27. Mai 2014

Admiral Group – ein Blick in die Business Fundamentals

Das Ende des letzten Posts:

„Admiral (Ursprünglicher Artikel)
 Ich werde in Kürze einen weiteren Artikel zur Admiral Group (bzw. allgemein zu Versicherungen) posten, über die ich hier kurz geschrieben habe und die über das wikifolio leider nicht investierbar ist. Ich wurde gefragt, ob die Bewertung für eine Versicherung nicht etwas hoch ist, z.B. nach KGV (momentan ca. 13) oder nach KBV (momentan über 7). Und nach diesen Kennzahlen ist die Bewertung hoch, sehr hoch sogar - zumindest, wenn es eine normale Versicherung wäre. Ich möchte das demnächst etwas genauer ausführen.“

Nachdem ich in einigen kürzeren Gesprächen daran gescheitert bin, meine Gedanken zu diesem Unternehmen „rüberzubringen“, möchte in diesem Post erst etwas ausholen, und das Geschäftsumfeld für (Schaden/Unfall-) Versicherungen allgemein beschreiben, bevor ich auf die Admiral Group eingehe und darlege warum ich glaube, dass diese nicht überbewertet ist, selbst bei einem KGV von 13 oder einem KBV von 7. Das wird zwar etwas länger dauern, hilft aber hoffentlich beim Sortieren meiner Gedanken.

Einkommen von, und Wettbewerb zwischen Versicherungen

Versicherungen gibt es viele, und der Konkurrenzkampf ist groß. Ein Grund dafür ist die prinzipielle Vorteilhaftigkeit eines Versicherungsgeschäftes im Vergleich zu den meisten anderen Produkten, die man verkaufen kann. Um eine Versicherungspolizze abzuschließen braucht der Verkäufer kein Vorratslager aufzubauen. Er braucht auch kaum Sachanlagen. Stattdessen bekommt er nach Abschluss der Polizze erst einmal Geld in die Hand gedrückt: die Prämie, die im Normallfall in periodischen Abständen überwiesen wird. Dafür gibt er dem Kunden das Versprechen, im Falle eines möglichen zukünftigen Schadenfalles diesen Schaden teilweise oder ganz zu ersetzen.

Die Schäden, die aus allen abgeschlossenen Polizzen entstehen, sollten aus den eingenommenen Prämien bezahlt werden können, zusätzlich sollte ein kleiner Gewinn für die Versicherung überbleiben: der Underwriting Profit (das habe ich hier schon einmal zu erklären versucht). Hier wird schon klar, dass die Höhe der Prämie, die für eine Polizze anfällt, sehr entscheidend ist. Je höher diese ist, umso wahrscheinlicher ist es, dass zukünftige Schadensfälle und Kosten für den Versicherungsbetrieb abgedeckt werden können.

Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, das Geld, das die Versicherung in der Zeit bis zum Schadensfall (bzw. bis zum Auszahlungszeitpunkt) hält, zum eigenen Vorteil an den Finanzmärkten (oder sonst wo) zu investieren. Das so entstandene Finanzeinkommen (großteils Zinsen aus risikoarmen Anleihen) wandert direkt in die Tasche des Versicherers und ist theoretisch ein zusätzliches Einkommen zum Underwriting Profit.

Theoretisch. Praktisch ist es oft so, dass der Konkurrenzkampf und das große Angebot an verkaufswütigen Versicherungsmaklern die Preise so weit drückt, dass das Finanzeinkommen in die Berechnung der Prämien inkludiert und ein Underwriting Loss in Kauf genommen werden muss. Versicherungen, die so kalkulieren, haben also von vornherein nicht vor, Underwriting Profits zu erwirtschaften und sind somit abhängig von den Zinseinnahmen, die sie aus ihren Finanzanlagen generieren. Gerade im momentanen Niedrig-Zins-Umfeld ist das ein Problem für viele solcher Versicherungen.

