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6. September 2017

Goldminen


Ich bin prinzipiell ein eher langsamer Schreiberling. In letzter Zeit kommt auch noch hinzu, dass ich kaum Zeit finde, mich überhaupt einmal hinzusetzen. Letztens habe ich allerdings in ein paar Goldaktien investiert (auch im wikifolio), hier eine verspätete Kurz-Info dazu.

Ich weiß, dass Gold momentan nicht gerade beliebt ist, ebenso wenig wie Goldminen. Das eröffnet auf lange Sicht jedoch Chancen. Eine Investition in Goldminen ist mir allemal lieber als eine Kryptowährungs-Spekulation. Warum ich das anspreche? Gefühlsmäßig werden Kryptowährungen heute als eine Art moderner Goldersatz behandelt. Bitcoin beispielsweise ist meiner Meinung nach ein Versuch, die Eigenschaften von Gold in digitaler Form zu kopieren. Mit ein paar Verbesserungen, aber auch Verschlechterungen. Derweil halte ich Kryptowährungen zwar für ein langfristig interessantes Konzept, aber nicht mehr. Ob sie sich durchsetzen wird die Zukunft zeigen, momentan aber durchlaufen wir in diesem Bereich, denke ich, eine Spekulationsphase.  Ich bleibe lieber beim Original.

Was die Minen betrifft: ich halte mich im Folgenden an die relativ einfach zu beschaffenden Produktionskosten der jeweiligen Minenunternehmen: AISC (All in sustaining costs), jeweils pro geförderter/verkaufter Unze Gold. Sonst wird das zu kompliziert. Ich denke bei einem Goldpreis um die USD 1.300 kann man bei allen diesen Minenaktien von einer Unterbewertung sprechen. Bei einem Goldpreisrückgang sollten die Unterbewertung und die niedrigen Produktionskosten schützen. Ein Goldpreisanstieg bietet weiteres Potenzial. Nona.

Barrick Gold

Barrick ist einer der größten Goldförderer der Welt - bei relativ niedrigen Produktionskosten. Das Unternehmen ging stark verschuldet in den Goldbärenmarkt ab ~2012/13 hinein. Inzwischen mussten einige Assets verkauft werden um die Verschuldung zurückzufahren, was übrig bleibt sind allerdings Minen, die starke Cash Flows produzieren. Die Verschuldung ist, denke ich, kein großes Problem mehr, vor allem weil ein großer Teil erst nach 2030 fällig werden wird.

Es gilt jetzt zwar einige andere Probleme durchzustehen, wie zB
  • Acacia Mine in Tansania (die Regierung meint, Barrick zahlt zu wenig Steuern; derweil Exportverbot)
  • Veladero Mine in Argentinien (Streiks; Rohrbruch mit umwelttechnisch weniger schönen Folgen)
aber die sind wahrscheinlich mit ein Grund, warum die Aktie zu einem akzeptablen Preis zu haben ist.

AISC 2016: USD 730

New Gold

New Gold produziert derweil noch in Kanada, USA, Australien und Mexiko. Die mexikanische Mine ist allerdings am Ende ihres Lebens und wird bald geschlossen werden, die australische Mine wird verkauft. Ab 2018 wird wohl nur noch in Nordamerika produziert.

Die bisher größte Mine (New Afton) ist eine kombinierte Gold/Kupfer Mine. Der Umsatz mit Kupfer ist höher als mit jener mit Gold. Man könnte von einer Kupfermine mit Gold als Nebenprodukt sprechen, New Gold betrachtet das allerdings umgekehrt, weswegen die Produktionskosten auf By-Product-Basis negativ sind.

Was New Gold meines Erachtens wirklich interessant macht, ist das Rainy River Projekt, das ab Ende 2017 / Anfang 2018 in Produktion gehen soll. Es sollen 14 Jahre lang jährlich ~330.000 Unzen Gold gefördert werden, was den Produktionswegfall in Australien und Mexiko mehr als wettmachen wird. Wenn die Mine auch nur annähernd zu den erwarteten Kosten um ~USD 700 pro Unze produziert ist New Gold sehr billig. Der Aufbau ist noch nicht ganz abgeschlossen, die Finanzierung der restlichen Investitionen sollte aber gesichert sein. Darauf baue ich.

AISC 2016: USD 692
Rainy River AISC (Schätzung): USD 710

Pretium Resources

Pretium hat bisher noch gar nicht produziert, war also nur in der Exploration tätig. Seit Juni ist aber die erste Mine in Kanada in Betrieb (Brucejack) und soll jährlich um die 450.000 Unzen produzieren – zu Kosten um die ~USD 500 je Unze. Brucejack enthält nicht so viele Nebenprodukte wie beispielsweise die New Afton Mine (Kupfer) von New Gold. Nur etwas Silber, dafür soll der Goldgehalt im Gestein aber sehr hoch sein (um die 15 Gramm je Tonne Gestein), was die niedrigen Produktionskosten ermöglichen soll.

Die „Story“ ist also eine ähnliche wie jene von New Gold: wenn die Pläne mit der neuen Mine halbwegs aufgehen, ist die Aktie billig.

AISC (Schätzung): USD 520

Goldmoney

Goldmoney hat mit Goldminen nichts zu tun. Das Geschäft war ursprünglich ein Online Gold Depot Service, nicht allzu spektakulär. Die Grundlegende Idee des neuen Geschäftsführers Roy Sebag (Goldmoney ist 2014 aus einem Merger zwischen Goldmoney und Roy Sebags BitGold entstanden - Sebag ist mit ~28% der Aktien nach wie vor größter Aktionär) ist es darauf ein voll durch Gold gedecktes Zahlungsnetzwerk aufzubauen.

Ein Hauptargument gegen Gold, dass es nämlich als Zahlungsmittel zu umständlich ist, ist mit heutiger Technologie eigentlich lösbar. Goldmoney ist ein Versuch in diese Richtung.

