/Problemen aus der Zeit der Finanzkrise (Countrywide-Übernahme) aufgefressen werden. Es gibt kaum eine Bank auf der Welt, die diese Verluste ausgleichen und überleben könnte. Doch dieses Bluten wird irgendwann enden. Die Gewinne werden durchkommen. Derweil ist die Bank of America immer noch unter Buchwert zu haben (zugegeben, nur wenn man dem Goodwill einen Wert beimisst, den er aber in diesem Fall hat).

Bei der Deutschen Bank liegt der Fall etwas anders: In Europa hat, im Gegensatz zu den USA, keine Marktbereinigung stattgefunden. Es gibt schlicht und einfach zu viele Banken. Als Österreicher „freue“ ich mich wahnsinnig, dass die Hypo Alpe Adria gerettet wurde und Unmengen an Steuergeld in dieses Monstrum fließen (ich warte bis heute noch auf überzeugende Erklärung, warum diese Bank systemrelevant sein sollte). Die Folge ist, dass auch für die relativ soliden Banken im klassischen Retailbanking kaum Geld zu verdienen ist (außerdem gibt es noch neu eingeführte Bankensteuern, deren Nutzen ich hier nicht beurteilen möchte). Die Deutsche Bank ist eine Investmentbank (wenn die Postbank wirklich verkauft wird, noch mehr). Aus dem Investmentbanking ziehen sich viele Banken freiwillig zurück, weil es ihnen zu riskant ist. Die Folge wird weniger Konkurrenz für die Deutsche Bank sein.

Ein Ausblick

Prinzipiell bin ich mit der Zusammenstellung des Wikifolios momentan schwer zufrieden. Woran ich in Zukunft allerdings arbeiten möchte, ist eine stärkere Diversifizierung, d.h. ich möchte in etwa um die 20 Titel halten anstatt der ca. 10, die es bisher immer waren. Cash ist da, und ich werde die eine oder andere Position auch zusammenstutzen, um dieses Ziel zu erreichen. Das wird allerdings etwas länger dauern, denn ich möchte nicht blindlings 10 zusätzliche Aktien kaufen, nur um stärker diversifiziert zu sein.

Prinzipiell können das jene Aktien sein, die früher schon mal gehalten wurden (beispielsweise Semperit), wenn der Kurs wieder eine Sicherheitsmarge bietet, oder neue Unternehmen, die ich noch finden werde. Meine Watchlist ist inzwischen recht groß. Ich möchte mich aber nicht nur auf quantitative Aspekte wie niedrige Multiples (KGV oder KBV) konzentrieren, deren praktischen Nutzen ich immer stärker anzweifle (siehe Banken, oder die Eigenheiten im Geschäftsmodell der Admiral Group), oder überzeugende DCF-Ergebnisse vorfinden (die immer mit Vorsicht zu genießen sind). Nein, ich möchte auch verstehen, wo die qualitativen Stärken der Unternehmen im Wikifolio/Portfolio liegen. Dafür muss ich das Geschäftsmodell verstehen, was oft viel schwieriger ist, als ich auf den ersten Blick glaube. Auch oder gerade bei Geschäftsmodellen, die auf den ersten Blick sehr simpel aussehen.

Ich habe bei vielen Unternehmen, die finanztechnisch betrachtet wirklich starke Zahlen produzieren, versucht zu verstehen, wo die diese Zahlen produzierenden Stärken liegen könnten. Öfter als schon, schaffe ich es nicht, diese Stärken dingfest zu machen.

Ich freue mich auf eure Kommentare zu dem Thema.

Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch,

Tom

15. Dezember 2014

Zahlungsnetzwerke und eine Perspektive für PayPal

In meinem Artikel über eBay habe ich mich schon etwas mit PayPal auseinandergesetzt. Zum damaligen Zeitpunkt ist noch nicht festgestanden, ob PayPal von eBay abgespalten werden soll oder nicht. Inzwischen ist eine Entscheidung gefallen: Spin-off PayPals von eBay, voraussichtlich im zweiten Halbjahr 2015.

Dieser Post wird etwas länger. Ich werde erst etwas über die zwei dominierenden Geschäftsmodelle im Bereich Zahlungsnetzwerke schreiben und dann auf die Position und die Möglichkeiten von PayPal eingehen.

