Eine Aktie auf die ich bei meiner
Suche nach Investmentmöglichkeiten immer wieder stoße, ist jene von Klöckner
& Co. Der Grund dafür ist der, dass die Aktie seit langem unter ihrem (auch
um Goodwill bereinigten) Buchwert notiert und ich glaube, dass das (neue)
Geschäftsmodell prinzipiell Potenzial hat. Wenn auch vielleicht erst in etwas fernerer
Zukunft.
Klöckner selbst beschreibt das
Geschäft wie folgt:
2014 setzte Klöckner in etwa EUR 6,5 Mrd. um, die Verteilung des Umsatzes ist aus folgender Grafik ablesbar:„Klöckner & Co ist der größte produzentenunabhängige lagerhaltende Stahl- und Metalldistributor und eines der führenden Stahl-Service-Center-Unternehmen im Gesamtmarkt Europa und Amerika. Wir fungieren als Bindeglied zwischen Stahlerzeugung und Verbrauch. Durch unsere Unabhängigkeit von Stahlherstellern profitieren unsere Kunden von einem zentral koordinierten Einkauf und unseren vielfältigen nationalen und internationalen Beschaffungsmöglichkeiten bei weltweit rund 60 Hauptlieferanten. Unsere entscheidenden Wettbewerbsfaktoren sind Größeneffekte im globalen Einkauf, unsere umfangreiche Produktpalette, der Kundenzugang über ein weit verzweigtes Logistik- und Distributionsnetzwerk sowie verschiedenste Anarbeitungsservices und die hohe Verfügbarkeit unserer Produkte. Unser globales Netzwerk erstreckt sich über 15 Länder und ermöglicht unseren Kunden den lokalen Zugang zu rund 220 Lager- und Anarbeitungsstandorten. Durch die hohe Verfügbarkeit unserer Produkte ermöglichen wir unseren Kunden, auf eigene Lagerhaltung weitgehend zu verzichten. Unser Kundenportfolio umfasst rund 150.000 zumeist kleinere bis mittlere Stahl- und Metallverbraucher, vorwiegend aus der Bauindustrie sowie dem Maschinen- und Anlagenbau. Darüber hinaus liefern wir Vorprodukte für die Automobilindustrie, den Schiffsbau und die Gebrauchsgüterindustrie. Wir bieten unseren Kunden eine optimierte Gesamtlösung von der Beschaffung über die Logistik bis zur Anarbeitung einschließlich individueller Belieferung mit 24-Stunden-Service und setzen dabei auf eine zunehmende Digitalisierung dieser Prozesse.“
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Nachdem die Konjunktur einfach
nicht so richtig ins Laufen kommen will, tut sich die Stahlindustrie mit ihren
chronischen Überkapazitäten insgesamt sehr schwer damit, wieder in die Gänge zu
kommen. Profitabel arbeiten eigentlich nur spezialisierte Nischenplayer, wie
z.B. die hier
bereits vorgestellte Voestalpine.
Klöckner gehört definitiv nicht zu diesen Nischenplayern.
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Operating Profit enthält keine
One-off-Kosten wie Sonderabschreibungen, Restrukturierungen etc.; der Gewinn
pro Aktie sehr wohl.
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Der Verlauf des Aktienkurses
bildet diesen Geschäftsgang recht deutlich ab. Der letzte Kurs steht bei ca.
EUR 8,50.
Ein mögliches Basisszenario ist
einfach: erholt sich die Wirtschaft/Konjunktur (vor allem in Europa und
Amerika), erhöhen sich auch die Gewinne und der Aktienkurs von Klöckner. Somit
sollte früher oder später zumindest der (um Goodwill bereinigte) Buchwert je
Aktie von ca. EUR 12 erreicht werden (immerhin ca. 40% Potenzial).
Ich gebe zu, diese Investmentidee
ist nicht besonders einladend:
- Es ist kaum absehbar, wie lange es braucht, bis sich die Wirtschaft erholt.
