Das Ende des letzten Posts:
„Admiral (Ursprünglicher Artikel)
Ich werde in Kürze einen weiteren Artikel zur Admiral Group (bzw. allgemein zu Versicherungen) posten, über die ich hier kurz geschrieben habe und die über das wikifolio leider nicht investierbar ist. Ich wurde gefragt, ob die Bewertung für eine Versicherung nicht etwas hoch ist, z.B. nach KGV (momentan ca. 13) oder nach KBV (momentan über 7). Und nach diesen Kennzahlen ist die Bewertung hoch, sehr hoch sogar - zumindest, wenn es eine normale Versicherung wäre. Ich möchte das demnächst etwas genauer ausführen.“
Nachdem ich in einigen kürzeren
Gesprächen daran gescheitert bin, meine Gedanken zu diesem Unternehmen „rüberzubringen“,
möchte in diesem Post erst etwas ausholen, und das Geschäftsumfeld für
(Schaden/Unfall-) Versicherungen allgemein beschreiben, bevor ich auf die
Admiral Group eingehe und darlege warum ich glaube, dass diese nicht
überbewertet ist, selbst bei einem KGV von 13 oder einem KBV von 7. Das wird
zwar etwas länger dauern, hilft aber hoffentlich beim Sortieren meiner
Gedanken.
Einkommen von, und Wettbewerb zwischen Versicherungen
Versicherungen gibt es viele, und der
Konkurrenzkampf ist groß. Ein Grund dafür ist die prinzipielle
Vorteilhaftigkeit eines Versicherungsgeschäftes im Vergleich zu den meisten
anderen Produkten, die man verkaufen kann. Um eine Versicherungspolizze
abzuschließen braucht der Verkäufer kein Vorratslager aufzubauen. Er braucht auch
kaum Sachanlagen. Stattdessen bekommt er nach Abschluss der Polizze erst einmal
Geld in die Hand gedrückt: die Prämie, die im Normallfall in periodischen
Abständen überwiesen wird. Dafür gibt er dem Kunden das Versprechen, im Falle
eines möglichen zukünftigen Schadenfalles diesen Schaden teilweise oder ganz zu
ersetzen.
Die Schäden, die aus allen
abgeschlossenen Polizzen entstehen, sollten aus den eingenommenen Prämien bezahlt
werden können, zusätzlich sollte ein kleiner Gewinn für die Versicherung überbleiben:
der Underwriting Profit (das
habe ich hier schon einmal zu erklären versucht). Hier wird schon klar,
dass die Höhe der Prämie, die für eine Polizze anfällt, sehr entscheidend ist. Je
höher diese ist, umso wahrscheinlicher ist es, dass zukünftige Schadensfälle
und Kosten für den Versicherungsbetrieb abgedeckt werden können.
Zusätzlich gibt es die Möglichkeit,
das Geld, das die Versicherung in der Zeit bis zum Schadensfall (bzw. bis zum
Auszahlungszeitpunkt) hält, zum eigenen Vorteil an den Finanzmärkten (oder
sonst wo) zu investieren. Das so entstandene Finanzeinkommen (großteils Zinsen aus risikoarmen Anleihen) wandert
direkt in die Tasche des Versicherers und ist theoretisch ein zusätzliches
Einkommen zum Underwriting Profit.
Theoretisch. Praktisch ist es oft so,
dass der Konkurrenzkampf und das große Angebot an verkaufswütigen
Versicherungsmaklern die Preise so weit drückt, dass das Finanzeinkommen in die
Berechnung der Prämien inkludiert und ein Underwriting Loss in Kauf genommen werden muss. Versicherungen, die so
kalkulieren, haben also von vornherein nicht vor, Underwriting Profits zu
erwirtschaften und sind somit abhängig
von den Zinseinnahmen, die sie aus ihren Finanzanlagen generieren. Gerade im
momentanen Niedrig-Zins-Umfeld ist das ein Problem für viele solcher
Versicherungen.
Ein kleiner Exkurs: die Combined Ratio
Wer sich mit Versicherungen beschäftigt wird um den Ausdruck
Combined Ratio nicht herumkommen, weswegen ich das hier kurz erklären möchte. Um
eine aussagekräftige Kennzahl für das Grundgeschäft zu benutzen, greifen
Analysten und Versicherungen gerne auf die Combined Ratio zurück. Diese setzt sich
aus
a) der Schadenquote (Loss oder Claims Ratio, Entstandene
Schäden/Prämieneinnahmen), und
b) der Kostenquote (Cost oder
Expense Ratio, Kosten/Prämieneinnahmen) zusammen.