Ein kleiner Exkurs: die Combined Ratio

Wer sich mit Versicherungen beschäftigt wird um den Ausdruck Combined Ratio nicht herumkommen, weswegen ich das hier kurz erklären möchte. Um eine aussagekräftige Kennzahl für das Grundgeschäft zu benutzen, greifen Analysten und Versicherungen gerne auf die Combined Ratio zurück. Diese setzt sich aus

a) der Schadenquote (Loss oder Claims Ratio, Entstandene Schäden/Prämieneinnahmen), und
b) der Kostenquote (Cost  oder Expense Ratio, Kosten/Prämieneinnahmen) zusammen.

Das Ergebnis aus a) kann als ein Indikator für das Risikobewusstsein im Versicherungsgeschäft angesehen werden. Das Ergebnis aus b) kann als ein Indikator für die operative Effizienz im Versicherungsgeschäft angesehen werden. Die Summe aus a) und b) ergibt die Schaden/Kosten-Quote (Combined Ratio), die die Profitabilität im Versicherungsgeschäft (ohne Finanzeinkommen) misst.

Einfache Interpretation: kleiner 100% bedeutet, dass das Grundgschäft profitabel ist, größer 100% bedeutet, dass man das Finanzeinkommen braucht, um den Break-Even-Punkt zu erreichen. Wenig überraschend liegt die Combined Ratio für viele Versicherungen oft über 100%. Die Combined Ratio wird jedoch oft unterschiedlich berechnet - verschiedene Versicherungen, verschiedene Analysten, verschiedene Methoden - verschiedene Ergebnisse. Deshalb fokussiere ich mich meist auf die oben angeführte und relativ einfache Art der Berechnung des Underwriting Profits, die ich mir aus den Geschäftsberichten von Berkshire Hathaway abgeschaut habe.

Exkurs Ende

Ein Vergleich zweier österreichischer Versicherungen mit Aktivitäten in Mittel- und Osteuropa - das Lebensversicherungsgeschäft jeweils rausgerechnet, da dieses seine eigenen Charakteristika hat.


Quellen: Geschäftsberichte der beiden Konzerne: Uniqa, VIG

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Blau: Underwriting Profit/Loss im Schaden/Unfall-Geschäft
Rot: Underwriting Profit/Loss im Kranken-Geschäft
Grün: Summierte Einnahmen aus Finanzanlagen aus diesen beiden Geschäftsbereichen
Lila: Summe, bzw. Vorsteuerergebnis aus diesen beiden Geschäftsbereichen

Ich denke, man sieht den Unterschied deutlich. Während das Finanzeinkommen für die VIG ein zusätzliches Einkommen zum Underwriting Profit darstellt, ist es für die Uniqa überlebensnotwendig. Teilweise mag das daher kommen, dass die VIG höhere Qualitätskriterien an ihre Vertriebskanäle stellt und/oder kostenoptimierter wirtschaftet, ein großer Teil kommt aber sicher daher, dass die VIG verhältnismäßig stärker in Osteuropa engagiert ist, wo die Versicherungsdichte noch nicht so groß, und der Preiskampf daher nicht so extrem ausfällt wie in den westeuropäischen Ländern. Die VIG profitiert also wahrscheinlich von einem längerfristigen makroökonomischen Trend. Eine Analyse der Loss und Cost Ratios könnte tieferen Einblick geben, ich erspare mir das allerdings, da dies hier zu weit führen würde. (Die Uniqa will jetzt übrigens nachziehen und sich ebenfalls stärker in Osteuropa engagieren, da man davon ausgehen kann, dass das Versicherungsgeschäft dort noch ein paar weitere Jahrzehnte stark wachsen wird. Hohe Renditen ziehen Konkurrenz an wie Licht die Moskitos an einem angenehmen Sommerabend.)

