“It’s far better to buy a wonderful company at a fair price than a fair company at a wonderful price.” Warren Buffett
Ich versuche nun
schon eine ganze Weile, mein Geld selbst in Aktien zu investieren, ohne mich
allzusehr um Analysten- und Marktmeinungen zu kümmern. Ausgangspunkt war der
Lehman-Crash. Nach der Lektüre klassischer Value-Investing-Quellen habe ich
mich direkt nach dem Crash hauptsächlich auf niedrige Multiples wie KGV und KBV
konzentriert. Das hat auch wunderbar funktioniert. Die Jahre 2009 und 2010 habe
ich mit deutlich über 50% p.a. abgeschlossen. Allerdings hatte ich immer dieses
komische Gefühl im Bauch, dass da mehr Glück als Verstand im Spiel war. Und
tatsächlich, danach ging es etwas zäher, mein Bauch hatte recht. Ich hatte
schlicht und einfach den großen Vorteil, dass direkt nach dem Crash alles
billig war, und ich eigentlich nicht viele Fehler machen konnte. Doch niedrige
KGVs und KBVs liessen mich vor allem „fair companies at wonderful prices“ (und
ab und zu auch unfaire) kaufen. Es fanden sich kaum „wonderful companies“ im
Depot, und die die da waren, hatte ich eher zufällig gekauft (heute sind aus
meinem ursprünglichen Portfolio nur noch die BASF und die Voestalpine übrig).
2011 habe ich dann
begonnen, mich auf „wonderful companies“ zu konzentrieren, oder zumindest
damit, den Unternehmen mit wirklich schrecklichen Wettbewerbspositionen aus dem
Weg zu gehen, auch wenn sie noch so billig aussehen. Eine Frage, die ich immer
wieder zu beantworten versuche ist: Was ist eine „wonderful company“?
„Time is the friend of the wonderful business, the enemy of the mediocre.“ Warren Buffett
Dieses Zitat ist ein
hervorragender Ausgangspunkt, um die Frage aus finanztechnischer Sicht (nicht
dass das genügen würde) zu beantworten - mit Hilfe des ROIC. Ein kurzes (leicht
modifiziertes) Beispiel aus dem Buch Valuation:
Measuring and Managing the Value of Companies (Koller, Goedhart, Wessels, 2010
– Kapitel 2 – ein sehr lehrreiches Buch, übrigens) zur Veranschaulichung:
Value Inc. und
Volume Inc. sind zwei hypothetische Unternehmen mit einem Gewinn von 100 und
einer Wachstumsrate von 5% p.a – der Einfachheit halber beide mit konstanten
Netto-Margen von 10%, ohne Schulden und Außerachtlassung von Steuern. Der Unterschied:
Value Inc. generiert einen ROIC von 20%, Volume Inc. einen ROIC von 10%. In
diesem Fall bedeutet das nichts anderes, als dass Value Inc. weniger Kapital
einsetzen muss, um das Geschäft zu betreiben. Die Autoren berechnen für Value
Inc. einen um 50% höheren fairen Wert als für Volume Inc. Der Grund ist
einfach: Wenn wir annehmen, dass der komplette, nicht für das Geschäft
benötigte, Free Cash Flow (vergleiche Owner
Earnings) als Dividende ausbezahlt wird, hat Value Inc. bei gleichem KGV
eine höhere Dividendenrendite oder bei gleicher Dividendenrendite ein höheres
KGV. Volume Inc. muss, um ein Wachstum von 5% zu erreichen, einen größeren Teil
seines Gewinnes reinvestieren, während Value Inc. eine höhere Dividende zahlen
kann.
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Das ist natürlich
nur ein theoretisches Beispiel, aber generell sind gute Unternehmen mit starken
Wettbewerbspositionen jene mit hohen ROICs. Besonders für langfristige
Investoren ist der ROIC in meinen Augen eine der wichtigsten Kennzahlen
überhaupt. Eine wichtige Frage ist immer, ob jene Wettbewerbsvorteile, die die
hohen ROICs der Vergangenheit erlaubten, in die Zukunft übertragbar sind
(dauerhafter Wettbewerbsvorteil), oder ob die Konkurrenz den ROIC nach unten
treibt (nur temporärer Wettbewerbsvorteil und potenzielle Value Trap für den
langfristigen Investor).