Das Ergebnis aus a) kann als ein Indikator für das Risikobewusstsein im Versicherungsgeschäft
angesehen werden. Das Ergebnis aus b) kann als ein Indikator für die operative Effizienz im Versicherungsgeschäft
angesehen werden. Die Summe aus a) und b) ergibt die Schaden/Kosten-Quote
(Combined Ratio), die die Profitabilität
im Versicherungsgeschäft (ohne Finanzeinkommen) misst.
Einfache Interpretation: kleiner 100% bedeutet, dass das
Grundgschäft profitabel ist, größer 100% bedeutet, dass man das Finanzeinkommen
braucht, um den Break-Even-Punkt zu erreichen. Wenig überraschend liegt die
Combined Ratio für viele Versicherungen oft über 100%. Die Combined Ratio wird
jedoch oft unterschiedlich berechnet - verschiedene Versicherungen,
verschiedene Analysten, verschiedene Methoden - verschiedene Ergebnisse.
Deshalb fokussiere ich mich meist auf die oben angeführte und relativ einfache Art
der Berechnung des Underwriting Profits, die ich mir aus den Geschäftsberichten
von Berkshire Hathaway
abgeschaut habe.
Exkurs Ende
Ein Vergleich zweier
österreichischer Versicherungen mit Aktivitäten in Mittel- und Osteuropa - das Lebensversicherungsgeschäft
jeweils rausgerechnet, da dieses seine eigenen Charakteristika hat.
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Blau: Underwriting Profit/Loss im
Schaden/Unfall-Geschäft
Rot: Underwriting Profit/Loss im
Kranken-Geschäft
Grün: Summierte Einnahmen aus
Finanzanlagen aus diesen beiden Geschäftsbereichen
Lila: Summe, bzw. Vorsteuerergebnis
aus diesen beiden Geschäftsbereichen
Ich denke, man sieht den
Unterschied deutlich. Während das Finanzeinkommen für die VIG ein zusätzliches
Einkommen zum Underwriting Profit darstellt, ist es für die Uniqa
überlebensnotwendig. Teilweise mag das daher kommen, dass die VIG höhere
Qualitätskriterien an ihre Vertriebskanäle stellt und/oder kostenoptimierter
wirtschaftet, ein großer Teil kommt aber sicher daher, dass die VIG verhältnismäßig
stärker in Osteuropa engagiert ist, wo die Versicherungsdichte noch nicht so
groß, und der Preiskampf daher nicht so extrem ausfällt wie in den
westeuropäischen Ländern. Die VIG profitiert also wahrscheinlich von einem
längerfristigen makroökonomischen Trend. Eine Analyse der Loss und Cost Ratios
könnte tieferen Einblick geben, ich erspare mir das allerdings, da dies hier zu
weit führen würde. (Die Uniqa will jetzt übrigens nachziehen und sich ebenfalls
stärker in Osteuropa engagieren, da man davon ausgehen kann, dass das
Versicherungsgeschäft dort noch ein paar weitere Jahrzehnte stark wachsen wird.
Hohe Renditen ziehen Konkurrenz an wie Licht die Moskitos an einem angenehmen
Sommerabend.)
Finanzierung
Wie sieht die Bilanz eines
Unternehmens aus, das erst einmal Prämien einnimmt um daraus spätere
Schadensfälle zu bezahlen? Exemplarisch nehme ich hier die Bilanz der VIG
(2013) her (diesmal habe ich das Lebensversicherungsgeschäft nicht
rausgerechnet – die Verhältnisse würden sich dadurch nicht dramatisch ändern,
außerdem müsste ich einiges schätzen). In Mio. EUR:
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Auf der Passivseite haben wir
zunächst natürlich das Eigenkapital. Ähnlich wie bei Banken gibt es hier
regulatorische Mindestlevel, die nicht unterschritten werden dürfen. Eine
verantwortungsvolle Führung hält sich einen Puffer über diesem Level. Neben den
versicherungstechnischen Rückstellungen, die im Prinzip diskontierte
Schätzwerte für das, was in Zukunft an Schadensfällen an die Kunden bezahlt
werden muss, darstellen, gibt es noch einige sonstige Verbindlichkeiten. Das
Gegenstück zu den versicherungstechnischen Rückstellungen auf der Passivseite
sind die Investments auf der Aktivseite. Wie schon erwähnt: die Versicherung
bekommt ja erst einmal Geld in die Hand gedrückt, das sie zum eigenen Vorteil
investieren kann. Ein gewisser Teil muss natürlich in Sach- und sonstiges
Anlagevermögen gesteckt werden, dieser Posten ist allerdings relativ klein. Es
gibt auch hier aufsichtsrechtliche Vorschriften, welcher Teil in Cash oder in
sehr kurzer Zeit liquidierbaren Papieren investiert werden muss.
