1. September 2014

Kapsch TrafficCom – ST pain for LT gain

Vor ein paar Wochen habe ich Aktien von Kapsch TrafficCom gekauft, bisher hatte ich jedoch noch keine Zeit, dies zu kommentieren. 

Das Unternehmen ist im Bereich der Intelligent Transportation Systems (ITS) aktiv, vor allem in der elektronischen Mauteinhebung (Electronic Toll Collection – ETC). Eine Übersicht über die Geschäftstätigkeit bietet die letzte Unternehmenspräsentation:


Produkte & Marktüberblick

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Der ITS/ETC Markt lässt sich grob in 3 Bereiche unterteilen: Komponentenbau, Systemerrichtung und Systembetrieb. Kapsch ist einer von nur drei Anbietern weltweit, die die gesamte Wertschöpfungskette abdecken.

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Zu den Kunden zählen Regierungen (Betreiber/Infrastruktur - national oder lokal - und deren Behörden), Fahrzeughersteller und deren Zulieferer (Fahrzeug-Telematik), Logistiker (Flottenmanagement), KfZ-Versicherungen („Pay as you drive“) und noch einige andere. Ein mögliches Wachstumspotenzial ergibt sich in erster Linie aus dem Bedürfnis der Straßenbetreiber (Regierungen), Mittel für die Instandhaltung der Straßennetze zu generieren. Da die Option der Steuererhöhungen auf Treibstoffe langsam ausgereizt ist, scheint die Mauteinhebung ein adäquates Ersatzmittel zu sein. Kapsch hält weltweit einen Marktanteil an ETC-Systemen von ca. 13%, wobei der ETC-Markt insgesamt 25 bis 30% des weltweiten ITS-Marktes ausmacht. Für detailliertere Informationen empfehle ich die Lektüre der Geschäftsberichte.

Wettbewerbsposition

Von der Wettbewerbsposition her zeichnet sich das Geschäft vor allem dadurch aus, dass Referenzprojekte notwendig sind, um an neue Aufträge zu gelangen. Kapsch verfügt inzwischen über eine ansehnliche Referenzliste. 

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Kostenseitig profitierte Kapsch bisher durch das vollintegrierte Geschäftsmodell und ist als One-stop Shop auch ein angenehmer Ansprechpartner für Kunden. Speziell im Bereich der On-Board-Units decken zwei Fabriken in Österreich, bzw. den USA den größten Teil der Nachfrage auf diesen Kontinenten ab. Im Komponentenbau stellt sich die Frage, inwieweit Kostenvorteile gehalten werden können, wenn sich andere Anbieter weiter spezialisieren. Kapsch hat dieses Problem erkannt, und will dieses Geschäft nicht um jeden Preis vorantreiben, sondern sich stattdessen auf ein stärkeres Angebot im urbanen/städtischen Bereich konzentrieren und (soweit ich das verstanden habe) die Komponenten notfalls zukaufen.

ST pain

Momentan läuft es bei Kapsch gar nicht rund. Die Gewinnentwicklung der letzten Zeit ist miserabel, der Aktienkurs verhält sich dementsprechend: nach dem Lehman-Crash notierte die Aktie eine Weile deutlich unter EUR 20, um bis 2011 auf über EUR 70 zu steigen. Seither geht es aber beständig nach Süden auf zuletzt wieder knapp über EUR 20.

Prinzipiell ist Kapsch aber ein recht gutes Unternehmen, wie wir auch am ROIC deutlich erkennen können (meine Formel dafür: ROIC = EBIT / (Working Capital + AV), wobei ich den Goodwill nicht beachte und keine theoretischen, operativen Steuern rausrechne, wie in vielen BWL-Formeln nahegelegt – sprich: mein ROIC ist auf Vorsteuerbasis). Die Probleme beginnen ab 2012/13.

ROIC:
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EBIT und Gewinn/Aktie:

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Teilweise kam es zu nicht-operativen Sondereffekten, weswegen die EPS-Entwicklung etwas von der EBIT-Entwicklung abweicht. Schräges Geschäftsjahr (31. März), weswegen die „2014er-Zahlen“ schon vorhanden sind.