Finanzierung

Wie sieht die Bilanz eines Unternehmens aus, das erst einmal Prämien einnimmt um daraus spätere Schadensfälle zu bezahlen? Exemplarisch nehme ich hier die Bilanz der VIG (2013) her (diesmal habe ich das Lebensversicherungsgeschäft nicht rausgerechnet – die Verhältnisse würden sich dadurch nicht dramatisch ändern, außerdem müsste ich einiges schätzen). In Mio. EUR:

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Auf der Passivseite haben wir zunächst natürlich das Eigenkapital. Ähnlich wie bei Banken gibt es hier regulatorische Mindestlevel, die nicht unterschritten werden dürfen. Eine verantwortungsvolle Führung hält sich einen Puffer über diesem Level. Neben den versicherungstechnischen Rückstellungen, die im Prinzip diskontierte Schätzwerte für das, was in Zukunft an Schadensfällen an die Kunden bezahlt werden muss, darstellen, gibt es noch einige sonstige Verbindlichkeiten. Das Gegenstück zu den versicherungstechnischen Rückstellungen auf der Passivseite sind die Investments auf der Aktivseite. Wie schon erwähnt: die Versicherung bekommt ja erst einmal Geld in die Hand gedrückt, das sie zum eigenen Vorteil investieren kann. Ein gewisser Teil muss natürlich in Sach- und sonstiges Anlagevermögen gesteckt werden, dieser Posten ist allerdings relativ klein. Es gibt auch hier aufsichtsrechtliche Vorschriften, welcher Teil in Cash oder in sehr kurzer Zeit liquidierbaren Papieren investiert werden muss.

Um die Attraktivität des Versicherungsgeschäfts noch einmal zu unterstreichen: die versicherungstechnischen Rückstellungen sind ganz klar Fremdkapital, aber es entsteht keine Zinslast daraus (zumindest wenn man das Lebensversicherungsgeschäft weglässt, wo meist eine Mindestverzinsung garantiert wird).

Theoretisch. Ökonomisch betrachtet (und dies ist wieder die brillante Sichtweise von Warren Buffett), muss man sehr wohl einen Preis dafür bezahlen, um dieses Geschäft zu betreiben: Underwriting Losses, die für den Großteil der Versicherungen Realität sind. Diese stellen die Kosten für die versicherungstechnischen Rückstellungen dar. Das schöne an guten Versicherungen ist, dass sie diese Kosten auf Null bekommen, wenn sie Underwriting Profits erwirtschaften. Man könnte auch von negativen Kosten sprechen - man wird also dafür bezahlt, Geld zu halten, das man zum eigenen Vorteil investieren kann. Mit entsprechenden Auswirkungen auf die so konstruierbare Nettozinsmarge.

Zwischen-Resümee

Unter diesen Voraussetzungen wirtschaften die meisten Versicherungen vor sich hin und erreichen eine Eigenkapitalrendite irgendwo zwischen 5 und 15%, je nach Leverage und wo im Prämienzyklus sie gerade stehen. In meinen Augen

  • ist für die durchschnittliche Versicherungsgesellschaft der Buchwert je Aktie ein relativ zuverlässiger Richtwert für den fairen Wert je Aktie, vorausgesetzt, die verantwortlichen Manager machen keinen Blödsinn, wie z.B. übertrieben große Risiken mit ihren Finanzanlagen einzugehen. Lehman hat einige Versicherungsgesellschaften in arge Bedrängnis gebracht, die in dieser Hinsicht etwas zu optimistisch geworden sind. Selbst solche Riesenkonzerne wie die als Hort der Stabilität geltende Swiss Re, die ein paar Jahre gebraucht hat, um wieder auf die Beine zu kommen, oder AIG, die überhaupt nur mit Hilfe der US-Regierung gerettet werden konnte.
  • kann für eine Versicherung, die mit Underwriting Losses operiert, ein Aufschlag auf den Buchwert kaum gerechtfertigt werden, es sei denn, es gibt einen guten Grund zur Annahme, dass in absehbarer Zeit Underwriting Profits erwirtschaftet werden können.
Unterschiedliche Geschäftsmodelle und Kostenstrukturen

