Kuoni ist ein global
aufgestellter Dienstleistungskonzern aus der Reisebranche, der einen großen
Teil des Umsatzes in Asien generiert (bitte im Hinterkopf behalten, denn alle
Umsätze werden in Schweizer Franken umgerechnet, was bei der aktuellen
Frankenstärke Auswirkungen hat). Wie das Wort ‚Neustart‘ im Titel dieses Posts
impliziert, steht Kuoni vor einer radikalen Veränderung: das
Reiseveranstaltungsgeschäft (Outbound) wird abgestoßen – in der Vergangenheit
immer eine Säule des Kuoni-Geschäftsmodells (Umsatzanteil 2014 ca. 40%). Die folgende
Grafik gibt einen Überblick über die neue Segmentstruktur des Kuoni-Konzerns:
Segmentstruktur
Quelle: Investor Relations |
Ich habe mir Kuoni schon in der Vergangenheit öfters angesehen, auch wenn
ich nie investiert habe. Der Hauptgrund war immer der, das ich das Outboundgeschäft
als relativ unattraktiv angesehen habe, das in Zukunft ja wegfällt. Jetzt, da
der Verkauf beschlossene Sache ist, und der Aktienkurs aufgrund von (wie ich
meine) temporären Problemen im operativen Geschäft auf unter CHF 300 gefallen
ist, habe ich eine Position aufgebaut.
Ich habe versucht, die Geschäftszahlen der letzten Jahre mithilfe der oben
beschriebenen Segmentstruktur neu zu ordnen. Die Zahlen stammen aus den Geschäftsberichten,
wobei nicht vergessen werden sollte, dass diese von Kuoni selbst nicht so
angegeben wurden, und es in den letzten Jahren auch zu Akquisitionen und
Geschäftsverkäufen gekommen ist.
Umsatz & Margen (Mio. CHF, Margen: r.S.)
Quelle: Geschäftsberichte |
Die Differenz zwischen der operativen und der EBIT-Marge erklärt sich so,
dass ich für die operativen Ergebnisse Einmaleffekte (z.B. Gewinne und Verluste
aus Geschäftsdispositionen, Goodwillabschreiber u.a.) sowie Amortisationen auf
akquirierte immaterielle Vermögenswerte herausgerechnet habe. Diese
Amortisationen betreffen hauptsächlich Trademarks – Assets, die theoretisch im
Laufe der Zeit an Wert gewinnen, und daher nicht abgeschrieben werden sollten.
Diese Amortisationen haben folglich keinen ökonomischen Sinn – ein Blick in die
Kapitalflussrechnung bestätigt (meiner Meinung nach) diese These. Ich glaube,
dass die oben abgebildete operative Marge ein besserer Indikator für die
Qualität des Grundgeschäfts ist, als die EBIT-Marge (mit drastischen
Auswirkungen auf die Owner
Earnings, später mehr dazu).
Wenn wir das Outbound-Geschäft (wird eben verkauft) aussen vorlassen,
stellen wir fest, dass vor allem das Global
Travel Services (GTS) Geschäft mit Umsatzrückgängen zu kämpfen hat. Die
Hauptgründe dafür sind eine geringere Nachfrage aus Japan (Abwertung des Yen,
Erhöhung der Konsumsteuer), der hohe Franken (wie gesagt, alle Umsätze werden
in Franken umgerechnet) und eine Reihe von Reisewarnungen aufgrund von politischen
Unruhen weltweit. Probleme, die sich (hoffentlich) wieder legen. Das Global Travel Distribution (GTD) Geschäft
zeigt robustes Wachstum (ca. 10% p.a. in den letzten beiden Jahren). Das VFS Global (VFS) Geschäft zeigt sogar
noch stärkeres Wachstum, was jedoch in obiger Grafik kaum auffällt, da der Beitrag
zum Konzernumsatz nur ca. 5% beträgt. Der Blick in die Gewinnzusammenstellung
nach Segmenten weiter unten wird jedoch zeigen, das dieser Geschäftsbereich die
eigentliche Perle im Kuonikonzern ist.
Geschäftsmodell
In Zukunft wird Kuoni drei Geschäfte betreiben – GTS, GTD und VFS. Die
Positionierung im Markt sieht Kuoni wie in folgender Grafik abgebildet. Dieses Bildchen
ist auf den ersten Blick jedoch schwer zu interpretieren, weswegen auch eine
Kurzbeschreibung der Geschäftsfelder und jeweils ein kurzer (von Kuoni
veröffentlichter) Film folgt.
Marktpositionierung
Quelle: Investor Relations |
Aus dem Geschäftsbericht:
„Global Travel Services (GTS, bestehend aus
Group Travel Experts und Destination Management Specialists [DMS]) bietet
Destinationsdienstleistungen in den Bereichen Unterkunft, Transport, Ausflüge
und Aktivitäten, Veranstaltungs- und Event-Management an. GTS ist die Nummer 1
im wachsenden Markt für Gruppenreisen und wickelt jährlich 50 000 solcher
Reisen ab. GTS generiert 60% seines Umsatzes in den Quellmärkten des
asiatischpazifischen Raums.“
Hinzuzufügen ist, dass Kuoni gerade im Bereich Gruppenreisen aus Asien
stark ist – ein wachsender Markt aufgrund der neuen Mittelschicht, die Reisen
will, und für die erste Reise gerne eine Gruppenreise bucht. Ausserdem sind in
Asien Reisebüros (die eigentlichen Kunden von GTS/Kuoni) aufgrund der
Unerfahrenheit der Reisenden noch viel stärker vertreten als in westlichen
Ländern. Dies wird wahscheinlich noch eine Weile so bleiben.