Das Unternehmen ist von Profitabilität noch einiges entfernt aber ich denke, dass es eine Chance gibt dort hin zu kommen. Die Kosten kommen runter, obwohl weiter investiert wird.



Beim Einstieg haben alle 4 Position zusammen unter 10% des Wikifolio-Bestandes ausgemacht, inzwischen mache sie leicht über 10% aus. Einstiegszeitpunkt gut erwischt. Zumindest sieht es momentan so aus…

16. November 2016

Interview mit John Malone

Nachfolgend ein gutes Interview mit John Malone auf CNBC. Da ich einige seiner Unternehmen sehr interessant finde (und auch Aktien halte), stelle ich es ein.

Punkte, die unter anderem angesprochen werden:
  • der Machtkampf zwischen content-ownern und content-distributoren 
  • die  Streaming-Geschichte insgesamt und 
  • wie sich das mit den Infrastruktur-Betreibern entwickeln könnte
  • warum er als AT&T Boss den Time Warner Deal ebenfalls gemacht hätte
  • Discovery & Eurosport 
  • der Formel 1 Deal von Liberty Media, den er offenbar genial findet
  • warum er glaubt, dass Disney ebenfalls zum Ziel werden könnte (und ESPN früher oder später abgespalten oder verkauft werden könnte)

Via youtube (eingestellt von CNBC):



(Ab und zu hat er einen echt fiesen Grinser drauf. Ich frage mich, ob das in seinem Glas unpassend servierter Kaffee ist, oder doch etwas anderes...)

10. November 2016

Links, Videos & mehr

Könnte Chipotle Mexican Grill ein Investment wert sein? The Rational Walk stellt sich die Frage ob die Marke noch intakt ist. Ohne klare Antwort, aber das scheint momentan auch kaum möglich. 

Ein weiterer Artikel dazu: Chipotle eats itself (fastcompany) 

In Chat and the Consumerization of IT macht sich Ben Thompson von stratechery Gedanken über die Entwicklungen im Bereich Enterprise Software. Mit Implikationen für Microsoft, das im Beitrag eine wesentliche Rolle spielt. 

Eine weitere Ben Thompson Idee: Apple should buy Netflix

Activate Tech and Media Outlook 2017: eine exzessive Präsentation mit 177 Seiten, unter einmal ansehen eigentlich nicht zu verarbeiten - slideshare.net

Ein Gespräch (Video) mit James Chanos und Kyle Bass (moderiert von Beth McLean) über China, Short Selling und anderes – Vanity Fair

In obigem Gespräch kommt heraus, dass die beiden Hauptakteure skeptisch sind, wenn die „Gefolgschaft“ den CEO eines Unternehmens als eine Art Messias betrachtet. Sowohl bei Jeff Bezos von Amazon, als auch bei Elon Musk von Tesla/Solarcity, sind solche Züge zu erkennen. Ersterer zeigt aber einen gewissen Geschäftssinn (neben dem, was er in folgendem Interview sagt, auch in dem Sinne, dass ökonomische Gewinne vorhanden sind, auch wenn sie nur sehr schwer aus den Bilanzen/GuVs/Kapitalflussrechnungen herausschätzbar sind), während ich bei Zweiterem immer irgendwie das Gefühl habe, er will mich (als Investor) mit seinen Aussagen übers Ohr hauen. Ich drücke es mal so aus: würde man mich zwingen (was man nicht kann), auf eine der Aktien der beiden zu setzen, dann würde ich keine Sekunde lang überlegen müssen, welche Aktie das wäre. Die Amazon-Aktie ist mir nach wie vor (viel) zu teuer, hier aber derweil ein großartiges Interview mit Jeff Bezos via youtube:




7. November 2016

Discovery Communications – content is king

Dieser Post enthält einige Zahlen, Berechnungen und Annahmen. Für evtl. Rechenfehler oder sonstige Irrtümer übernehme ich keine Verantwortung. Wie immer gilt: wer an einem Investment in eine Aktie interessiert ist, soll sich selbst informieren. Das hier geschriebene soll nicht als Empfehlung zum Kauf oder Verkauf irgendwelcher Wertpapiere verstanden werden.

Nach Liberty Media (von dem ich nun einen Teil verkauft habe) und Liberty Sirius habe ich nun mit Discovery Communications in ein weiteres Unternehmen investiert, dass dem Imperium von John Malone zuzurechnen ist. Zu meiner Überraschung habe ich festgestellt, dass die Aktie über wikifolio investierbar ist, weswegen sie ab sofort auch dort enthalten ist. John Malone kontrolliert über diverse Vehikel mit ca. 3% des Kapitals in etwa 30% der Stimmrechte. Möglich wir das dadurch, weil wie bei fast allen Malone-Unternehmen, drei verschiedene Aktien-Klassen existieren:
  • A-Aktien (NASDAQ-Symbol DISCA): 1 Stimmrecht je Aktie, „normale“ Aktien
  • B-Aktien (DISCB): 10 Stimmen je Aktie, großteils im Besitz von John Malone, an der Börse sehr illiquid
  • C-Aktien (DISCK): keine Stimmrechte, werden meist als Akquisitionswährung und für sonstige Tätigkeiten genutzt.

Ökonomisch, also Gewinn-zuteilungsmäßig, sind alle drei Aktienklassen gleichgestellt.

Marktumfeld für Discovery

Discovery ist ein Medienunternehmen das hauptsächlich in der Produktion und Vermarktung von TV-Sendungen/Programmen tätig ist. So eine Art Zulieferer für Anbieter von Kabel- und Satelliten-TV (pay-TV). Klassisch gesehen bestehen die Umsätze für diesen speziellen Sektor in etwa zur einen Hälfte aus Werbeeinnahmen, zur anderen Hälfte aus Gebühren -  affiliate fees - die den Anbietern verrechnet werden. Die Kosten entstehen hauptsächlich in der Produktion der Inhalte.