Ein großer Brocken der Kosten sind natürlich die Ausgaben für Schadensfälle. Zusätzlich fallen aber Kosten für den Betrieb an, ebenso wie Kosten für die Akquirierung von Polizzen. Der letzte Punkt ist einer der Hauptkostenpunkte. Darunter fallen vor allem Provisionszahlungen an Versicherungsmakler, die sich als Hauptvertriebskanal für Polizzen etabliert haben. Für die Versicherer sind die Makler zwar relativ teuer, aber sie bieten auch Vorteile. Vor allem kennen sie die Menschen in ihrer Region und dieser persönliche Kontakt wird sehr geschätzt.  Für die Uniqa und die VIG machen dieses Ausgaben im Schnitt der letzten Jahre in etwa 20% der verdienten Prämien aus.

Schon vor einigen Jahrzehnten hat ein kleines Versicherungsunternehmen in den USA ein neues Geschäftsmodell eingeführt: den Direktvertrieb per Telefon. Durch den direkten Kontakt zu den Endkunden konnte diese Versicherung bei den Akquisitionskosten extrem viel einsparen, weil sie die Versicherungsmakler umging. Entsprechend konnten die Polizzen zu niedrigeren Preisen bei gleichzeitig höheren Margen angeboten werden. Anfangs bestand die Strategie darin, sich nur auf eine bestimmte Kundengruppe zu konzentrieren um sich bei dieser einen guten Ruf aufzubauen und sich einen adäquaten Ersatz für den nicht vorhandenen Kontakt vor Ort zu sichern. Diese Strategie wurde von der Konkurrenz anfangs zwar belächelt, doch heute ist das Unternehmen der größte Direkt-KFZ-Versicherer in den USA und der drittgrößte insgesamt. Es handelt sich natürlich um die zu Berkshire Hathaway gehörende GEICO (Government Employees Insurance Company).

In den letzten Jahren hat sich der Aufstieg der Direkt-Versicherer innerhalb des Versicherungssektors deutlich beschleunigt, was meiner Meinung nach vor allem darauf zurückzuführen ist, dass mehr und mehr Menschen das Internet benutzen, das den Telefonvertrieb perfekt ergänzt oder sogar ersetzt. Es sind vor allem junge Menschen, die mit dem Internet aufgewachsen sind, die deutlich weniger Hemmungen haben, eine Versicherung über das Internet abzuschließen, und so die Makler tendenziell meiden – vor allem wenn dies nun einmal einfach billiger ist. Etablierte Versicherungskonzerne können ein Lied davon singen, ebenso die Versicherungsmakler, die ihre hohen Provisionen zusehends nur noch durch außergewöhnlich guten Service rechtfertigen können.

Klar, Makler werden nicht komplett verschwinden, und auch die etablierten Versicherungsgesellschaften können Online-Verkäufe anbieten. Die Kostenstruktur ist aber auch in einem Mix-Geschäftsmodell nachteilhafter als in einem puren Direkt-Modell. Außerdem handeln sich Versicherungen mit einem Mix-Modell Ärger mit ihren Maklern ein, da ein klarer Interessenskonflikt besteht. Das pure Direkt-Modell erscheint mir insgesamt vielversprechender, zumal es maßgeschneidert scheint für eine Generation die keine Berührungsängste mit Online-Aktivitäten hat und tendenziell zu stärkerem Sparen gezwungen sein wird, als ihre Elterngeneration. Da viele dennoch nicht auf ein Auto verzichten möchten, eine KfZ-Polizze dafür jedoch gesetzlich vorgeschrieben ist, scheint es naheliegend, dass viele zu kostengünstigeren Direkt-Anbietern wechseln werden.