Woran liegt/lag das? Wenn wir uns die Industrie-Einteilung von oben noch einmal ins Gedächtnis rufen, können wir schon einige Schlüsse ziehen. Wie bei großen Projekten oft der Fall, ist der eigentliche Bau dieser Projekte ein relativ zähes Geschäft, da diese möglich günstig angeboten werden müssen, um überhaupt zum Zug zu kommen. Es verwundert also nicht, dass das eigentliche Geldverdienen erst danach beginnt – beim Betrieb und der Erweiterung dieser Systeme. Kapsch teilt sein Geschäft in drei Segmente ein.
  • Services, Systems Extensions, Component Sales (SEC): Enthält den Betrieb und die Wartung der fertiggestellten Projekte und die Nachlieferung von Komponenten. Große Teile des Umsatzes können als wiederkehrend bezeichnet werden, da im Normalfall langfristige Serviceverträge abgeschlossen werden. Wie schon erwähnt, ist dieser Bereich für die Gewinne verantwortlich.
  • Road Solution Projects (RSP): Errichtung von Systemen. Je nachdem an wie vielen Projekten Kapsch gerade beteiligt ist, schwanken in diesem Segment Umsätze und Gewinne sehr stark. Außerdem enthält dieses Segment Finanzierungshilfen für die Kunden. Wie schon erwähnt, ist dieser Bereich eher wenig profitabel: es muss auch im Schnitt über mehrere Jahre hinweg mit einem negativen Ergebnis gerechnet werden.
  • Others (OTH): Nichtkerngeschäft. Dies kann bei der Bewertung mehr oder weniger vernachlässigt werden, da es nur 5% des Umsatzes ausmachen – zumindest so lange hier keine größeren Verluste anfallen. Das Geschäftsergebnis auf EBIT-Basis ist seit 2010 positiv.

Die EBIT-Zusammensetzung in Mio. EUR:

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Offensichtlich ist das SEC-Segment profitabel und wächst sogar recht ordentlich, wenn es auch leichteren Schwankungen unterworfen ist. OTH spielt nicht wirklich eine Rolle. Für die Probleme der letzten Zeit zeichnet eindeutig das RSP-Segment verantwortlich. Obwohl dies eigentlich nie wirklich rentabel ist, sondern im Schnitt eindeutig Verluste hingenommen werden müssen, sind die Geschäftsjahre 2013 und 2014 außergewöhnlich schlecht gelaufen. Hauptverantwortlich dafür ist das Projekt in Südafrika, das einfach nicht in die Gänge kommen will. Projekte haben jedoch per Definition die Eigenschaft (in diesem Fall Vorteil) dass sie zeitlich begrenzt sind.

Hinzu kommt, dass Kapsch mit Restrukturierungsmaßnahmen begonnen hat, die das RSP-Ergebnis momentan zusätzlich belasten, jedoch auslaufen und zu Kosteneinsparungen in den Folgeperioden führen sollten. Alles in allem sollte der RSP-Beitrag in den nächsten Jahren folglich wieder gegen Null gehen, und das Konzern-EBIT in Richtung 50 Mio. EUR tendieren, was auch das erklärte Ziel von Kapsch ist (10% EBIT Marge bei ca. 500 Mio EUR Umsatz). Ich halte auch eine etwas höhere Marge für nicht unrealistisch, je nachdem wie nahe man im Projektgeschäft wirklich an die Null-Verlust-Grenze herankommt.