Geschäftmodelle für Zahlungsnetzwerke

PayPal betreibt ein (Online-) Zahlungsnetzwerk. Folgende Tabelle beinhaltet einen Überblick über einige bekannte Zahlungsnetzwerke (man könnte noch UnionPay und Alipay aus China oder Western Union einfügen; Western Union ist aber mehr ein Geldsendungsunternehmen, als ein Zahlungsnetzwerk).

Überblick Zahlungsnetzwerke (2013, Auswahl)

Anklicken zum Vergrößern
Auffällig:
  • Visa und MasterCard sind nach abgewickeltem Zahlungsvolumen die Größten; PayPal wächst rasant und liegt in dieser Statistik auf Platz 5 hinter JCB.
  • Bei der Anzahl der Karten (bzw. registrierte Nutzer) liegt PayPal bereits auf Platz 3. Nicht schlecht für ein so junges Unternehmen, aber noch weit hinter Visa oder MasterCard.
  • Der Vorsprung von American Express (AmEx) bei Volumen/Karte und Transaktionen/Karte, wo PayPal jeweils unter dem Durchschnitt liegt. (Dafür könnten Typen wie ich verantwortlich sein, die PayPal hauptsächlich für das Bezahlen von Pizzalieferservices und U-Bahn-Tickets nützen. Das ist nicht allzu oft im Jahr.)

Das alles ist kein Zufall, sondern den verschiedenen Geschäftsmodellen geschuldet. Im Prinzip gibt es für solche Netzwerke zwei dominierende Geschäftsmodelle, die ich hier kurz beschreiben möchte:
  • das Closed-Loop-Modell (AmEx) und
  • das Open-Loop-Modell (Visa, MasterCard – ich habe keinen passenden Wikipedia-Eintrag gefunden)

In obiger Auswahl ist mir die Zuordnung nicht für alle ganz klar, einige betreiben ein Mix-Modell (Discover), mit anderen habe ich mich nicht intensiv beschäftigt (JCB, Diners Club). Klar sind die großen Drei (AmEx, Visa und MasterCard), auf die ich mich hier auch konzentrieren möchte.

Im Closed-Loop-System geht das Unternehmen direkte Beziehungen zu Käufern und Verkäufern ein, während das Unternehmen im Open-Loop-System keine direkten Beziehungen zu den Käufern eingeht, sondern dies den Partner-Banken überlässt und nur dafür sorgen muss, dass man möglichst überall mit den Karten zahlen kann (Verkäufer-Beziehungen). Wachstum ist im Open-Loop-System leichter zu erreichen weil, einfach gesagt, nur eine neue Partnerbank gefunden werden muss, die dann den Kartenvertrieb übernimmt, während AmEx um jeden neuen Partner (auf Käufer- wie auf Verkäuferseite) selbst kämpfen muss. Insofern ist auch die absolute Größe von Visa und MasterCard nicht überraschend, da sich vor allem über Grenzen hinweg sehr schnell expandieren lässt. AmEx ist hauptsächlich in den USA sehr stark, während die anderen beiden internationaler aufgestellt sind.

Weiters, und das ist einer der Hauptunterschiede, betreiben die Unternehmen im Open-Loop-Modell mangels direkten Kundenkontakts kein Kreditgeschäft. Dies wird den Partner-Banken überlassen, während die Kreditkartenunternehmen selbst kein Kreditrisiko eingehen. Im Unterschied zum im Kreditgeschäft aktiven AmEx, dessen Bilanz einer Bankbilanz ähnlicher sieht als der Bilanz von Visa oder MasterCard. Visa und MasterCard sind im Prinzip reine Zahlungsprozessabwickler für die Banken, während AmEx alles selber macht. Folgendes Bildchen visualisiert den Unterschied in einer typischen Zahlungstransaktion:

Closed-Loop (AmEx) vs. Open-Loop (MasterCard, Visa)