Die Admiral Group

Die Admiral Group zeichnet sich durch den Direktvertrieb von KfZ-Polizzen auf der britischen Insel aus. In erster Linie über das Internet. Zu diesem Zweck werden auch Preisvergleichsportale betrieben, die einen ständig steigenden Anteil an den insgesamt im Markt abgeschlossenen Verträgen aufweisen und Druck auf Makler und etablierte Versicherungen ausüben. Dies ist für Admiral zwar ein Neben- bzw. Ergänzungsgeschäft, es wird aber erfreulicherweise profitabel betrieben.

Gegründet Anfang der 1990er konnte die Admiral Group die effizienteste Direktvertriebsstruktur auf der Insel aufbauen. Ebenso wie die Kunden- zählt auch die Mitarbeiterzufriedenheit zu den wichtigsten Kernpfeilern der Unternehmenskultur. Belegt wird dies unter anderem durch wiederholt gutes Abschneiden bei Kundenzufriedenheits-Umfragen und Arbeitgeber-Bewertungen.

Kostenquoten im Vergleich:
Admiral (UK-Car-only),
UK-Gesamtmarkt (Car only) und
Konkurrent Direct Line (Gesamtkonzern, nicht nur UK):

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Zusätzlich zum bisherigen Hauptgeschäft erfolgt eine vorsichtige Expansion in den italienischen, spanischen, französischen und den US-amerikanischen Markt. Ebenso in den Markt für Haushaltsversicherungen. Diese Aktivitäten stecken noch in den Kinderschuhen, sind noch nicht profitabel (das dauert etwas im Versicherungsgeschäft), bergen aber ein ungeheuerliches Wachstumspotenzial in an und für sich gesättigten Märkten, vorausgesetzt dass auch dort solch enorme Kostenvorteile aufgebaut werden können wie im britischen KfZ-Versicherungsgeschäft. Genau genommen reichen eigentlich schon kleinere Kostenvorteile, welche durchaus im Bereich des Möglichen liegen.

Der (Mit-)Gründer und Geschäftsführer, Henry Engelhardt, ist mit einem 13,5% Anteil größter Einzelaktionär und versteht was vom Geschäft. Hoch anzurechnen ist ihm vor allem dass er eine Unternehmenskultur etabliert hat, die nicht auf Prämien- und Marktanteils-Wachstum ausgelegt ist, sondern darauf, Geschäfte zu machen, wenn dies Sinn macht. Sprich, wenn die Prämien eher hoch sind. Ironischerweise ist es genau diese Kultur, durch die Admiral auf lange Sicht Marktanteile gewinnt, obwohl in einzelnen Jahren Umsatzrückgänge hingenommen werden müssen (wie zuletzt). 

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Die niedrige Kostenstruktur wird dabei sehr geschickt genutzt. Vereinfacht ausgedrückt, kann Admiral bei steigenden Preisen relativ einfach wachsen, indem sie die eigenen Preise weniger anhebt als die Konkurrenz (2010-2011), während sie bei fallenden Preisen auf aggressives Wachstum verzichtet indem sie die eigenen Preise weniger senkt als die Konkurrenz (2012-2013). Der Vorteil in der Kostenquote wird genutzt, um die Schadenquote unter Kontrolle zu halten, was folgerichtig zu einer sehr starken, weil niedrigen, Combined Ratio führt. 

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Eine der eigentlichen Stärken der Admiral Group ist in meinen Augen genau diese Unternehmenskultur, die nur sehr schwierig zu kopieren sein dürfte, selbst wenn andere Konkurrenten (die Direct Line Group habe ich schon erwähnt, die als Direkt-Anbieter ebenfalls einen Blick wert sein könnte) in der Kostenstruktur aufholen können. Der Kampf um Marktanteile ist ein sehr beliebter bei Managern. Und trotz unvorteilhafter Bedingungen Nein zu sagen, ist etwas, was nur die wenigsten können.