- Es ist auch kaum absehbar, wie weit der Buchwert je Aktie noch sinken kann (Verluste – Q2 war furchtbar: der Buchwert wäre gesunken, wenn es keine Währungsgewinne im ‚other comprehensive income‘ gegeben hätte).
- Klöckner scheint kein Unternehmen zu sein, in das man beruhigt investieren kann. Über den Konjunkturzyklus betrachtet sind die Ergebnisse nicht befriedigend, wenn auch in guten Zeiten dafür umso besser.
Ich persönlich möchte in so ein
Unternehmen nicht investieren, weil mir das einfach zu unsicher ist. Allerdings
könnte sich auf längere Sicht eine Chance auftun, wenn Klöckner die angekündigte Strategie 2020
konsequent umsetzt.
Digitalisierung
Ich bin mir nicht sicher ob es nicht
schlicht und einfach nur die Verzweiflung ob der stetig enttäuschenden
Geschäftszahlen war, die das Management mit folgender Idee aufwarten ließ: Einrichten einer Online-Plattform und Digitalisierung des Geschäftsmodells. Da wir in
2015 leben und das Internet eigentlich schon überall ist, kommt euch jetzt
wahrscheinlich in etwa so etwas in den Sinn (bei mir war es so):
Oh, es ist doch viel zu spät, jetzt noch eine digitale Plattform
einführen zu wollen. Die Konkurrenz wird heftig reagieren, und es wird nicht
möglich sein, auf eine entsprechende Reichweite zu kommen…
Seltsamerweise liegt aber genau
darin die Chance, wenn das Management die Situation auch nur halbwegs richtig
einschätzt: die Stahlindustrie, bzw. der Stahlhandel, funktioniert zu einem
großen Teil noch immer analog: Telefon, Fax und (die Modernen) Email. Klöckner
könnte sogar eine Art First-Mover-Vorteil
haben. Die Einführung einer digitalen Plattform ist sehr vielversprechend, weil
diese die gesamte Lieferkette stark vereinfachen könnte. Ein Nebeneffekt ist,
dass eine Plattform auch noch von einem Netzwerkeffekt
profitieren könnte, wie es auch das Geschäftsmodell von Klöckner selbst tut,
zumindest bis zu einem gewissen Grad.
[Ein kurzer Einwurf: Wholesaling]
(zu deutsch vielleicht Großhandel, aber ich bin mir nicht sicher ob es
das wirklich trifft)
Stahl-/Metalldistribution scheint
zwar eine Ausnahme zu sein, aber prinzipiell kann Wholesaling ein sehr gutes
Geschäftsmodell sein, das hohe ROIC zulässt, wenn es denn auch gut umgesetzt wird. Der große Nutzen eines
Wholesale-Modelles ist, dass es eine Win-Win-Win Situation erzeugt, für
die Lieferanten:
- Zugang zu einer großen Anzahl an Kunden
- Dadurch höhere Absatzmengen, wenn auch zu niedrigeren Preisen (Verhandlungsmacht; die Lieferanten bei Laune zu halten ist mindestens gleich wichtig, wie die Kunden bei Laune zu halten)
- Lieferanten können Distributions- und andere Tätigkeiten auslagern
die Konsumenten:
- Bekommen Zugang zu einer großen Anzahl an Produkten von vielen verschiedenen Herstellern über einen zentralen Anbieter
- Bekommen niedrige Preise, da sie von der Verhandlungsmacht des Wholesalers profitieren
- Zusätzliche Services; bei Klöckner beispielsweise die Anarbeitung von Materialen, für die z.B. 3D-Laser benötigt werden (solche Maschinen sind für viele Kleinkunden zu teuer in der Anschaffung) aber auch eine Fülle an anderen Dienstleistungen.
den Wholesaler:
- Hohe Anzahl an Lieferanten und Kunden
- Einbehaltung eines kleinen Prozentsatzes des Wertschöpfungsprozesses (dünne Margen) als Gewinn, der hoffentlich hoch genug ist um die Fixkosten abzudecken - das war bei Klöckner in letzter Zeit eben oft nicht der Fall.