Was den Kursverfall der letzten Wochen zusätzlich beschleunigt hat, ist die Tatsache, dass ein russlandweites Mautprojekt, für das Kapsch als einer der Favoriten galt, ohne Angabe von Gründen gestrichen wurde. Ob der Ukraine-Konflikt etwas damit zu tun hatte, ist mir vollkommen unbekannt. Kurz vor der Absage gab es noch Gerüchte, dass der Auftrag an ein russisches Unternehmen gehen sollte, das jedoch selbst angab, nicht über die notwendige Technologie zu verfügen. Dieses Projekt wäre relativ groß gewesen, und der Ausfall hat viele Aktionäre offensichtlich auf dem falschen Fuß erwischt. Das Positive daran ist, dass Kapsch bisher noch nicht allzu viel in das Russland-Projekt investiert hat, und auch ohne dieses Projekt Wachstumsmöglichkeiten hat, denen man sich nun verstärkt widmen kann/muss. Der Kurssturz bietet also eine Einstiegsmöglichkeit.

LT gain

Sollte ich mit meiner Einschätzung ungefähr richtig liegen, kann man davon ausgehen, dass Kapsch früher oder später wieder ein EBIT von 50 Mio. EUR oder höher erwirtschaftet, da die angesprochenen Probleme in meinen Augen eher temporärer Natur und auf jeden Fall lösbar zu sein scheinen. Ein EBIT von 50 Mio. EUR würde weiters ca. einen Gewinn pro Aktie zwischen EUR 2 und 2,50 bedeuten, sprich einem KGV von momentan ungefähr 10, was in meinen Augen für eine Firma mit ROICs um die 20% und vorhandener Wachstumsphantasie recht günstig erscheint. Hinzu kommt, dass natürlich mit jedem abgeschlossenen Projekt, der Anteil des SEC-Segments größer wird, und Kapsch mit steigender Größe stabilere Cash Flows und konstantere Margen erzielt, da einzelne Projekte aus dem RSP-Segment verhältnismäßig kleiner werden.

Die allesentscheidende Frage: wann endet der Abwärtstrend der Aktie, bzw. wann soll man kaufen? Ich habe natürlich keine Ahnung, aber würde mal wetten, dass das mit Einsetzen der EBIT-Erholung zusammenfallen wird, bzw. etwas vorher. Ich schätze dass das in der zweiten Hälfte des Geschäftsjahres 2014/15 der Fall sein wird, bzw. spätestens im Geschäftsjahr 2015/16. Das ist auch die Einschätzung der Geschäftsführung, soweit mir bekannt. Vorsichtshalber habe ich schon ein paar Aktien gekauft, und bin auch bereit aufzustocken. Am liebsten bei niedrigeren Kursen.

3 Kommentare:

  1. Du schreibst:
    "Kapsch ist einer von nur drei Anbietern weltweit, die die gesamte Wertschöpfungskette abdecken."
    Wer sind den die anderen beiden? Und haben diese ähnliche Probleme im Segment RSP?

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    1. Hallo Till,

      - Die anderen beiden sind Atlantia (ebenfalls börsennotiert in Italien) und Transcore (ein Tochterunternehmen der börsennotierten, amerikanischen Roper Industries).

      - Beide sind deutlich größer als Kapsch und konzentrieren sich auch nicht nur auf Electronic Toll Collection (ETC), sondern betreiben auch das klassische Geschäft mit Mauthäuschen (vor allem Atlantia in Italien - wenn du je mit dem Auto in den ITA-Urlaub gefahren bist, kennst du das ja ;-).

      - Nein, diese haben nicht dieselben Probleme, da die Hauptprobleme von Kapsch anscheinend wirklich in Südafrika, also einem speziellen Projekt zu suchen sind.

      - Prinzipiell denke ich, dass auch diese Unternehmen einen Blick wert sein könnten, zumindest von der Stärke des Geschäfts her. Die Aktien der beiden sind jedoch deutlich teurer (auf beliebiger Kennzahlen-Basis), weil sie diese Probleme eben nicht haben. Außerdem ist zu beachten, dass beide auch andere Geschäfte betreiben (Umsatzanteil bei Roper ca. 28%, bei Atlantia ca. 70%). Deshalb denke ich auch, dass nur Kapsch eine ausreichende Sicherheitsmarge bietet, vorausgesetzt, sie bekommen die momentanen Probleme in den Griff - wovon ich ausgehe.

      Gruß
      Tom

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