Angesichts des bisher Geschriebenen denke ich, dass ein KGV von 13 nicht zu teuer ist für die Aktie. Erstens wegen der Qualität der Gewinne, die für längere Zeit anhalten dürfte, und zweitens weil international wie auch in England selbst noch viel Wachstum in KfZ- und ähnlichen Versicherungsmärkten (Stichwort Haushalt) auf die Admiral Group warten dürfte. Es kann natürlich nicht überall so gut klappen wie auf der Insel. In den USA warten beispielsweise GEICO und Progressive, für Italien, Spanien und Frankreich bin ich allerdings etwas optimistischer. Wie auch immer, für dieses Potenzial zahlt man beim aktuellen Kurs von 13,87 Pfund nichts, oder zumindest nicht viel.

Bleibt noch die Frage nach dem KBV von über 7.

Ko- und Rückversicherungs-Arrangements

Wie vorher festgehalten, ist für eine Versicherung ohne Underwriting Profits ein Kurs über Buchwert kaum rechtfertigbar. Genau genommen gibt es bei der Admiral nur Underwriting Profits, und praktisch kein Finanzeinkommen, da auf Finanzspekulationen in irgendwelche angeblich risikolosen Staatsanleihen verzichtet, und Überschusskapital in Form einer Dividende an die Aktionäre ausgeschüttet wird.

Des Weiteren nutzt Admiral in einem viel intensiveren Ausmaß, als ich das je bei einer anderen Versicherung gesehen hätte, Ko- und Rückversicherungs-Arrangements, die Kapital freisetzen. Dadurch reduzieren sich ausgewiesene Umsätze (Nettoprämien), Bilanzsumme und Eigenkapital im Verhältnis zum zugrundeliegenden Geschäft (ersteres weil Prämien nicht durch die eigene GuV laufen, die beiden letzteren vor allem durch die Ko-Versicherung und hohe Dividenden).

Folgende Graphik fasst die Partner zusammen. Der zweitgrößte Aktionär Munich Re ist für die Ko-Versicherung verantwortlich, die anderen für die Rückversicherung.

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Rückversicherungs-Arrangements sind Standard im Versicherungswesen und sicher jedem aufgefallen, der schon einmal einen Blick in die Bilanz oder GuV eines Versicherungskonzerns geworfen hat. Die Ko-Versicherung ist etwas exotischer. Die 40%-Quote besagt nichts anderes, als dass Munich Re 40% aller von Admiral abgeschlossenen Versicherungsverträge übernimmt.

Also 40% der Prämieneinnahmen, 40% der Schadensfälle, 40% der versicherungstechnischen Rückstellungen. Kurz, 40% des Geschäfts, aber auch des Risikos werden ausgelagert. In etwa um 40% wird auch die Bilanz geschmälert, was ein gutes Stück der hohen ROAs erklärt, die mir im letzten Post zur Admiral Group aufgefallen sind.

Dafür bekommt Admiral von der Munich Re eine Gewinnbeteiligung (in der GuV unter Profit Commission ausgewiesen), für den Fall, dass die ausgelagerten Polizzen gewisse Profitabilitätsziele erreichen (die Bedingungen sind in den Investor Relations nachschlagbar, beispielsweise in der Präsentation zum Geschäftsjahr 2013, Folie 46). Bis jetzt wurde immer eine Gewinnbeteiligung überwiesen (wie schon weiter oben erklärt, schließt Admiral meist Polizzen ab, die mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Underwriting Profit generieren).

Das bedeutet, dass Admiral für 40% des Geschäfts kein Kapital halten muss, was auch der Grund dafür ist, dass sie beinahe den gesamten Gewinn als Dividende ausschütten kann, ohne aufsichtsrechtliche Probleme zu bekommen. Diese Ausschüttungen verringern auch das Eigenkapital, was das optisch hohe KBV von 7 doch stark relativiert.