- Das Geschäftsmodell bindet relativ wenig Kapital im Verhältnis zum Umsatz. Im günstigsten Fall auch im Verhältnis zum Gewinn.
Wenn wir uns diese Eigenschaften
des Geschäftsmodelles vor Augen halten wird klar, dass dieses einige Elemente
eines zweiseitigen Marktes
aufweist, obwohl keine direkten Beziehungen zwischen Lieferanten und Kunden
bestehen. Speziell ergeben sich
- positive cross-side Effekte
- keine/kaum positiven same-side Effekte
- negative same-side Effekte, vor allem auf der Lieferantenseite
(Was cross- und same-side Effekte sind wird in der englischen Version
des oben verlinkten Wikipedia-Eintrages zum zweiseitigen Markt erklärt.
Entschuldigt bitte die vielen Anglizismen, aber ich habe einfach keine Ahnung
wie sich diese Begriffe ins Deutsche übersetzen; die Wikipedia-Einträge in
deutscher Sprache sind kaum zu gebrauchen oder erst gar nicht vorhanden,
weswegen ich den einen oder anderen Link zur englischen Ausgabe von Wikipedia setzen
musste.)
Trotz dieser Beschränkungen ist
in meinen Augen ein zweiseitiger Markt eine hervorragende Voraussetzung für
eine (digitale) Plattform.
[Einwurf Ende]
Das Ziel des Managements ist es
also das Geschäftsmodell zu verändern, und zwar von diesem
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zu diesem
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Es gibt natürlich keine Garantie,
dass das funktionieren wird.
Das Hauptproblem jeder Plattform
ist es, genügend Lieferanten und Kunden zu akquirieren. Hier könnte Klöckner
die Tatsache helfen, dass es der weltweit größte unabhängige Stahlhändler ist,
mit ca. 150.000 Kunden und 60 Hauptlieferanten. Wenn diese die Plattform
nutzen, ist schon viel gewonnen. Die Tatsache, dass Klöckner
Lieferanten-unabhängig ist, sollte insofern helfen, als die Anzahl an
verschiedenen Produkten um einiges höher sein sollte, als bei einem Lieferanten-abhängigen
Konkurrenzprodukt. Ein möglicher First-Mover-Vorteil verbunden mit einem
möglichen Netzwerkeffekt könnte Klöckner einen großen Wettbewerbsvorteil
gegenüber Konkurrenten verschaffen. Ihr merkt schon, wie viele könnte und sollte ich hier verwende. Es wird viel davon abhängen, wie gut
Klöckner diese Plattform implementiert und ob diese für die Teilnehmer auch
wirklich eine Vereinfachung im Verhältnis zur momentanen Art und Weise des (Stahl-)
Handelns darstellen wird.
Da ich gerade die Konkurrenz
angesprochen habe, gehe ich auch gleich einige Konkurrenten durch. In Europa
sind die größten
- Arcelor Mittal
- ThyssenKrupp
- Salzgitter
- Tata (beim Klöckner-Projekt mit dabei).
Diese sind eindeutig nicht
Lieferanten-unabhängig und waren in den letzten Jahren wohl eher mit
Kostensenkungsprogrammen beschäftigt, als damit neue Geschäftsideen zu
generieren. Das erklärt vielleicht auch warum keiner einen Schritt in Richtung
Digitalisierung gemacht hat. In den USA haben wir
- Reliance
- Ryerson
- ThyssenKrupp (wieder).
Reliance und Ryerson sind
unabhängig und betreiben auch ein ähnliches Geschäftsmodell wie Klöckner. Reliance
ist offenbar der einzige von den drei unabhängigen, der halbwegs gut durch das
aktuell schwierige Geschäftsklima steuert. Allerdings konnte ich noch nicht
herausfinden, an was das genau liegt, wo die einen möglichen Wettbewerbsvorteil
haben – die Digitalisierung scheint es nicht zu sein. Ryerson hingegen geht es
ähnlich schlecht wie Klöckner, allerdings ist deren Bilanz in einem deutlich
schlechteren Zustand als jene von Klöckner, wenn wir auf die Finanzverschuldung
schauen. Dafür hat Ryerson inzwischen auch eine
eCommerce-Plattform gestartet (2014), ähnlich wie Klöckner.