Geschäftsberichte AmEx und MasterCard, Anklicken zum Vergrößern

Wettbewerbsvorteile in den beiden Modellen

Im Open-Loop-Modell wird dem Verkäufer (Merchant) eine Gebühr (Merchant Discount) verrechnet (üblicherweise um die 2 - 3,5% des Verkaufspreises, je nach Region und Verkäufer), die zwischen den Banken (Acquirer und Issuer) und dem Kreditkartenunternehmen (in der Grafik MasterCard) aufgeteilt werden. Der Witz an der Sache ist, dass im Endeffekt nur 0,1 - 0,3% an die Kreditkartenfirma abfällt, und der Rest (2,2 - 2,4% bei beispielsweise 2,5% Merchant Discount) zwischen den beiden Banken aufgeteilt wird. (Das Gebühren-Modell ist in Wirklichkeit etwas komplizierter als hier dargestellt, aber ich möchte nur die Grundzüge erklären – für eine genauere Beschreibung empfehle ich die Lektüre der Geschäftsberichte).

Folglich profitieren MasterCard und Visa, die geografisch sehr breit aufgestellt sind und deren Kreditkarten von sehr vielen Verkäufern (Merchants) akzeptiert werden, sehr stark davon, dass die Banken diese Karten auch vertreiben wollen. Immerhin stellen die Gebühren, die die Banken daran verdienen, einen schönen Nebenerwerb dar und mit den Krediten lässt sich in der Regel auch ein schönes Sümmchen verdienen, weil die Zinsen auf Kreditkarten-Kredite horrend hoch sind.

Im Closed-Loop-Modell dagegen entfallen die Banken als Zwischenstationen und die Gebühren gehen komplett an AmEx (in den letzten Jahren ca. 2,5 – 2,6%). Zusätzlich bekommt AmEx, aufgrund seiner Position direkt zwischen Käufer und Verkäufer („Sweet Spot“), alle Informationen über das Kaufverhalten der Käufer und der Verkaufstrends der Verkäufer, die AmEx
  • (a) vermarkten und so zusätzliches Geschäft generieren kann. Diese Informationen, zusammen mit der den AmEx-Karten zugeschriebenen Eigenschaft der Exklusivität (Käufer-Bindung), treiben das Volumen pro Karte, was einen Mehrwert für akzeptierende Verkäufer schafft.
  • (b) für das Kreditgeschäft nutzen kann, das AmEx ja selbst betreibt. Es ist kein Zufall, dass AmEx niedrigere Kreditausfallsraten und weniger Probleme mit Zahlungsverzögerungen hat als die das Kreditkartengeschäft betreibenden Banken in den USA – bei nur unwesentlich niedrigeren Zinsen. (http://www.federalreserve.gov/releases/chargeoff/delallsa.htm für die USA im Schnitt, Daten von AmEx sind im Geschäftsbericht zu finden).

Ich vermute, dass diese Kombination aus (a) und (b) auch der Grund ist, warum Berkshire Hathaway an AmEx beteiligt ist, nicht aber an MasterCard oder Visa (fairerweise muss ich erwähnen, dass die Aktien von Visa und MasterCard noch nicht so lange an der Börse notieren wie jene von AmEx – vielleicht hat Buffett sie eh auf dem Radar).

Ich habe hier bei der Beschreibung des Closed-Loop-Modells natürlich vor allem AmEx beschrieben, aber prinzipiell müssten (a) und (b) auf alle Closed-Loop-Modelle übertragbar sein, die eine kritische Größe überspringen können (was ja das Hauptproblem für junge Netzwerke ist). Damit kommen wir zur

Position von PayPal: im Sweet Spot

Rufen wir uns kurz noch einmal das Geschäftsmodell von PayPal als Online-Zahlungsunternehmen anhand einer typischen Transaktion ins Gedächtnis:

Anklicken zum Vergrößern
Was wir hier sehen erinnert stark an ein Closed-Loop-Modell a la AmEx, das aber alle anderen (wesentlichen) Zahlungsmethoden vereint. Im Unterschied zu AmEx ist PayPal auch nicht auf einen Kontinent beschränkt, sondern hat sein Modell auf mehr oder weniger die ganze Welt ausgebreitet (PayPal ist gerade bei Zahlungen über Staatsgrenzen hinweg sehr stark - ca. ein Viertel des Zahlungsverkehrs über PayPal findet grenzübergreifend statt). Die Tatsache, dass PayPal bisher eben ein pures Online-Modell betrieb (mit relativ wenig Konkurrenz, da First Mover), gepaart mit der Explosion des E-commerce (dank Internet), ermöglichte PayPal ein unglaublich starkes Wachstum bei gleichzeitigem profitieren vom Netzwerkeffekt bei Online-Zahlungen.