Der ganze Sektor wird in letzter Zeit eher skeptisch betrachtet, weil mit dem Aufkommen von Netflix, Amazon Prime und Konsorten das Geschäftsmodell von klassischen Pay-TV-Anbietern stark in Frage gestellt wird, die die größten Kunden für content-producer wie Discovery sind. Dieser Gedankengang macht momentan alle content-producer interessant, die Produkte im Angebot haben, die das Publikum sehen will.

Ein Beispiel dafür, dass content nach wie vor sehr wichtig ist, ist die Akquisition von Time Warner durch AT&T. Für Infrastrukturanbieter wie AT&T ist das eine der wenigen Möglichkeiten, ihr Angebot von dem der Konkurrenz abzuheben. Ähnlich wie bei Sirius XM im Radiogeschäft gilt auch hier: content is king.

Das Angebot von Discovery


ist natürlich, wie der Name des Unternehmens schon sagt, hauptsächlich um den Discovery Channel herum aufgebaut. 

Es sind keine richtigen „Massenmarkt“-Angebote, sondern eher kleinere Nischen-Sendungen mit nicht riesigem, dafür aber treuem Publikum: Dokutainments wie in Animal Planet, das Oprah Winfrey Network (OWN) oder Velocity. Konkrete und bekannte Beispiele aus dem deutschen Fernsehen wären Mythbusters oder Fang des Lebens auf DMAX. Oder aber, was ich selbst öfter mal schaue: Eurosport (dazu später mehr).

Wodurch unterscheiden sich die meisten dieser Angebote von den ganz großen und bekannten Serien, die nun auch von Amazon und Netflix (auch hier zwecks Differenzierung) produziert werden? Genau, sie sind viel billiger in der Produktion: kaum professionelle Schauspieler; ein Bär hat keinen Agenten; eine Serie für Autoverrückte, wie Velocity, kann ohne allzu hohe zusätzlichen Kosten mit ein paar deutschen Akteuren ins Deutsche übertragen und unter dem Namen Turbo vertrieben werden.   

Um das ganze hier nicht allzu lang werden zu lassen: Discovery hat jene Art von content die, zusammen mit der weltweiten Vertriebsorganisation, wie gemacht zu sein scheint, um international zu expandieren. Und das machen sie auch. Die Formate, und das darf nicht unterschätzt werden, sind kaum zugekauft und werden praktisch vollständig von Discovery selbst kontrolliert.

Internationale Expansion

Umsätze (mio. USD) und Margen:


Die Kapitalrenditen sind enorm. Meinen Schätzungen nach - wie immer ohne Goodwill und entsprechenden Amortisationen, und vor Steuern - deutlich über 50%. Die US-Margen sind stabil. Die sinkenden Konzernmargen sind Konsequenz der internationalen Expansion, weil andere Märkte nicht so homogen sind, wie die USA.

D.h. eine Sendung muss in mehrere Sprachen übersetzt werden, bzw. in mehreren Ausführungen produziert werden. Das sorgt über die Amortisation der Produktionskosten für die international niedrigere und sinkende Bruttomarge. Außerdem muss für jedes Land separat beispielsweise Marketing betrieben werden, was auch zu einem höheren Overhead (Fixkosten) führt. Die sinkende Konzernmarge ist nicht nur Ausdruck des zunehmenden Anteils des internationalen Geschäfts, sondern auch sinkender Margen im internationalen Geschäft, die sich mit dem Wachstum erklären lassen. Diese Expansion erzeugt jedoch immer noch operative Margen von um die 30% und ist viel günstiger als jene von beispielsweise Netflix, das bei in etwa gleich hohem Umsatz wie Discovery in 2015 beinahe USD 6 Mrd. für content aufwenden musste - Discovery musste dafür nur ~USD 1,7 Mrd. aufwenden.

Alles in allem ist dieses Geschäft, glaube ich, mit einem Preis/FCF Verhältnis (ich glaube der FCF ohne Akquisitionen liegt recht nahe an den Owner Earnings) von ca. 12 halbwegs günstig bewertet. Klar, das mit dem TV-Verhalten der jüngeren Generationen muss man im Auge behalten, aber andererseits wurde z.B. gerade mit AT&T DirecTV (ja, die die gerade auch Time Warner schlucken wollen) verlängert, zu angeblich guten Konditionen – Discovery-content ist nach wie vor ein „must have“.

Die internationale Expansion sorgt dafür, dass die Konzern-Umsätze gar deutlich wachsen. Außerdem, und da schadet es sicher nicht, zum John Malone Imperium zu gehören, kann man mit Liberty Global mitwachsen, das Discovery in ihren Angeboten natürlich mit-bündelt. In typischer John Malone Manier werden die hohen freien Cash-Flows in Aktienrückkäufe gesteckt, was beim aktuellen Kurs wertsteigernd ist.

Meines Erachtens könnte das bisher Geschriebene für sich evtl. schon eine Position rechtfertigen. Aber ich möchte nun noch zum wirklich interessanten Teil kommen, der naturgemäß etwas spekulativer ist und in gewisser Weise eine Sicherheitsmarge bzw. einige Opportunitäten bietet.

Chancen

Dem Management sind die aktuellen Sorgen der Investoren jedenfalls klar. CEO David Zaslav sieht darin aber auch Chancen, von denen ich hier drei besprechen möchte. Wenn einer dieser Punkte aufgeht, könnte sich die Discovery-Aktie beim heutigen Kurs von nicht ganz USD 26 unter Umständen als Schnäppchen erweisen.