Um die Attraktivität des
Versicherungsgeschäfts noch einmal zu unterstreichen: die
versicherungstechnischen Rückstellungen sind ganz klar Fremdkapital, aber es entsteht keine Zinslast daraus (zumindest wenn man das Lebensversicherungsgeschäft
weglässt, wo meist eine Mindestverzinsung garantiert wird).
Theoretisch. Ökonomisch betrachtet
(und dies ist wieder die brillante Sichtweise von Warren Buffett), muss man
sehr wohl einen Preis dafür bezahlen, um dieses Geschäft zu betreiben:
Underwriting Losses, die für den Großteil der Versicherungen Realität sind.
Diese stellen die Kosten für die versicherungstechnischen Rückstellungen dar.
Das schöne an guten Versicherungen ist, dass sie diese Kosten auf Null
bekommen, wenn sie Underwriting Profits erwirtschaften. Man könnte auch von
negativen Kosten sprechen - man wird also dafür bezahlt, Geld zu halten, das
man zum eigenen Vorteil investieren kann. Mit entsprechenden Auswirkungen auf
die so konstruierbare Nettozinsmarge.
Zwischen-Resümee
Unter diesen Voraussetzungen
wirtschaften die meisten Versicherungen vor sich hin und erreichen eine
Eigenkapitalrendite irgendwo zwischen 5 und 15%, je nach Leverage und wo im Prämienzyklus
sie gerade stehen. In meinen Augen
- ist für die durchschnittliche Versicherungsgesellschaft der Buchwert je Aktie ein relativ zuverlässiger Richtwert für den fairen Wert je Aktie, vorausgesetzt, die verantwortlichen Manager machen keinen Blödsinn, wie z.B. übertrieben große Risiken mit ihren Finanzanlagen einzugehen. Lehman hat einige Versicherungsgesellschaften in arge Bedrängnis gebracht, die in dieser Hinsicht etwas zu optimistisch geworden sind. Selbst solche Riesenkonzerne wie die als Hort der Stabilität geltende Swiss Re, die ein paar Jahre gebraucht hat, um wieder auf die Beine zu kommen, oder AIG, die überhaupt nur mit Hilfe der US-Regierung gerettet werden konnte.
- kann für eine Versicherung, die mit Underwriting Losses operiert, ein Aufschlag auf den Buchwert kaum gerechtfertigt werden, es sei denn, es gibt einen guten Grund zur Annahme, dass in absehbarer Zeit Underwriting Profits erwirtschaftet werden können.
Unterschiedliche Geschäftsmodelle und Kostenstrukturen
Ein großer Brocken der Kosten sind
natürlich die Ausgaben für Schadensfälle. Zusätzlich fallen aber Kosten für den
Betrieb an, ebenso wie Kosten für die Akquirierung von Polizzen. Der letzte
Punkt ist einer der Hauptkostenpunkte. Darunter fallen vor allem Provisionszahlungen
an Versicherungsmakler, die sich als
Hauptvertriebskanal für Polizzen etabliert haben. Für die Versicherer sind die
Makler zwar relativ teuer, aber sie bieten auch Vorteile. Vor allem kennen sie
die Menschen in ihrer Region und dieser persönliche Kontakt wird sehr
geschätzt. Für die Uniqa und die VIG
machen dieses Ausgaben im Schnitt der letzten Jahre in etwa 20% der verdienten
Prämien aus.
