Vor ein paar
Wochen habe ich Aktien von Kapsch TrafficCom gekauft, bisher hatte ich jedoch
noch keine Zeit, dies zu kommentieren.
Das Unternehmen
ist im Bereich der Intelligent Transportation Systems (ITS) aktiv, vor allem in
der elektronischen Mauteinhebung (Electronic Toll Collection – ETC). Eine
Übersicht über die Geschäftstätigkeit bietet die letzte Unternehmenspräsentation:
Produkte & Marktüberblick
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Der ITS/ETC
Markt lässt sich grob in 3 Bereiche unterteilen: Komponentenbau, Systemerrichtung
und Systembetrieb. Kapsch ist einer von nur drei Anbietern weltweit, die die
gesamte Wertschöpfungskette abdecken.
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Zu den
Kunden zählen Regierungen (Betreiber/Infrastruktur - national oder lokal - und
deren Behörden), Fahrzeughersteller und deren Zulieferer (Fahrzeug-Telematik),
Logistiker (Flottenmanagement), KfZ-Versicherungen („Pay as you drive“) und
noch einige andere. Ein mögliches Wachstumspotenzial ergibt sich in erster
Linie aus dem Bedürfnis der Straßenbetreiber (Regierungen), Mittel für die
Instandhaltung der Straßennetze zu generieren. Da die Option der Steuererhöhungen
auf Treibstoffe langsam ausgereizt ist, scheint die Mauteinhebung ein adäquates
Ersatzmittel zu sein. Kapsch hält weltweit einen Marktanteil an ETC-Systemen
von ca. 13%, wobei der ETC-Markt insgesamt 25 bis 30% des weltweiten ITS-Marktes
ausmacht. Für detailliertere Informationen empfehle ich die Lektüre der
Geschäftsberichte.
Wettbewerbsposition
Von der
Wettbewerbsposition her zeichnet sich das Geschäft vor allem dadurch aus, dass
Referenzprojekte notwendig sind, um an neue Aufträge zu gelangen. Kapsch
verfügt inzwischen über eine ansehnliche Referenzliste.
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Kostenseitig
profitierte Kapsch bisher durch das vollintegrierte Geschäftsmodell und ist als
One-stop Shop auch ein angenehmer Ansprechpartner für Kunden. Speziell im
Bereich der On-Board-Units decken zwei Fabriken in Österreich, bzw. den USA den
größten Teil der Nachfrage auf diesen Kontinenten ab. Im Komponentenbau stellt
sich die Frage, inwieweit Kostenvorteile gehalten werden können, wenn sich
andere Anbieter weiter spezialisieren. Kapsch hat dieses Problem erkannt, und
will dieses Geschäft nicht um jeden Preis vorantreiben, sondern sich
stattdessen auf ein stärkeres Angebot im urbanen/städtischen Bereich
konzentrieren und (soweit ich das verstanden habe) die Komponenten notfalls
zukaufen.
ST pain
Momentan
läuft es bei Kapsch gar nicht rund. Die Gewinnentwicklung der letzten Zeit ist
miserabel, der Aktienkurs verhält sich dementsprechend: nach dem Lehman-Crash
notierte die Aktie eine Weile deutlich unter EUR 20, um bis 2011 auf über EUR
70 zu steigen. Seither geht es aber beständig nach Süden auf zuletzt wieder
knapp über EUR 20.
Prinzipiell
ist Kapsch aber ein recht gutes Unternehmen, wie wir auch am ROIC deutlich
erkennen können (meine Formel dafür: ROIC = EBIT / (Working Capital + AV), wobei
ich den Goodwill nicht beachte und keine theoretischen, operativen Steuern rausrechne,
wie in vielen BWL-Formeln nahegelegt – sprich: mein ROIC ist auf Vorsteuerbasis).
Die Probleme beginnen ab 2012/13.
ROIC:
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EBIT
und Gewinn/Aktie:
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Teilweise kam es zu nicht-operativen
Sondereffekten, weswegen die EPS-Entwicklung etwas von der EBIT-Entwicklung
abweicht. Schräges Geschäftsjahr (31. März), weswegen die „2014er-Zahlen“ schon
vorhanden sind.