1) Digital, direct-to-consumer
„Our global digital strategy is pretty simple, get our own content to as many people as possible across all screens and platforms and fill in with digital-only content as needed.”
 David Zaslav, Conference Call Q3 2016

Es gibt eigentlich keinen Grund, warum sich Discovery mit seinen Inhalten neben den bestehenden Vertriebskanälen nicht direkt an den Konsumenten wenden können sollte. Zumal sie sowieso alle Rechte an den produzierten Inhalten halten. Ein bisschen nach Vorbild von Netflix, macht Discovery auch genau das. Das Unternehmen ist mit dieser Strategie noch in der Testen-und-Lernen Phase, aber Discovery GO ist in den USA schon ganz gut etabliert und bereit die Chance zu ergreifen, falls das Produkt einschlägt. Zwei interessante Dinge, die sich nach CEO-Auskunft bisher beobachten lassen:
  • Erstens, scheint bei den Abonnenten ganz gut anzukommen, dass sie im Gegensatz zum TV-Angebot ohne Probleme auch auf ältere Folgen zugreifen können. Das funktioniert ähnlich wie bei Netflix.
  • Zweitens, in etwa die Hälfte der Streams kommt von 19- bis 34-Jährigen, was ein Hinweis ist, dass sich auch die jüngere Generation für das Discovery-Angebot interessiert, wenn es auf einer anderen Plattform als dem linearen TV-Angebot erreichbar ist.

Ähnlich wie bei Netflix, lässt sich auch das nicht-lineare GO in Angebote von Kabelanbietern wie z.B. AT&T bündeln, was prinzipiell eine sehr gute Nachricht ist. Content is king bewahrheite sich demnach, die Art und Weise, wie das Angebot vertrieben wird, wäre sekundär. Die Bündelung in andere Angebote könnte margentechnisch sogar fast interessanter sein, als direkt zum Konsumenten zu gehen, weil der Bündler das Inkasso, die Kunden-Akquisition und ähnliche operative Tätigkeiten gleich mit übernehmen würde.

Die Optionen stehen jedenfalls offen.

2) Joint Ventures

Zwei Investments hebt Zaslav hervor. Das erste ist BAMTech, ein JV mit MLB Advance Media in Europa. Fürs Erste ist das Investment gedacht, um Eurosport neu aufzustellen.
„BAMTech's state-of-the-art back-end video platform and service will be implemented in 2017 across all of Eurosport digital products, which today include Eurosport.com, the continent's number one sports news web site with 60 million users a month, and the Eurosport Player, what we call our Sports Netflix, the leading subscription based OTT sports platform across Europe, giving fans an all-access pass any time and on any device in 52 countries.
In addition, we will have access to select MLBAM content in Europe for direct-to-consumer contribution. BAMTech Europe also will work with a broad set of sports and entertainment content owners, broadcasters, and OTT platforms to enhance their digital capabilities, reach and performance across the continent.”
David Zaslav, Conference Call Q3 2016

Es handelt sich mehr um ein Technologie-Investment, als um ein content-Investment, aber man hält sich alle Möglichkeiten offen, sollte sich Erfolg einstellen und das Produkt auch für Dritte interessant sein. Aufgrund der Tatsache, dass man die Technologie für das nicht-lineare Geschäft sowieso braucht, macht dieses Investment durchaus Sinn.

Das zweite Investment ist das Joint Venture Group Nine Media. Hier geht es mehr um „social video“ Produktionen für Facebook, Snapchat und ähnliches. Das sagt mir ehrlich gesagt nicht all zu viel, deswegen lasse ich wieder CEO Zaslav sprechen: 
„Third is an investment to change our content and IP mix, and help Discovery grow into a leader in short form and mobile content for the next decade. Last month, we announced that we will be investing $100 million, and entering into a strategic partnership to create a new media holding company called Group 9 Media. We will contribute two of our digital assets, Seeker & SourceFed Studios, Digital Networks, and we will combine them with independent Digital Networks' Thrillest, NowThis, which is the number one video news publisher on Facebook, The Dodo, as well as two Snapchat channels that belong to the NowThis portfolio.
With 3.5 billion monthly video views across all of these millennial-focused brands, Group 9, will be a top five digital first content and social video company on day one. With a best in class leadership team, tremendous brands, reach and scale.

[…]

Group 9. We were doing, with Seeker & SourceFed, about half a billion streams, and we found that those streams actually had very good CPMs, but we needed a sales team, which we had, that was selling those 500 million streams. When we went to talk to advertisers, they liked the demo that we had, but we were like the – we were number 20 in line. So putting this together with Thrillist, The Dodo and NowThis, we get a number of things. One is we get 3.5 billion to 4 billion streams a month, which gives us – makes us the number three player, four player or five player in the space. So already advertisers are calling us saying, we like the demo that you have, we like the scale that you have, how can we do more business with you? That's number one. Two is, there's an ad sales team that's working for Ben Layer, a very strong CEO that's running the whole business, and we'll be able to take advantage of having one big sales team sell the 3.5 billion to 4 billion streams, which is a real advantage. The third is, they have a fantastic data analytics business, which is – we were faced with the question of do we build a very big sales team? Do we build a big data analytics structure? And how do we scale up our half a billion? And so we view this as a three part. We got the 3.5 billion to 4 billion, so we got scale. We have a great sales team as we picked the best and the brightest of all of these companies and Ben pulls it together, and the third is we got a great data analytics structure. I mean, that data analytics structure built NowThis in the last year and a half to be the number one provider of news on Facebook. And they also with have two Snapchat channels.

So, for us we've got scale, we have data analytics, we have an ad sales team that we can rely on. We're more in the front of the line. And we were out in San Francisco last week, we were with the Facebook guys and they're transitioning their platforms to video and we're in the top two or three providers of video to Facebook. And we got to work on how do we monetize that content, and that's why we were out there talking to them. In our one minute and one and a half minute videos are generating so much energy for Facebook, how do we get more value out of that? It's not in our plan right now but it's going to happen, but if it does happen, which I think eventually hopefully it will, the value of a business like this could be huge.
 And finally, we pick up a stronger relationship with Snapchat, where we pick up two channels. And so I think for us, we now own 39% of it, we've got a great leadership team running it, we'll see over the next few years how it develops and it gives us great optionality and it gives us a great support system.“
David Zaslav, Conference Call Q3 2016

Wie auch immer, Discovery halt 39% an diesem JV und hat vor allem die Option den Rest zu übernehmen, falls es ein Erfolg werden sollte. Ein vorsichtiger Vorstoß, ohne gleich „all-in“ zu gehen, dennoch hält man sich die Optionen offen. Das gefällt mir.