Sweet Spot und User-Nutzung

PayPal sitzt genau im Sweet Spot zwischen Käufer und Verkäufer und hat Informationen über Käufer-Verhalten und Verkäufer-Trends. Aufgrund dieser Tatsache, verwundert es nicht, dass AmEx nicht mit PayPal kooperiert. Wie schon erwähnt, sind diese Informationen sehr entscheidend für das Geschäftsmodell von AmEx (beispielsweise spezialisierte Angebote von bestimmten Verkäufern für potenzielle Käufer und andere, ausgeklügeltere Vermarkungsstrategien). AmEx kann es sich nicht leisten, die eigene Position im Sweet Spot an PayPal abzugeben.

Was PayPal selbst betrifft: die stehen, was die Vermarktung von diesen Daten betrifft, noch ziemlich am Anfang. Bisher konzentrierte sich der Vorstand von PayPal auf die Bereiche Software-Entwicklung/Technologie (zweifellos wichtig). Der CEO von PayPal nach dem Börsengang wird allerdings Dan Schulman sein – ein Mann, der von AmEx kommt. Zufall?

Eine Frage für die Zukunft ist sicher, wie stark ein Mann von AmEx, der theoretisch Marketing Knowhow haben sollte, PayPal-Nutzer dazu bringen kann, PayPal auch wirklich stärker zu nutzen. Wachstumsmöglichkeiten ergeben sich nicht nur aus einer wachsenden Nutzerbasis, sondern auch daraus, die schon aktiven Nutzer dazu zu bringen, öfter mit PayPal zu bezahlen. Sprich: die Nutzer wirklich dazu zu bringen, PayPal wie ein alltägliches Zahlungsmittel zu verwenden (und nicht nur sporadisch, so wie ich das mache), so wie die großen Kreditkartenfirmen das mit den kleinen Plastikkarten geschafft haben.

Unfreiwillig könnten AmEx, Visa und MasterCard (die großen Drei) schon einen entscheidenden Schritt dazu selbst beigetragen haben. PayPal versucht schon seit einiger Zeit, das Bezahlen in physischen Geschäften per Smartphone zu ermöglichen (also nicht nur online sondern auch mobile, wenn man so will). Das scheiterte bisher daran, dass die im Umlauf befindlichen Plastikkarten schlicht und einfach zu bequem waren und viele Verkäufer keine elektronischen Zahlungsterminals zur Verfügung haben, die den Zahlungsvorgang per Smartphone technisch erlauben. Nun haben die großen Drei ein System entwickelt das auf NFC- und Token-Technologie basiert und der neue Standard werden soll, um Plastikkarten zu ersetzen und per Smartphone zu bezahlen – selbstverständlich aber mit Visa-, MasterCard- und AmEx-Konten im Hintergrund (in den Medien wird fälschlicherweise oft Apple als Entwickler dargestellt, die in Wirklichkeit schlicht und einfach nur die ersten sind, die Geräte entwickeln, die diese Technologie in großem Stil anbieten können). Ich nehme an, es wird anfangs noch irgendwelche (absichtlichen?) technologischen Hindernisse geben, aber eigentlich sehe ich keinen Grund warum PayPal nicht auch auf den NFC-Zug aufspringen können sollte und so den Einzug in physische Geschäfte schaffen könnte. Wie gesagt, war ein Hauptproblem bisher das Fehlen von Terminals. Mit der Marketingkraft der großen Drei und der von Apple könnten viele Verkäufer bald bereit sein, sich so ein Ding anzuschaffen (wie auch immer das dann aussieht). Die Plastikkarte ist das eine: aber wenn ich eh mit dem Smartphone bezahle, ist es mir relativ egal ob im Hintergrund Visa, MasterCard, AmEx oder eben PayPal abläuft. Sollte das tatsächlich gelingen, wäre das ein sehr wichtiger Schritt in Richtung verstärkter Nutzung durch PayPal-Nutzer im Alltag und ein Problem für die großen Drei.