Um noch zwei Fragen zu beantworten, die sich sofort stellen, wenn diese Arrangements auslaufen/nicht verlängert werden würden:

  • Ja, die Höhe der Dividende wäre natürlich sofort gefährdet, da nicht mehr der ganze Gewinn als Dividende ausbezahlt werden könnte (wodurch Bilanzsumme und Eigenkapital steigen, und das KBV kleiner werden würde) und
  • Nein, die Höhe der Gewinne würde dadurch wahrscheinlich kaum beeinflusst, was wichtiger ist/wäre.
Noch ein paar Gedanken zum technologischen Fortschritt

Dieser beeinflusst das Geschäft der Admiral jetzt schon. Beispielsweise bietet Progressive seinen Kunden auf freiwilliger Basis an, ein Gerät in die Autos zu installieren das das Fahrverhalten aufzeichnet. Kurz: fährt der Kunde vorsichtig, bekommt er einen Teil der Prämie zurück (oder Verbilligung beim Verlängern? – Ich weiß nicht mehr genau).

Es gibt auch allerlei sonstiger Fahrhilfen, die aus den Werbespots einiger Autobauer oder aus eigener Erfahrung bekannt sein dürften. Sollten diese tatsächlich Unfälle zu Vermeiden helfen, wäre das dennoch kein Grund keine KfZ-Versicherung abschließen zu müssen. Die Prämieneinnahmen pro Polizze würden zwar wahrscheinlich sinken… so denken umsatzorientierte Menschen eben immer… die Zahlungen für Schadensfälle würden allerdings ebenfalls zurückgehen. Es kommt meinem Verständnis nach mehr auf die Bruttomarge als auf den Umsatz an.

Um auf diese Progressive-Short-These aus dem ersten Post nochmal einzugehen: dasselbe gilt in meinen Augen, und aus heutiger Sicht, auch für komplett selbst fahrende Autos, deren Realisierung für den Massenmarkt noch etwas weiter in der Zukunft liegt. Außerdem bin ich nicht überzeugt, dass diese das personengesteuerte Fahrzeug komplett verdrängen könnten, selbst wenn das angesichts der Fahrkünste einiger Verkehrsteilnehmer wünschenswert wäre. Die meisten Autobesitzer, die ich kenne, fahren viel zu gerne selbst Auto, als dass sie das einem Computer überlassen würden.

Zusammenfassung

Long Admiral Group

14 Kommentare:

  1. Ich hab dem nicht hinzuzufügen wollte aber nur ein lob aussprechen für die hochwertige, ausfürliche Analyse. Habe glaube ich lange nichts mehr so gutes gelesen. Unbedingt mehr davon!!!

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    1. Danke für das Lob. Ich werde es probieren. Allerdings ist es selten, dass man ein so gutes und schön zu analysierendes Unternehmen wie Admiral findet.

      TomB

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    2. Was mir noch geschossen ist zu dem Thema:
      "
      Die Prämieneinnahmen pro Polizze würden zwar wahrscheinlich sinken… so denken umsatzorientierte Menschen eben immer… die Zahlungen für Schadensfälle würden allerdings ebenfalls zurückgehen. Es kommt meinem Verständnis nach mehr auf die Bruttomarge als auf den Umsatz an.
      "
      in gewisser weise ist es hier etwas anders als bei produzierenden firmen da der "Umsatz" auch den Float darstellt oder nicht? Ein Rückgang des Floats würde automatisch weniger Investitionsgewinne abwerfen..

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    3. Darstellen nicht gerade: aber Float und Umsatz hängen natürlich zusammen. Der Float sind im Prinzip die Schätzungen für die zukünftigen Schadensfälle. Gehen diese zurück, dann auch die Prämien und entsprechend das Geld, das man investieren kann, und damit ich wahrscheinlich die Investitionsgewinne.

      Ich hoffe, ich habe die Frage richtig versanden.

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    4. Tippfehler ohne Ende: meine natürlich 'auch' statt 'ich' und 'verstanden' statt 'versanden'

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  2. http://valueandopportunity.com/2014/06/18/admiral-plc-isin-gb00b02j6398-short-candidate-or-outsider-company-with-a-moat/

    Auch der (sehr empfehlenswerte) Blog Value & Opportunity hat einen Artikel über Admiral veröffentlicht.