3) Eurosport als europäisches Netflix des Sports?

Das ist die meines Erachtens interessanteste Option. Eurosport wurde gerade erst voll übernommen, mit einer Bewertung von ca. USD 1 Mrd. Der Umsatz von Eurosport betrug 2015 ca. USD 500 Mio., bei etwa USD 37 Mio. an OIBDA (operating income before depreciation and amortization; eine klassische John Malone Kennzahl, die in etwa dem EBITDA ohne Einmaleffekte und aktienbasierter Vergütung entspricht). Eurosport trägt derweil also kräftig zu den niedrigen Margen im internationalen Geschäft bei und der Kaufpreis scheint recht hoch. Interessant ist aber, was Zaslav und sein Team damit vorhaben, weil das, wenn es klappt, meines Erachtens sehr interessant werden könnte. 
“We're going to be offering our sports content across Europe and our cost of content is zero because we're already making – our margins are already in the teens for Eurosport. And so this could be a very profitable business for us. It's not that different from the cable players that were able to build a business model on the coaxial cable and multichannel to the home and then being able to take a second bite at the apple and offer broadband without a lot of cost. And so we have to prove it out, but we think we have something quite strong.”
David Zaslav, Conference Call Q3 2016

Ich glaube, die meisten Leser kennen Eurosport, deswegen lasse ich das mit der Beschreibung hier gut sein. Zaslav spricht von einer Art „Netflix für Sport“ durch den Eurosport Player, der in Deutschland momentan für EUR 59,99 pro Jahr angeboten wird (neben kürzeren Abo-Formen). Mit nicht-linearem Zugriff auf alle Eurosport, Eurosport 2 und Eurosportnews Inhalte und mit zusätzlichen Optionen, die eben nur über den Player verfügbar sind. Das Produkt könnte sich auch in Kabelangebote bündeln lassen. Wie schon geschrieben, wird Eurosport mit dem BAMTech JV ab 2017 auf eine vollkommen neue technologische Basis gestellt.

Ich muss ehrlich sagen, dass das zu einem Angebot werden könnte, wo ich evtl. selbst gerne Kunde wäre. Außerdem ist Eurosport schon jetzt einer meiner Lieblingssender: Zugang zu vielen kleineren Sportarten, die ansonsten nicht wirklich eine Bühne haben, was im weitesten Sinne der Strategie von Discovery in den Nicht-Sport-Kategorien entspricht. Das heißt natürlich allerdings auch, dass ich wahrscheinlich verzerrt darauf schaue, also scheut euch nicht, eure Gedanken dazu los zu werden.

Jedenfalls könnte das eine gute Basis sein, um ein europaweites Sportnetzwerk aufzubauen. Ein paar Punkte, die durchaus zeigen, dass man mit Eurosport Größeres vorhat:
  • Pay-TV ist in Europa wenig verbreitet – d.h. es existiert eine gute Chance, mit Sport über den digitalen Weg zu kommen
  • 50% der Haushalte haben keinen Zugang zu Eurosport, da ihr TV-Anbieter Eurosport nicht im Programm hat – Chance über den digitalen Weg zu kommen
  • Der Eurosport Player ist europaweit gesehen jetzt schon die führende Sport-Video-Plattform
  • Die Eurosport-Website hat ca. 60 Mio. Nutzer pro Monat
  • Duale Herangehensweise über Fernsehen/Pay-TV und Eurosport Player – im Gegensatz zu Netflix hat man über die eigenen Eurosport-TV-Kanäle die Möglichkeit, Werbung für den Player zu machen, womit man die Zielgruppe recht gut treffen könnte (allerdings nicht jene, die keinen Eurosport-Kanal empfangen kann)
  • Rechte für den digitalen Vertrieb liegen bei Eurosport: die Inhalte über den Eurosport Player zu vertreiben, birgt nur geringe zusätzliche Kosten
  • Olympiarechte bis 2024 gesichert
  • außerdem Rechte für Tennis Grand Slams, große Landesrundfahrten und Klassiker im Radsport, Wintersport und (einer meiner Favoriten) Snooker neben vielen anderen, kleineren Nischen-Sportarten
  • ab der Saison 2017/18 Übertragungsrechte für die deutsche Fussball-Bundesliga

Ich rechne in etwa so: wenn von 700 Mio. Einwohnern in Europa (oder dem Empfangsraum von Eurosport) nur 1% den Eurosport Player abonniert, wären das, bei sagen wir mal einem Abopreis von EUR 60 pro Person und Jahr, potenziell EUR 420 Mio. an Umsatz bei relativ geringen zusätzlichen Kosten – der Kaufpreis von ~USD 1 Mrd. für Eurosport wäre dann lächerlich. Vielleicht liege ich da zu optimistisch, aber meines Erachtens ist diese Option für Neu-Aktionäre im heutigen Aktienkurs gratis enthalten.

4) Der letzte Satz gilt auch für die Optionen 1) und 2)

Außerdem hält Discovery noch einige andere Investments, die  aus heutiger Sicht aber einfach zu klein sind, um  bewertungs-technisch eine Rolle zu spielen. Eines davon ist dennoch erwähnenswert, wie ich finde: ein kleines Cost-Method-Investment in der Formel E - Liberty Media hat ja gerade die Formel 1 gekauft.