Schon vor einigen Jahrzehnten hat
ein kleines Versicherungsunternehmen in den USA ein neues Geschäftsmodell
eingeführt: den Direktvertrieb per
Telefon. Durch den direkten Kontakt zu den Endkunden konnte diese Versicherung
bei den Akquisitionskosten extrem viel einsparen, weil sie die
Versicherungsmakler umging. Entsprechend konnten die Polizzen zu niedrigeren
Preisen bei gleichzeitig höheren Margen angeboten werden. Anfangs bestand die
Strategie darin, sich nur auf eine bestimmte Kundengruppe zu konzentrieren um
sich bei dieser einen guten Ruf aufzubauen und sich einen adäquaten Ersatz für
den nicht vorhandenen Kontakt vor Ort zu sichern. Diese Strategie wurde von der
Konkurrenz anfangs zwar belächelt, doch heute ist das Unternehmen der größte
Direkt-KFZ-Versicherer in den USA und der drittgrößte insgesamt. Es handelt
sich natürlich um die zu Berkshire
Hathaway gehörende GEICO (Government Employees Insurance Company).
In den letzten Jahren hat sich der
Aufstieg der Direkt-Versicherer innerhalb des Versicherungssektors deutlich
beschleunigt, was meiner Meinung nach vor allem darauf zurückzuführen ist, dass
mehr und mehr Menschen das Internet benutzen, das den Telefonvertrieb perfekt
ergänzt oder sogar ersetzt. Es sind vor allem junge Menschen, die mit dem
Internet aufgewachsen sind, die deutlich weniger Hemmungen haben, eine
Versicherung über das Internet abzuschließen, und so die Makler tendenziell
meiden – vor allem wenn dies nun einmal einfach billiger ist. Etablierte
Versicherungskonzerne können ein Lied davon singen, ebenso die
Versicherungsmakler, die ihre hohen Provisionen zusehends nur noch durch
außergewöhnlich guten Service rechtfertigen können.
Klar, Makler werden nicht komplett
verschwinden, und auch die etablierten Versicherungsgesellschaften können
Online-Verkäufe anbieten. Die Kostenstruktur ist aber auch in einem
Mix-Geschäftsmodell nachteilhafter als in einem puren Direkt-Modell. Außerdem
handeln sich Versicherungen mit einem Mix-Modell Ärger mit ihren Maklern ein,
da ein klarer Interessenskonflikt besteht. Das pure Direkt-Modell erscheint mir
insgesamt vielversprechender, zumal es maßgeschneidert scheint für eine
Generation die keine Berührungsängste mit Online-Aktivitäten hat und
tendenziell zu stärkerem Sparen gezwungen sein wird, als ihre Elterngeneration.
Da viele dennoch nicht auf ein Auto verzichten möchten, eine KfZ-Polizze dafür jedoch
gesetzlich vorgeschrieben ist, scheint es naheliegend, dass viele zu
kostengünstigeren Direkt-Anbietern wechseln werden.
Die Admiral Group
Die Admiral Group zeichnet sich
durch den Direktvertrieb von KfZ-Polizzen auf der britischen Insel aus. In
erster Linie über das Internet. Zu diesem Zweck werden auch Preisvergleichsportale
betrieben, die einen ständig steigenden Anteil an den insgesamt im Markt
abgeschlossenen Verträgen aufweisen und Druck auf Makler und etablierte
Versicherungen ausüben. Dies ist für Admiral zwar ein Neben- bzw.
Ergänzungsgeschäft, es wird aber erfreulicherweise profitabel betrieben.
Gegründet Anfang der 1990er konnte
die Admiral Group die effizienteste Direktvertriebsstruktur auf der Insel
aufbauen. Ebenso wie die Kunden- zählt auch die Mitarbeiterzufriedenheit zu den
wichtigsten Kernpfeilern der Unternehmenskultur. Belegt wird dies unter anderem
durch wiederholt gutes Abschneiden bei Kundenzufriedenheits-Umfragen und
Arbeitgeber-Bewertungen.
Kostenquoten im Vergleich:
Admiral (UK-Car-only),
UK-Gesamtmarkt (Car only) und
Konkurrent Direct Line
(Gesamtkonzern, nicht nur UK):
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Zusätzlich zum bisherigen
Hauptgeschäft erfolgt eine vorsichtige Expansion in den italienischen,
spanischen, französischen und den US-amerikanischen Markt. Ebenso in den Markt
für Haushaltsversicherungen. Diese Aktivitäten stecken noch in den
Kinderschuhen, sind noch nicht profitabel (das dauert etwas im
Versicherungsgeschäft), bergen aber ein ungeheuerliches Wachstumspotenzial in
an und für sich gesättigten Märkten, vorausgesetzt dass auch dort solch enorme
Kostenvorteile aufgebaut werden können wie im britischen
KfZ-Versicherungsgeschäft. Genau genommen reichen eigentlich schon kleinere
Kostenvorteile, welche durchaus im Bereich des Möglichen liegen.