“Our favorite holding period is forever.“ Warren Buffett
Es gibt
unterschiedliche Methoden den ROIC (oder ROC oder ROCE oder sonstwie) zu berechnen:
mit oder ohne Goodwill und anderen immateriellen Vermögenswerten, vor oder nach
Steuer, vor oder nach Einmal-/Sondereffekten etc. Prinzipiell spielt das keine
wirkliche Rolle. Für die Vergleichbarkeit von Unternehmen ist nur wichtig, dass
man konsistent bleibt. Ich persönlich berechne den ROIC ähnlich wie Joel
Greenblatt:
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One-offs
berücksichtige ich nur, wenn es wirklich einen starken Grund zur Annahme gibt,
dass diese in Zukunft wegfallen. Cash inkludiere ich im Working Capital
prinzipiell nur, soweit betrieblich notwendig (1% bis 10% des Umsatzes), den
Rest nehme ich als „Excess-Cash“ raus.
Immaterielle Werte berücksichtige ich
prinzipiell nur, wenn diese für das Geschäft von entscheidender Bedeutung sind –
Goodwill beispielsweise berücksichtige ich prinzipiell nicht, dafür behandle
ich Goodwill-Abschreiber als one-offs. Ich will ja schließlich die operative
Stärke des Grundgeschäfts messen, und nicht die Übernahmekünste des Managements
(diese sollte man jedoch separat beurteilen – besonders wenn Goodwillabschreiber
öfters mal vorkommen). Ich exkludiere auch sogenannte „At Equity“ und andere
Beteiligungen und schaue mir diese separat an (im einfachsten Fall spielt das
nicht wirklich eine Rolle). Wie gesagt, es geht mir rein um das operative Grund-/Kerngeschäft,
das unter der Kontrolle des Managements steht.
Wenn man sich den
durchschnittlichen ROIC über einen Konjunkturzyklus ansieht würde ich für die
Interpretation der Qualität des Geschäftsmodells in etwa folgendes anführen:
- bis 10%: normal, keine Wettbewerbsvorteile
- 10-15%: sehr gut gemanagt ohne Wettbewerbsvorteil oder schlecht gemanagt mit Wettbewerbsvorteil
- ab 15%: das Unternehmen profitiert wahrscheinlich von irgendeiner Art Wettbewerbsvorteil
Das ist natürlich
nur Daumen mal Pi. Außerdem gibt es Geschäftsmodelle mit negativem Invested
Capital, wodurch auch der ROIC negativ und schwer interpretierbar wird. Auch
für Banken ist der ROIC praktisch ohne wirkliche Aussagekraft. Aber bei „normalen“
Unternehmen kommt man damit ganz gut durch.
Wichtig: Der ROIC
ist unabhängig von der Finanzierung, d.h. das Management kann den ROIC nur
schwer gut aussehen lassen indem es das Risiko erhöht, wie das beim ROE (Return
on Equity) durch Erhöhung des Leverage möglich ist (nur Leasing kann etwas gefährlich
sein). D.h., wenn man die ROICs von verschiedenen Unternehmen betrachtet, hat
man einen ziemlich guten direkten Vergleich der operativen Effizienz dieser
Unternehmen.
"Over the long term, it's hard for a stock to earn a much better return that the business which underlies it earns. If the business earns 6% on capital over 40 years and you hold it for that 40 years, you're not going to make much different than a 6% return - even if you originally buy it at a huge discount. Conversely, if a business earns 18% on capital over 20 or 30 years, even if you pay an expensive looking price, you'll end up with one hell of a result." Charlie Munger
Ich hoffe, dass das
das Auftauchen des ROIC in einigen der letzten Posts auf diesem Blog erklärt und
werde ihn in Zukunft wahrscheinlich häufiger erwähnen. Ich werde weiter qualitativ
gute Unternehmen suchen, bei angemessenem Preis kaufen, und bereit sein lange
zu warten – und nur verkaufen, wenn es wirklich einen guten Grund gibt. Langes
Warten erfordert hohe ROICs.
Ich möchte niemanden
davon überzeugen diese Strategie zu kopieren, es gibt auch andere Wege, über
die Jahre eine ordentliche Rendite zu erzielen (unter anderem auch dadurch,
sich auf niedrige KGVs und KBVs zu konzentrieren). Warum gehe in Zukunft
verstärkt diesen langweiligen und unspektakulären Weg? Erstens weil das, glaube
ich, mehr meinem Naturell entspricht als ständig zu traden und zweitens, weil
ich lieber Aktien von guten Unternehmen besitze, als von durchschnittlichen. Ein letztes Zitat:
„When forced to choose, I will not trade even a night’s sleep for the chance of extra profits.“ Warren Buffett
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