Zusammenfassung

Discovery Communications bietet sich meines Erachtens als langfristig interessantes Investment an. Das „alte“ Geschäft ist eine, wahrscheinlich noch für viele Jahre, solide Cash-Cow, mit der sich bietende Opportunitäten durchaus locker finanzieren lassen. Das Engagement von John Malone sehe ich als sehr positiv weil es garantiert, dass nicht sinnlos investiert, und nicht benötigtes Cash in für die Aktie wertsteigernde Aktienrückkäufe gesteckt wird. Die soliden Cash-Flows bieten auch einen gewissen Sicherheitspuffer, sind mit einem Kurs/Cash-Flow Verhältnis von ca. 12 nicht zu teuer bewertet und bieten eine solide Basis um den bevorstehenden Wandel in der Branche anzugehen. Einen Wandel, dem sich das Management durchaus bewusst zu sein scheint, und den es mit gezielten und vorsichtigen JV-Investments angeht. Die spannendste Wette ist meines Erachtens momentan Eurosport.

Quellen:
Discovering Discovery (gurufocus.com)

PS zu John Malone: Ich kenne jetzt zwar einige seiner Unternehmen, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich alle kenne. Inzwischen könnte man wohl so etwas wie einen John Malone Index oder ETF konstruieren, und ich glaube, das wäre nicht einmal uninteressant. Jedenfalls versuche ich da einen Überblick zu bekommen…

11. August 2016

Die Amazon-Steuer

Letztes Jahr habe ich mir ein paar Gedanken zu Amazon gemacht (Teil 1, Teil 2, Teil 3), und mehr oder weniger beschlossen, das Unternehmen zwar weiter zu beobachten, aber nicht zu investieren.

Inzwischen habe ich drei Artikel auf stratechery gelesen, die mir beim Verständnis des Geschäftsmodells ziemlich geholfen haben. Wenn wir annehmen, dass Ben Thompson (der Autor) recht hat, dann bleibt nur noch ein Problem zu lösen: die Bewertung. 

Mit der Anmerkung, dass mir die Aktie zum Investieren nach wie vor zu teuer ist, wünsche ich viel Spaß beim Lesen.

Alle drei Links verweisen auf stratechery:
  1. The AWS IPO (Mai 2015)
  2. The Amazon Tax (März 2016)

10. August 2015

Klöckner und die Digitalisierung des Stahlhandels

Eine Aktie auf die ich bei meiner Suche nach Investmentmöglichkeiten immer wieder stoße, ist jene von Klöckner & Co. Der Grund dafür ist der, dass die Aktie seit langem unter ihrem (auch um Goodwill bereinigten) Buchwert notiert und ich glaube, dass das (neue) Geschäftsmodell prinzipiell Potenzial hat. Wenn auch vielleicht erst in etwas fernerer Zukunft.


Klöckner selbst beschreibt das Geschäft wie folgt:
Klöckner & Co ist der größte produzentenunabhängige lagerhaltende Stahl- und Metalldistributor und eines der führenden  Stahl-Service-Center-Unternehmen im Gesamtmarkt Europa und Amerika. Wir fungieren als Bindeglied zwischen Stahlerzeugung und Verbrauch. Durch unsere Unabhängigkeit von Stahlherstellern profitieren unsere Kunden von einem zentral koordinierten Einkauf und unseren vielfältigen nationalen und internationalen Beschaffungsmöglichkeiten bei weltweit rund  60 Hauptlieferanten. Unsere entscheidenden Wettbewerbsfaktoren sind Größeneffekte im globalen Einkauf, unsere umfangreiche Produktpalette, der Kundenzugang über ein weit verzweigtes Logistik- und Distributionsnetzwerk sowie verschiedenste Anarbeitungsservices und die hohe Verfügbarkeit unserer Produkte. Unser globales Netzwerk erstreckt sich über 15 Länder und ermöglicht unseren Kunden den lokalen Zugang zu rund 220 Lager- und Anarbeitungsstandorten. Durch die hohe Verfügbarkeit unserer Produkte ermöglichen wir unseren Kunden, auf eigene Lagerhaltung weitgehend zu verzichten. Unser Kundenportfolio umfasst rund 150.000 zumeist kleinere bis mittlere Stahl- und Metallverbraucher, vorwiegend aus der Bauindustrie sowie dem Maschinen- und Anlagenbau. Darüber hinaus liefern wir Vorprodukte für die Automobilindustrie, den Schiffsbau und die Gebrauchsgüterindustrie. Wir bieten unseren Kunden eine optimierte Gesamtlösung von der Beschaffung über die Logistik bis zur Anarbeitung einschließlich individueller Belieferung mit 24-Stunden-Service und setzen dabei auf eine zunehmende Digitalisierung dieser Prozesse.
2014 setzte Klöckner in etwa EUR 6,5 Mrd. um, die Verteilung des Umsatzes ist aus folgender Grafik ablesbar:


Anklicken zum Vergrößern


Nachdem die Konjunktur einfach nicht so richtig ins Laufen kommen will, tut sich die Stahlindustrie mit ihren chronischen Überkapazitäten insgesamt sehr schwer damit, wieder in die Gänge zu kommen. Profitabel arbeiten eigentlich nur spezialisierte Nischenplayer, wie z.B. die hier bereits vorgestellte Voestalpine.  Klöckner gehört definitiv nicht zu diesen Nischenplayern.

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Operating Profit enthält keine One-off-Kosten wie Sonderabschreibungen, Restrukturierungen etc.; der Gewinn pro Aktie sehr wohl.

Der Verlauf des Aktienkurses bildet diesen Geschäftsgang recht deutlich ab. Der letzte Kurs steht bei ca. EUR 8,50.

Ein mögliches Basisszenario ist einfach: erholt sich die Wirtschaft/Konjunktur (vor allem in Europa und Amerika), erhöhen sich auch die Gewinne und der Aktienkurs von Klöckner. Somit sollte früher oder später zumindest der (um Goodwill bereinigte) Buchwert je Aktie von ca. EUR 12 erreicht werden (immerhin ca. 40% Potenzial).