    TomB

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  3. Für mich scheint, dass Admiral ne asymetrische Wette ist. Ich kann viel gewinnen, aber nur wenig verlieren. Hat Admiral ne Versicherungs-Vergleichswebseite in Spanien / Italien / Frankreich? Ich denke ein früher Erfolgsindikator wäre die Besucheranzahl über Alexa.com zu sehen. Wenn die Seite mehr und mehr besucht wird, wird Admiral mit seinen günstigen Preisen / Kostenstruktur Marktanteile nehmen.

    Sehr gute Analyse! Hab mich gefragt, wie das Versicherungsgeschäft funktioniert und in welche Richtung es sich entwickelt - insbesondere der direkt Vertriebsteil. Ich denke, dass der direkt Vertrieb ein B2C-Mega-Trend ist - wenn schon BMW seine Händler gegen ne Webseite tauschen wollte!

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    1. Asymmetrische Wette: so sehe ich das auch, und das sind natürlich genau die Situationen, die ich mag.

      Vergleichsseiten: ja, sie haben in jedem Land eigene Seiten. In den USA sind diese (derweil noch?) allerdings nicht wirklich akzeptiert.

      Alexa: habe ich gar nicht gekannt, aber ich nehme an, irgendetwas in der Art werden sie selbst machen. Ich nehme nicht an, dass man da von außen an Infos kommen kann? Prinzipiell werden immer mehr Versicherungsverträge über solche Seiten abgeschlossen.

      Danke für deinen Kommentar
      TomB

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    2. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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  4. Alexa ist ne Seite um Analysen zu Webseiten zu bekommen (Anzahl der Besucher & deren Demographie, Rank der Domain, usw.). Ich nehme an, dass die britische Versicherungs-Webseite ein guter Frühindikator ist. Man müsste für diese Webseite die Anzahl der Besucher und Anzahl der Versicherungsverträge oder Umsatz über die Jahre in Verbindung setzen.
    Für S/I/F sollte diese Beziehung auch gelten und somit hätte man einen schönen Indikator, der einem etwas über den Erfolg von Admiral in den Märkten an gibt ohne mehrere Quartale warten zu müssen. Das würde mir mehr Sicherheit in der Wette geben.

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  5. Die Preisvergleichsseiten von Admiral:

    England: http://www.confused.com/
    Spanien: http://www.rastreator.com/
    Frankreich: http://www.lelynx.fr/
    USA: http://www.comparenow.com/
    Italien: nicht ganz sicher ob sie das dort wirklich haben. Online-Auftritt: www.conte.it

    Alles über die Admiral Homepage erreichbar: http://www.admiralgroup.co.uk/business/brands/index.php. Vielleicht hilft dir das.
    Gruß
    TomB

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  6. Danke! Ich werde meine Analyse machen, wenn ich mal wieder etwas Freizeit habe.

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  7. Sehr guter Artikel. Hab gerade gesehen, dass du ihn sogar vor valueandopportunity veröffentlicht hattest. Hatte sie mir Ende 2014 ins Depot gelegt und bin mit denen bisher ganz gut gefahren. Was denkst du, wie die sich im Zuge des Brexit entwickeln werden?

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    1. Servus,

      Ich bin ebenfalls sehr zufrieden mit der Geschäftsentwicklung. Zum Brexit:

      Das lässt sich schwer sagen, aber ich glaube nicht, dass die Briten deswegen weniger Auto fahren. Natürlich ist das Pfund schwächer, und ich bin mir auch nicht sicher, ob das so schnell wieder steigen wird. Aber langfristig glaube ich nicht, dass man mit Admiral viel falsch machen kann, vorausgesetzt die Business Fundamentals bleiben intakt - und danach sieht es für mich nach wie vor aus.

      Gruß
      Tom

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