Der (Mit-)Gründer und Geschäftsführer,
Henry Engelhardt, ist mit einem 13,5% Anteil größter Einzelaktionär und
versteht was vom Geschäft. Hoch anzurechnen ist ihm vor allem dass er eine
Unternehmenskultur etabliert hat, die nicht
auf Prämien- und Marktanteils-Wachstum ausgelegt ist, sondern darauf,
Geschäfte zu machen, wenn dies Sinn macht. Sprich, wenn die Prämien eher hoch
sind. Ironischerweise ist es genau diese Kultur, durch die Admiral auf lange
Sicht Marktanteile gewinnt, obwohl in einzelnen Jahren Umsatzrückgänge
hingenommen werden müssen (wie zuletzt).
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Die niedrige Kostenstruktur wird
dabei sehr geschickt genutzt. Vereinfacht ausgedrückt, kann Admiral bei
steigenden Preisen relativ einfach wachsen, indem sie die eigenen Preise
weniger anhebt als die Konkurrenz (2010-2011), während sie bei fallenden
Preisen auf aggressives Wachstum verzichtet indem sie die eigenen Preise
weniger senkt als die Konkurrenz (2012-2013). Der Vorteil in der Kostenquote
wird genutzt, um die Schadenquote unter Kontrolle zu halten, was folgerichtig
zu einer sehr starken, weil niedrigen, Combined Ratio führt.
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Eine der eigentlichen Stärken der
Admiral Group ist in meinen Augen genau diese Unternehmenskultur, die nur sehr
schwierig zu kopieren sein dürfte, selbst wenn andere Konkurrenten (die Direct
Line Group habe ich schon erwähnt, die als Direkt-Anbieter ebenfalls einen
Blick wert sein könnte) in der Kostenstruktur aufholen können. Der Kampf um
Marktanteile ist ein sehr beliebter bei Managern. Und trotz unvorteilhafter
Bedingungen Nein zu sagen, ist etwas, was nur die wenigsten können.
Angesichts des bisher Geschriebenen
denke ich, dass ein KGV von 13 nicht zu teuer ist für die Aktie. Erstens wegen
der Qualität der Gewinne, die für längere Zeit anhalten dürfte, und zweitens
weil international wie auch in England selbst noch viel Wachstum in KfZ- und
ähnlichen Versicherungsmärkten (Stichwort Haushalt) auf die Admiral Group
warten dürfte. Es kann natürlich nicht überall so gut klappen wie auf der
Insel. In den USA warten beispielsweise GEICO und Progressive, für Italien,
Spanien und Frankreich bin ich allerdings etwas optimistischer. Wie auch immer,
für dieses Potenzial zahlt man beim aktuellen Kurs von 13,87 Pfund nichts, oder
zumindest nicht viel.
Bleibt noch die Frage nach dem KBV
von über 7.
Ko- und Rückversicherungs-Arrangements
Wie vorher festgehalten, ist für
eine Versicherung ohne Underwriting Profits ein Kurs über Buchwert kaum
rechtfertigbar. Genau genommen gibt es bei der
Admiral nur Underwriting Profits, und praktisch kein Finanzeinkommen, da auf Finanzspekulationen in irgendwelche
angeblich risikolosen Staatsanleihen verzichtet, und Überschusskapital in Form
einer Dividende an die Aktionäre ausgeschüttet wird.
Des Weiteren nutzt Admiral in
einem viel intensiveren Ausmaß, als ich das je bei einer anderen Versicherung
gesehen hätte, Ko- und Rückversicherungs-Arrangements, die Kapital freisetzen. Dadurch
reduzieren sich ausgewiesene Umsätze (Nettoprämien), Bilanzsumme und
Eigenkapital im Verhältnis zum zugrundeliegenden Geschäft (ersteres weil Prämien nicht durch die eigene GuV laufen, die beiden letzteren
vor allem durch die Ko-Versicherung und hohe Dividenden).
Folgende Graphik fasst die Partner
zusammen. Der zweitgrößte Aktionär Munich Re ist für die Ko-Versicherung
verantwortlich, die anderen für die Rückversicherung.