Ich gebe zu, diese Investmentidee ist nicht besonders einladend:
  • Es ist kaum absehbar, wie lange es braucht, bis sich die Wirtschaft erholt.
  • Es ist auch kaum absehbar, wie weit der Buchwert je Aktie noch sinken kann (Verluste – Q2 war furchtbar: der Buchwert wäre gesunken, wenn es keine Währungsgewinne im ‚other comprehensive income‘ gegeben hätte).
  • Klöckner scheint kein Unternehmen zu sein, in das man beruhigt investieren kann. Über den Konjunkturzyklus betrachtet sind die Ergebnisse nicht befriedigend, wenn auch in guten Zeiten dafür umso besser.

Ich persönlich möchte in so ein Unternehmen nicht investieren, weil mir das einfach zu unsicher ist. Allerdings könnte sich auf längere Sicht eine Chance auftun, wenn Klöckner die angekündigte Strategie 2020 konsequent umsetzt. 

Digitalisierung

Ich bin mir nicht sicher ob es nicht schlicht und einfach nur die Verzweiflung ob der stetig enttäuschenden Geschäftszahlen war, die das Management mit folgender Idee aufwarten ließ: Einrichten einer Online-Plattform und Digitalisierung des Geschäftsmodells. Da wir in 2015 leben und das Internet eigentlich schon überall ist, kommt euch jetzt wahrscheinlich in etwa so etwas in den Sinn (bei mir war es so):

Oh, es ist doch viel zu spät, jetzt noch eine digitale Plattform einführen zu wollen. Die Konkurrenz wird heftig reagieren, und es wird nicht möglich sein, auf eine entsprechende Reichweite zu kommen…

Seltsamerweise liegt aber genau darin die Chance, wenn das Management die Situation auch nur halbwegs richtig einschätzt: die Stahlindustrie, bzw. der Stahlhandel, funktioniert zu einem großen Teil noch immer analog: Telefon, Fax und (die Modernen) Email. Klöckner könnte sogar eine Art First-Mover-Vorteil haben. Die Einführung einer digitalen Plattform ist sehr vielversprechend, weil diese die gesamte Lieferkette stark vereinfachen könnte. Ein Nebeneffekt ist, dass eine Plattform auch noch von einem Netzwerkeffekt profitieren könnte, wie es auch das Geschäftsmodell von Klöckner selbst tut, zumindest bis zu einem gewissen Grad.

[Ein kurzer Einwurf: Wholesaling]
(zu deutsch vielleicht Großhandel, aber ich bin mir nicht sicher ob es das wirklich trifft)

Stahl-/Metalldistribution scheint zwar eine Ausnahme zu sein, aber prinzipiell kann Wholesaling ein sehr gutes Geschäftsmodell sein, das hohe ROIC zulässt, wenn es denn auch gut umgesetzt wird. Der große Nutzen eines Wholesale-Modelles ist, dass es eine Win-Win-Win Situation erzeugt, für

die Lieferanten:
  • Zugang zu einer großen Anzahl an Kunden
  • Dadurch höhere Absatzmengen, wenn auch zu niedrigeren Preisen (Verhandlungsmacht; die Lieferanten bei Laune zu halten ist mindestens gleich wichtig, wie die Kunden bei Laune zu halten)
  • Lieferanten können Distributions- und andere Tätigkeiten auslagern

die Konsumenten:
  • Bekommen Zugang zu einer großen Anzahl an Produkten von vielen verschiedenen Herstellern über einen zentralen Anbieter
  • Bekommen niedrige Preise, da sie von der Verhandlungsmacht des Wholesalers profitieren
  • Zusätzliche Services; bei Klöckner beispielsweise die Anarbeitung von Materialen, für die z.B. 3D-Laser benötigt werden (solche Maschinen sind für viele Kleinkunden zu teuer in der Anschaffung) aber auch eine Fülle an anderen Dienstleistungen.

den Wholesaler:
  • Hohe Anzahl an Lieferanten und Kunden
  • Einbehaltung eines kleinen Prozentsatzes des Wertschöpfungsprozesses (dünne Margen) als Gewinn, der hoffentlich hoch genug ist um die Fixkosten abzudecken - das war bei Klöckner in letzter Zeit eben oft nicht der Fall.
  • Das Geschäftsmodell bindet relativ wenig Kapital im Verhältnis zum Umsatz. Im günstigsten Fall auch im Verhältnis zum Gewinn.

Wenn wir uns diese Eigenschaften des Geschäftsmodelles vor Augen halten wird klar, dass dieses einige Elemente eines zweiseitigen Marktes aufweist, obwohl keine direkten Beziehungen zwischen Lieferanten und Kunden bestehen. Speziell ergeben sich 
  • positive cross-side Effekte
  • keine/kaum positiven same-side Effekte  
  • negative same-side Effekte, vor allem auf der Lieferantenseite

(Was cross- und same-side Effekte sind wird in der englischen Version des oben verlinkten Wikipedia-Eintrages zum zweiseitigen Markt erklärt. Entschuldigt bitte die vielen Anglizismen, aber ich habe einfach keine Ahnung wie sich diese Begriffe ins Deutsche übersetzen; die Wikipedia-Einträge in deutscher Sprache sind kaum zu gebrauchen oder erst gar nicht vorhanden, weswegen ich den einen oder anderen Link zur englischen Ausgabe von Wikipedia setzen musste.)

Trotz dieser Beschränkungen ist in meinen Augen ein zweiseitiger Markt eine hervorragende Voraussetzung für eine (digitale) Plattform.

[Einwurf Ende]

Das Ziel des Managements ist es also das Geschäftsmodell zu verändern, und zwar von diesem 

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Es gibt natürlich keine Garantie, dass das funktionieren wird.