Woran
liegt/lag das? Wenn wir uns die Industrie-Einteilung von oben noch einmal ins
Gedächtnis rufen, können wir schon einige Schlüsse ziehen. Wie bei großen
Projekten oft der Fall, ist der eigentliche Bau dieser Projekte ein relativ
zähes Geschäft, da diese möglich günstig angeboten werden müssen, um überhaupt
zum Zug zu kommen. Es verwundert also nicht, dass das eigentliche Geldverdienen
erst danach beginnt – beim Betrieb und der Erweiterung dieser Systeme. Kapsch
teilt sein Geschäft in drei Segmente ein.
- Services, Systems Extensions, Component Sales (SEC): Enthält den Betrieb und die Wartung der fertiggestellten Projekte und die Nachlieferung von Komponenten. Große Teile des Umsatzes können als wiederkehrend bezeichnet werden, da im Normalfall langfristige Serviceverträge abgeschlossen werden. Wie schon erwähnt, ist dieser Bereich für die Gewinne verantwortlich.
- Road Solution Projects (RSP): Errichtung von Systemen. Je nachdem an wie vielen Projekten Kapsch gerade beteiligt ist, schwanken in diesem Segment Umsätze und Gewinne sehr stark. Außerdem enthält dieses Segment Finanzierungshilfen für die Kunden. Wie schon erwähnt, ist dieser Bereich eher wenig profitabel: es muss auch im Schnitt über mehrere Jahre hinweg mit einem negativen Ergebnis gerechnet werden.
- Others (OTH): Nichtkerngeschäft. Dies kann bei der Bewertung mehr oder weniger vernachlässigt werden, da es nur 5% des Umsatzes ausmachen – zumindest so lange hier keine größeren Verluste anfallen. Das Geschäftsergebnis auf EBIT-Basis ist seit 2010 positiv.
Die
EBIT-Zusammensetzung in Mio. EUR:
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Offensichtlich
ist das SEC-Segment profitabel und wächst sogar recht ordentlich, wenn es auch
leichteren Schwankungen unterworfen ist. OTH spielt nicht wirklich eine Rolle.
Für die Probleme der letzten Zeit zeichnet eindeutig das RSP-Segment
verantwortlich. Obwohl dies eigentlich nie wirklich rentabel ist, sondern im
Schnitt eindeutig Verluste hingenommen werden müssen, sind die Geschäftsjahre
2013 und 2014 außergewöhnlich schlecht gelaufen. Hauptverantwortlich dafür ist
das Projekt in Südafrika, das einfach nicht in die Gänge kommen will. Projekte
haben jedoch per Definition die Eigenschaft (in diesem Fall Vorteil) dass sie
zeitlich begrenzt sind.
Hinzu
kommt, dass Kapsch mit Restrukturierungsmaßnahmen begonnen hat, die das RSP-Ergebnis
momentan zusätzlich belasten, jedoch auslaufen und zu Kosteneinsparungen in den
Folgeperioden führen sollten. Alles in allem sollte der RSP-Beitrag in den
nächsten Jahren folglich wieder gegen Null gehen, und das Konzern-EBIT in Richtung
50 Mio. EUR tendieren, was auch das erklärte Ziel von Kapsch ist (10% EBIT
Marge bei ca. 500 Mio EUR Umsatz). Ich halte auch eine etwas höhere Marge für
nicht unrealistisch, je nachdem wie nahe man im Projektgeschäft wirklich an die
Null-Verlust-Grenze herankommt.