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Rückversicherungs-Arrangements
sind Standard im Versicherungswesen und sicher jedem aufgefallen, der schon einmal
einen Blick in die Bilanz oder GuV eines Versicherungskonzerns geworfen hat.
Die Ko-Versicherung ist etwas exotischer. Die 40%-Quote besagt nichts anderes,
als dass Munich Re 40% aller von Admiral abgeschlossenen Versicherungsverträge
übernimmt.
Also 40% der Prämieneinnahmen, 40%
der Schadensfälle, 40% der versicherungstechnischen Rückstellungen. Kurz, 40%
des Geschäfts, aber auch des Risikos werden ausgelagert. In etwa um 40% wird
auch die Bilanz geschmälert, was ein gutes Stück der hohen ROAs erklärt, die
mir im letzten
Post zur Admiral Group aufgefallen sind.
Dafür bekommt Admiral von der
Munich Re eine Gewinnbeteiligung (in der GuV unter Profit Commission ausgewiesen), für den Fall, dass die
ausgelagerten Polizzen gewisse Profitabilitätsziele erreichen (die Bedingungen
sind in den Investor
Relations nachschlagbar, beispielsweise in der Präsentation
zum Geschäftsjahr 2013, Folie 46). Bis jetzt wurde immer eine
Gewinnbeteiligung überwiesen (wie schon weiter oben erklärt, schließt Admiral
meist Polizzen ab, die mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Underwriting Profit
generieren).
Das bedeutet, dass Admiral für 40%
des Geschäfts kein Kapital halten muss, was auch der Grund dafür ist, dass sie
beinahe den gesamten Gewinn als Dividende ausschütten kann, ohne aufsichtsrechtliche
Probleme zu bekommen. Diese Ausschüttungen verringern auch das Eigenkapital,
was das optisch hohe KBV von 7 doch stark relativiert.
Um noch zwei Fragen zu
beantworten, die sich sofort stellen, wenn diese Arrangements auslaufen/nicht
verlängert werden würden:
- Ja, die Höhe der Dividende wäre natürlich sofort gefährdet, da nicht mehr der ganze Gewinn als Dividende ausbezahlt werden könnte (wodurch Bilanzsumme und Eigenkapital steigen, und das KBV kleiner werden würde) und
- Nein, die Höhe der Gewinne würde dadurch wahrscheinlich kaum beeinflusst, was wichtiger ist/wäre.
Noch ein paar Gedanken zum technologischen Fortschritt
Dieser beeinflusst das Geschäft
der Admiral jetzt schon. Beispielsweise bietet Progressive seinen Kunden auf
freiwilliger Basis an, ein Gerät in die Autos zu installieren das das
Fahrverhalten aufzeichnet. Kurz: fährt der Kunde vorsichtig, bekommt er einen
Teil der Prämie zurück (oder Verbilligung beim Verlängern? – Ich weiß nicht
mehr genau).
Es gibt auch allerlei sonstiger
Fahrhilfen, die aus den Werbespots einiger Autobauer oder aus eigener Erfahrung
bekannt sein dürften. Sollten diese tatsächlich Unfälle zu Vermeiden helfen,
wäre das dennoch kein Grund keine KfZ-Versicherung abschließen zu müssen. Die
Prämieneinnahmen pro Polizze würden zwar wahrscheinlich sinken… so denken
umsatzorientierte Menschen eben immer… die Zahlungen für Schadensfälle würden allerdings
ebenfalls zurückgehen. Es kommt meinem Verständnis nach mehr auf die
Bruttomarge als auf den Umsatz an.
Um auf diese Progressive-Short-These
aus dem ersten
Post nochmal einzugehen: dasselbe gilt in meinen Augen, und aus heutiger
Sicht, auch für komplett selbst fahrende Autos, deren Realisierung für den
Massenmarkt noch etwas weiter in der Zukunft liegt. Außerdem bin ich nicht
überzeugt, dass diese das personengesteuerte Fahrzeug komplett verdrängen könnten,
selbst wenn das angesichts der Fahrkünste einiger Verkehrsteilnehmer
wünschenswert wäre. Die meisten Autobesitzer, die ich kenne, fahren viel zu
gerne selbst Auto, als dass sie das einem Computer überlassen würden.
Zusammenfassung
Long Admiral
Group