Das Hauptproblem jeder Plattform ist es, genügend Lieferanten und Kunden zu akquirieren. Hier könnte Klöckner die Tatsache helfen, dass es der weltweit größte unabhängige Stahlhändler ist, mit ca. 150.000 Kunden und 60 Hauptlieferanten. Wenn diese die Plattform nutzen, ist schon viel gewonnen. Die Tatsache, dass Klöckner Lieferanten-unabhängig ist, sollte insofern helfen, als die Anzahl an verschiedenen Produkten um einiges höher sein sollte, als bei einem Lieferanten-abhängigen Konkurrenzprodukt. Ein möglicher First-Mover-Vorteil verbunden mit einem möglichen Netzwerkeffekt könnte Klöckner einen großen Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkurrenten verschaffen. Ihr merkt schon, wie viele könnte und sollte ich hier verwende. Es wird viel davon abhängen, wie gut Klöckner diese Plattform implementiert und ob diese für die Teilnehmer auch wirklich eine Vereinfachung im Verhältnis zur momentanen Art und Weise des (Stahl-) Handelns darstellen wird.

Da ich gerade die Konkurrenz angesprochen habe, gehe ich auch gleich einige Konkurrenten durch. In Europa sind die größten
  • Arcelor Mittal
  • ThyssenKrupp
  • Salzgitter
  • Tata (beim Klöckner-Projekt mit dabei).

Diese sind eindeutig nicht Lieferanten-unabhängig und waren in den letzten Jahren wohl eher mit Kostensenkungsprogrammen beschäftigt, als damit neue Geschäftsideen zu generieren. Das erklärt vielleicht auch warum keiner einen Schritt in Richtung Digitalisierung gemacht hat. In den USA haben wir
  • Reliance
  • Ryerson
  • ThyssenKrupp (wieder).

Reliance und Ryerson sind unabhängig und betreiben auch ein ähnliches Geschäftsmodell wie Klöckner. Reliance ist offenbar der einzige von den drei unabhängigen, der halbwegs gut durch das aktuell schwierige Geschäftsklima steuert. Allerdings konnte ich noch nicht herausfinden, an was das genau liegt, wo die einen möglichen Wettbewerbsvorteil haben – die Digitalisierung scheint es nicht zu sein. Ryerson hingegen geht es ähnlich schlecht wie Klöckner, allerdings ist deren Bilanz in einem deutlich schlechteren Zustand als jene von Klöckner, wenn wir auf die Finanzverschuldung schauen. Dafür hat Ryerson inzwischen auch eine eCommerce-Plattform gestartet (2014), ähnlich wie Klöckner. 

Die Märkte, in denen Klöckner tätig ist, sind extrem fragmentiert. Die größten Player (Arcelor, Thyssen, bzw. Reliance und Ryerson) kommen kaum auf über 10% Marktanteil, bzw. sind deutlich darunter. Klöckner hält 2014 Marktanteile von ca. 7% (Europa) und ca. 3% (USA), womit man in beiden Märkten zu den Top 3 gehört. Die große Chance einer effizienten und für die Teilnehmer vorteilhaften und unabhängigen Plattform besteht darin, in diesen Märkten eine Konsolidierung einzuleiten durch die man selbst deutlich Marktanteile hinzugewinnen kann. Auch wenn diese Märkte selbst in Zukunft wohl nicht allzu stark wachsen werden. Ein zusätzlicher Vorteil könnte darin bestehen, dass man über so eine Plattform auch verstärkt Nebenprodukte anbieten könnte, die prinzipiell höhere Margen erlauben (zumindest ist das eine Idee des Managements).

Die Konkurrenz in den USA scheint auf jeden Fall stärker als in Europa. Die Chancen, dass sich Klöckners Plattform durchsetzt, sind somit in Europa um einiges höher, auch weil man Tata bereits als wichtigen Partner gewonnen hat. Das muss allerdings nicht zwangsläufig heißen, dass man in den USA versagt.

Klöckner möchte bis 2019 um die 50% des Umsatzes online generieren.

Zusammenfassung

Um ehrlich zu sein, ich habe das Gefühl, dass diese Digitalisierung die einzige vernünftige Chance für Klöckners Zukunft ist. Wenn sie hier versagen, würden sie wahrscheinlich ohnedies keine große Zukunft haben.

Das Basisszenario ist einfach: die Aktien von Klöckner notieren derzeit deutlich unter ihrem (um Goodwill bereinigten) Buchwert je Aktie. Sollte sich das Geschäft irgendwann halbwegs stabilisieren/erholen, sollte dieser Buchwert erreicht werden, was ein Potenzial von 40% bedeutet. Das Risiko besteht darin, dass der Buchwert sehr schnell fallen kann, wenn sich das Geschäft nicht stabilisiert. 

Andererseits erhält man aufgrund des niedrigen Kurses die Möglichkeit, dass die Digitalisierungsstrategie aufgeht, mehr oder weniger umsonst. Man kann also
  1. Bereits jetzt kaufen, und hoffen, dass sich das Geschäft bald stabilisiert
  2. Warten, bis es erste Anzeichen gibt, dass die Digitalisierung aufgeht. In diesem Fall sollte sich Klöckner zu einem viel besseren Unternehmen wandeln als es das heute ist - in Bezug auf Nutzen für Lieferanten und Kunden, aber auch Gewinne und ROIC.

Momentan bevorzuge ich noch Option 2, ich werde meine Augen allerdings offen halten.

Anmerkung
  • Swoctem GmbH/Friedhelm Loh hat in den letzten Monaten eine größere Position aufgebaut (siehe hier). Das könnte insofern interessant sein, als die Gruppe selbst im Bereich Stahldistribution tätig ist – Übernahmefantasie?
  • Auf der anderen Seite hat das noch keinen Kurssprung ausgelöst. Im Gegenteil, die Aktie fällt schon seit ca. einem Jahr relativ kontinuierlich.

Ich weiß nicht genau, was ich mit diesen Infos anfangen soll, möchte aber darauf hinweisen.

Quellen