Zusätzlich zur Vermarktung von Informationen benötigt AmEx die Daten aus dem Sweet Spot auch für das eigene Kreditgeschäft. Ein Geschäftsbereich, in den PayPal inzwischen ebenfalls eingestiegen ist. Wie schon oben erwähnt, liefert AmEx sehr gute Ergebnisse bei Problemkrediten. Das tut PayPal noch nicht, tatsächlich sind die Ergebnisse in diesem Bereich noch unterdurchschnittlich, wofür es meiner Meinung zwei Hauptgründe gibt. Erstens, AmEx gilt als relativ „exklusiver Club“, dessen Mitglieder auf Käuferseite… ich drücke es mal so aus: betucht sind. Folglich hat AmEx weniger Probleme mit diesen Krediten. Da PayPal, denke ich, nicht den Anspruch hat „exklusiv“ zu werden, fällt dieser Punkt für PayPal auch weg. Zweitens, und das betrifft jetzt wirklich die Standards in der Kreditvergabe und die Höhe der verrechneten Zinssätze, ist dieser Bereich bei PayPal schlicht und einfach noch recht jung. Man kann nicht von Anfang an gute Ergebnisse erwarten. Es empfiehlt sich jedoch diesen Bereich in Zukunft im Auge zu behalten. Sollte PayPal bei Problemkrediten irgendwo in den Bereich des Durchschnitts kommen, wäre schon viel erreicht. Das Wachstumspotenzial könnte riesig sein.

Für beide Bereiche, Ausnutzung des Sweet Spots (mit Verstärkung der Kundentreue) und Kreditgeschäft, bringt Dan Schulman aus seiner Zeit bei AmEx hoffentlich Knowhow mit, kann hoffentlich einiges umsetzen/einführen/verbessern, um aus PayPal ein wirklich globales Zahlungsnetzwerk zu formen.

Konkurrenz

Ich werde nur einige Konkurrenten aufzählen, ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben.

Die großen Drei und die Banken: Eine Kooperation mit AmEx würde mich wundern, weil AmEx selbst auf die Daten aus dem Sweet Spot angewiesen ist. Für die anderen beiden (Visa und MasterCard) ist das Geschäft mit Marketing nur ein Nebenerwerb und das Problem PayPal auf den ersten Blick nicht so schlimm, da es für diese beiden fast ausschließlich um die Höhe des abgewickelten Zahlungsvolumens geht. Es kann ihnen egal sein, ob sie die Gebühren von PayPal oder von den Banken kassieren. Schwieriger wird es natürlich, wenn potenzielle Einkäufer keine Kreditkarten(-konten) mehr nutzen und direkt zu Konkurrenten wie PayPal (oder anderen) wechseln, oder die Banken anfangen zu meutern. Die Banken sind ja zum Teil auch auf die Daten aus dem Sweet Spot angewiesen (Kreditgeschäft), werden jedoch aus diesem hinausgedrängt. Ein Selbstläufer wird das für PayPal sicher nicht.

Apple Pay: Die Ankündigung von Apple Pay lies die eBay Aktie recht deutlich abstürzen. Inzwischen ist das wieder aufgeholt, und der Grund ist einfach: Apple Pay wird keine echte Konkurrenz. PayPal bewegt sich im Bereich Zahlungsnetzwerke. Apple Pay ist jedoch (soweit ich das bisher beurteilen kann), nichts weiter als eine technische Lösung zur Bezahlung wie bereits beschrieben, und kein Zahlungsnetzwerk im hier diskutierten Sinn. Theoretisch hätte Apple über seine Online-Stores (iTunes) ja eine starke Nutzer-Basis, um ein eigenes Zahlungsnetzwerk zu kreieren, ähnlich wie eBay anfangs PayPal „kreierte“ und erst richtig abheben ließ. Aber das scheint nicht das Ziel hinter Apple Pay gewesen zu sein. Falls diese Meldung vom 11.12.2014 stimmt, bin ich mir da ziemlich sicher. Es wäre für Apple geradezu idiotisch, PayPal in den eigenen Stores zu erlauben, wenn man ein Konkurrenznetzwerk aufbauen wollte. Nebenbei bemerkt habe ich in den Präsentationen zu Apple Pay auch nie wirklich einen Hinweis darauf gefunden, dass Apple das Ziel hat ein echtes Zahlungsnetzwerk aufzubauen.