Zwei Videos, die das Geschäftsmodell etwas einfacher erklären (Youtube):
GTD
„Global Travel Distribution (GTD, zuvor
FIT), als Branchenpionier ein führender, weltweit tätiger Grossist und Anbieter
von Hotelübernachtungen sowie weiteren Reisedienstleistungen im
Business-to-Business-Bereich, verfügt über langjährige Erfahrung und verkauft
online täglich rund 38 000
Hotelübernachtungen. GTD generiert 43% seines Umsatzes in den wachstumsstarken Quellmärkten
Asiens, im Mittleren Osten und Afrika.“
VFS
„VFS Global, der global führende
Visa-Dienstleister, betreibt inzwischen für 45 Regierungen 1 486 Antragcenter
in 120 Ländern und schätzt den entsprechenden Marktanteil am weltweiten
Geschäft auf 50%. VFS Global erzielt beinahe 70% seines Umsatzes mit
Antragstellern aus dem asiatisch-pazifischen Raum.“
Anzmerken ist, dass VFS nicht die
Entscheidung trifft, ob ein Antragssteller eine Visum bekommt, sondern nur das
administrative Drumherum übernimmt. Die komplizierten Visabestimmungen weltweit
ermöglichen also ein lukratives Geschäft für Kuoni. Das Geschäft ist durch hohe
Eintrittsbarrieren geschützt, was vor allem auf hohe Sicherheitsstandards und Referenzen
auf bestehende Kontrakte begründet ist. Konkurrenten, die in den Markt wollen,
müssen einige Jahre des Verlustes durchhalten. Kuoni beherrscht nach Eigenangabe
ca. 50% dieses Marktes und ist einer der Pioniere im Outsourcing dieser Visa-Dienstleistungen
(Start von VFS im Jahr 2001).
Visa outsourcing market
Quelle: Investor Relations |
References - contracts
Quelle: Investor Relations |
Gewinn
VFS besticht durch deutlich höhere Margen als die anderen
Geschäftsbereiche, was auf die starke Marktstellung zurückzuführen ist.
Deswegen ist der Gewinnbeitrag zum Konzern auch wesentlich höher als der
Umsatzbeitrag.
EBIT Zusammensetzung (Mio. CHF)
Quelle: Geschäftsberichte |
Core business beinhaltet VFS, GTD, GTS und konzernübergreifende, nicht
zuordenbare Kosten. EBIT zusätzlich Outbound, die Amortisationen (wie vorher
besprochen), One-offs und Eliminationen. Wie bei den Umsätzen zeigt sich, dass
GTD und VFS ein schönes Wachstum aufweisen, während GTS Probleme hat (mit
denselben Begründungen).
Bewertung
Die Marktkapitalisierung (Aktienkurs * -Anzahl) beträgt momentan gut eine
Millarde Franken. Die operativen Gewinne werden recht bald Richtung 130 Mio. Franken
steigen (Wachstum GTD und VFS, Erholung GTS) auch wenn das Nettoergebnis 2015
durch den Verkauf des Outboundgeschäftes verhagelt werden dürfte.
Die Finanzverschuldung ist recht moderat, Kuoni verfügt über höhere
Cashbestände als Schulden. Das Unternehmen arbeitet mit einem stark negativen
Working Capital, das den (das Eigenkapital übersteigenden) Goodwill in der
Bilanz finanziert.
Im Grundgeschäft (VFS, GTD und GTS) ist der Goodwill gerechtfertigt. Der
Goodwill für das Outboundgeschäft wird von dem realisierbaren Verkaufserlös
abhängen, weswegen ich auch von einer Ergebnisverhagelung 2015 ausgehe –siehe hier
(finanzen.ch). Wenn wir uns das Ergebnis 2015 in obiger
EBIT-Zusammenstellung vorstellen, können wir also von einem großen dunkelblauen
Balken im negativen Bereich ausgehen. Allerdings gehe ich von einer wieder
steigenden braunen Linie aus, was für die längerfristige Bewertung wichtiger
ist.
Kennzahlen je Aktie
Quelle: Geschäftsberichte |
Die Kennzahlen Gewinn, Dividende und Free Cash Flow (operativer CF minus
Capex) pro Aktie dürften den meisten Lesern bekannt sein. Die Owner Earnings
(OE) pro Aktie ist eine Schätzung von mir, basierend auf diesem
Artikel (Owner Earnings) und unter Herausrechnen der one-offs und der
Amortisationen, wie oben beschrieben. Ich denke diese Kennzahl zeigt recht gut,
was eine umgebaute Kuoni verdienen kann, wenn der Verkauf des
Outboundgeschäftes abgeschlossen und die Restrukturierungen getan sind. Die
normalisierte Ertragskraft schätze ich auf etwa CHF 25 pro Aktie, und das mit
Wachstumspotenzial. Ein Kurs von CHF 280 pro Aktie (KGV ca. 11) scheint mir für
dieses hochrentable Geschäft sehr günstig zu sein.
Wie eingangs erwähnt habe ich eine Position aufgebaut, und zwar mit einem
Kursziel von zumindest CHF 350. Der Verkaufspreis des Outboundgeschäftes wird
außerdem (auch bei Verkauf mit Verlust) einen ordentlichen Batzen Geld in die
Kassen spülen. Damit sollte Kuoni in der Lage sein, den einen oder anderen
strategischen Zukauf für die drei verbleibenden Geschäftsbereiche durchzuführen.
Schöne Analyse und Betrachtung, danke.
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