Was den
Kursverfall der letzten Wochen zusätzlich beschleunigt hat, ist die Tatsache,
dass ein russlandweites Mautprojekt, für das Kapsch als einer der Favoriten
galt, ohne Angabe von Gründen gestrichen wurde. Ob der Ukraine-Konflikt etwas
damit zu tun hatte, ist mir vollkommen unbekannt. Kurz vor der Absage gab es noch
Gerüchte, dass der Auftrag an ein russisches Unternehmen gehen sollte, das
jedoch selbst angab, nicht über die notwendige Technologie zu verfügen. Dieses
Projekt wäre relativ groß gewesen, und der Ausfall hat viele Aktionäre
offensichtlich auf dem falschen Fuß erwischt. Das Positive daran ist, dass
Kapsch bisher noch nicht allzu viel in das Russland-Projekt investiert hat, und
auch ohne dieses Projekt Wachstumsmöglichkeiten hat, denen man sich nun
verstärkt widmen kann/muss. Der Kurssturz bietet also eine
Einstiegsmöglichkeit.
LT gain
Sollte ich
mit meiner Einschätzung ungefähr richtig liegen, kann man davon ausgehen, dass
Kapsch früher oder später wieder ein EBIT von 50 Mio. EUR oder höher
erwirtschaftet, da die angesprochenen Probleme in meinen Augen eher temporärer
Natur und auf jeden Fall lösbar zu sein scheinen. Ein EBIT von 50 Mio. EUR
würde weiters ca. einen Gewinn pro Aktie zwischen EUR 2 und 2,50 bedeuten,
sprich einem KGV von momentan ungefähr 10, was in meinen Augen für eine Firma
mit ROICs um die 20% und vorhandener Wachstumsphantasie recht günstig
erscheint. Hinzu kommt, dass natürlich mit jedem abgeschlossenen Projekt, der
Anteil des SEC-Segments größer wird, und Kapsch mit steigender Größe stabilere
Cash Flows und konstantere Margen erzielt, da einzelne Projekte aus dem
RSP-Segment verhältnismäßig kleiner werden.
Die
allesentscheidende Frage: wann endet der Abwärtstrend der Aktie, bzw. wann soll
man kaufen? Ich habe natürlich keine Ahnung, aber würde mal wetten, dass das
mit Einsetzen der EBIT-Erholung zusammenfallen wird, bzw. etwas vorher. Ich
schätze dass das in der zweiten Hälfte des Geschäftsjahres 2014/15 der Fall
sein wird, bzw. spätestens im Geschäftsjahr 2015/16. Das ist auch die
Einschätzung der Geschäftsführung, soweit mir bekannt. Vorsichtshalber habe ich
schon ein paar Aktien gekauft, und bin auch bereit aufzustocken. Am liebsten
bei niedrigeren Kursen.
Investor
Relations: www.kapsch.net/KTC/INVESTOR_RELATIONS
Du schreibst:
AntwortenLöschen"Kapsch ist einer von nur drei Anbietern weltweit, die die gesamte Wertschöpfungskette abdecken."
Wer sind den die anderen beiden? Und haben diese ähnliche Probleme im Segment RSP?
Hallo Till,
Löschen- Die anderen beiden sind Atlantia (ebenfalls börsennotiert in Italien) und Transcore (ein Tochterunternehmen der börsennotierten, amerikanischen Roper Industries).
- Beide sind deutlich größer als Kapsch und konzentrieren sich auch nicht nur auf Electronic Toll Collection (ETC), sondern betreiben auch das klassische Geschäft mit Mauthäuschen (vor allem Atlantia in Italien - wenn du je mit dem Auto in den ITA-Urlaub gefahren bist, kennst du das ja ;-).
- Nein, diese haben nicht dieselben Probleme, da die Hauptprobleme von Kapsch anscheinend wirklich in Südafrika, also einem speziellen Projekt zu suchen sind.
- Prinzipiell denke ich, dass auch diese Unternehmen einen Blick wert sein könnten, zumindest von der Stärke des Geschäfts her. Die Aktien der beiden sind jedoch deutlich teurer (auf beliebiger Kennzahlen-Basis), weil sie diese Probleme eben nicht haben. Außerdem ist zu beachten, dass beide auch andere Geschäfte betreiben (Umsatzanteil bei Roper ca. 28%, bei Atlantia ca. 70%). Deshalb denke ich auch, dass nur Kapsch eine ausreichende Sicherheitsmarge bietet, vorausgesetzt, sie bekommen die momentanen Probleme in den Griff - wovon ich ausgehe.
Gruß
Tom
Vielen Dank!
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