Abgesehen davon gibt es noch einige andere Player wie die bereits in der Tabelle vom Anfang des Posts erwähnten, Western Union (deren Hauptgeschäft nicht im digitalen Bereich liegt, sondern im physischen Versenden von Geld), Amazon Payments (nicht klar, wie stark die Nutzung abseits der Amazon-Plattform ist, aber ich glaube nicht allzu stark), Google (bisher ebenfalls nur mäßig erfolgreich), Stripe (USA, noch klein), Alipay und UnionPay (beide in China recht stark) und einige andere.

Falls ich einen wesentlichen Player vergessen habe sollte: bitte die Kommentarfunktion nutzen.

Von all diesen Playern sehe ich PayPal momentan in der mit Abstand besten Ausgangslage, wirklich eine Alternative für die großen 3 zu werden. Ich möchte aber festhalten, dass ich das nicht unbedingt als eine „Entweder Oder Entscheidung“ sehe. PayPal verdient bereits einen Haufen Geld. Nur ist die theoretische Chance gegeben, und es sollte zumindest versucht werden, diese auch zu nutzen.

Take Away

In meinem letzten Artikel habe ich zur Frage „PayPal: Abspaltung oder nicht?“, bzw. ob ich eher Icahns oder Donahoes Standpunkt etwas abgewinnen kann, geschrieben:
Von außen lässt sich kaum beurteilen, welcher Standpunkt „richtiger“ ist. Zumindest nicht für mich. Gefühlsmäßig würde ich allerdings eher Icahn zustimmen.
Inzwischen bin ich der Meinung, dass die Abspaltung eindeutig Sinn macht. PayPal steht heute vor der vielleicht einmaligen Chance ein globales Zahlungsnetzwerk aufzubauen, das mit den drei großen Netzwerken von Visa, MasterCard und AmEx mithalten und denen sogar Probleme machen könnte. Diese Chance sollte nicht dafür aufgegeben werden, ein kleiner Zahlungsabwickler für eBay zu bleiben.

Der Spin-off eröffnet diese Chance. Jetzt muss PayPal (bzw. CEO Schulman) umsetzen.

Die Frage der Bewertung habe ich hier absichtlich weggelassen. Der Post ist eh schon lange genug und wir werden nächstes Jahr sehen, was die Investmentbanker aus dem Spin-Off machen. Ich bin immer noch der Überzeugung dass eBay, noch Eigentümer von PayPal, insgesamt unterbewertet ist. Über die Aufteilung des Wertes zwischen eBay und PayPal habe ich mir zwar schon Gedanken gemacht, aber es bringt nichts sich jetzt darüber auszulassen.


Anmerkung Wikifolio

Es sieht so aus, als könnte der Spin-Off (PayPal) nicht direkt ins Wikifolio gebucht werden. Stattdessen wird es für die eBay-Aktien (voraussichtlich) eine Cash-Gutschrift in Höhe des PayPal-Spin-Offs geben. 

Ob und wann PayPal Teil des Wikifolios sein kann, wird davon abhängen, ab wann PayPal-Aktien über das Wikifolio gehandelt werden können, und wie sich der Kurs von PayPal nach dem Spin-Off entwickeln wird. Ich möchte dann ja nicht zu viel dafür bezahlen müssen.

Leider zeigt das mal wieder, dass Wikifolio für langfristige Anlagen problematisch sein kann. Bei Kapitalerhöhungen kann ja ebenfalls nicht mitgezogen werden, wie ich bei der Kapitalerhöhung der Deutschen Bank feststellen musste. Ich besitze zwar selbst ein paar Wikifolio-Anteile, für einen nennenswert hohen Bestand kommt Wikifolio unter diesen Bedingungen aber nicht in Frage.

Das soll durchaus auch als Aufforderung an Wikifolio gelten, diese Probleme zu beheben.