Die Märkte, in denen Klöckner
tätig ist, sind extrem fragmentiert. Die größten Player (Arcelor, Thyssen, bzw.
Reliance und Ryerson) kommen kaum auf über 10% Marktanteil, bzw. sind deutlich
darunter. Klöckner hält 2014 Marktanteile von ca. 7% (Europa) und ca. 3% (USA),
womit man in beiden Märkten zu den Top 3 gehört. Die große Chance einer
effizienten und für die Teilnehmer vorteilhaften und unabhängigen Plattform
besteht darin, in diesen Märkten eine Konsolidierung einzuleiten durch die man
selbst deutlich Marktanteile hinzugewinnen kann. Auch wenn diese Märkte selbst
in Zukunft wohl nicht allzu stark wachsen werden. Ein zusätzlicher Vorteil
könnte darin bestehen, dass man über so eine Plattform auch verstärkt
Nebenprodukte anbieten könnte, die prinzipiell höhere Margen erlauben (zumindest
ist das eine Idee des Managements).
Die Konkurrenz in den USA scheint
auf jeden Fall stärker als in Europa. Die Chancen, dass sich Klöckners
Plattform durchsetzt, sind somit in Europa um einiges höher, auch weil man Tata
bereits als wichtigen Partner gewonnen hat. Das muss allerdings nicht
zwangsläufig heißen, dass man in den USA versagt.
Klöckner möchte bis 2019 um die
50% des Umsatzes online generieren.
Zusammenfassung
Um ehrlich zu sein, ich habe das
Gefühl, dass diese Digitalisierung die einzige vernünftige Chance für Klöckners
Zukunft ist. Wenn sie hier versagen, würden sie wahrscheinlich ohnedies keine
große Zukunft haben.
Das Basisszenario ist einfach:
die Aktien von Klöckner notieren derzeit deutlich unter ihrem (um Goodwill
bereinigten) Buchwert je Aktie. Sollte sich das Geschäft irgendwann halbwegs
stabilisieren/erholen, sollte dieser Buchwert erreicht werden, was ein
Potenzial von 40% bedeutet. Das Risiko besteht darin, dass der Buchwert sehr
schnell fallen kann, wenn sich das Geschäft nicht stabilisiert.
Andererseits erhält man aufgrund
des niedrigen Kurses die Möglichkeit, dass die Digitalisierungsstrategie aufgeht,
mehr oder weniger umsonst. Man kann also
- Bereits jetzt kaufen, und hoffen, dass sich das Geschäft bald stabilisiert
- Warten, bis es erste Anzeichen gibt, dass die Digitalisierung aufgeht. In diesem Fall sollte sich Klöckner zu einem viel besseren Unternehmen wandeln als es das heute ist - in Bezug auf Nutzen für Lieferanten und Kunden, aber auch Gewinne und ROIC.
Momentan bevorzuge ich noch
Option 2, ich werde meine Augen allerdings offen halten.
Anmerkung
- Swoctem GmbH/Friedhelm Loh hat in den letzten Monaten eine größere Position aufgebaut (siehe hier). Das könnte insofern interessant sein, als die Gruppe selbst im Bereich Stahldistribution tätig ist – Übernahmefantasie?
- Auf der anderen Seite hat das noch keinen Kurssprung ausgelöst. Im Gegenteil, die Aktie fällt schon seit ca. einem Jahr relativ kontinuierlich.
Ich weiß nicht genau, was ich mit
diesen Infos anfangen soll, möchte aber darauf hinweisen.
Quellen
- Kloeckner & Co. Investor Relations
- klöckner.i Website - Näheres zum digitalen Wandel
- Andere Quellen sind im Artikel direkt verlinkt
Der Inbegriff eines schelchten Businessmodels.
AntwortenLöschenDas kann man kaum bestreiten. Interessant wäre, ob du eine Chance in der Digitalisierung siehst, oder ob das auch nichts ändern kann?
AntwortenLöschenDanke