Ich habe in zwei Unternehmen investiert, die über
das Wikifolio leider wieder einmal nicht handelbar sind. Es
handelt sich um Liberty Media und Sirius XM Canada.
Liberty
Media
ist die Holding des Medien-Investors John Malone. Malone ist
einer der CEOs, der in The Outsiders: Eight Unconventional CEOs and Their Radically Rational Blueprint for Success behandelt wird, einem sehr empfehlenswerten Buch für jeden Investor.
Die Konzernstruktur von Liberty Media ist einigermaßen komplex, wofür zum (größten)
Teil der Werdegang von Malone eine Erklärung liefert - wobei diese Struktur in
letzter Zeit durch diverse Spin-offs zumindest etwas vereinfacht wurde. Ein
Auszug aus dem Buch, um die Denkweise von Malone zu verstehen:
To Malone, higher net income meant higher taxes, and he believed that the best strategy for a cable company was to use all available tools to minimize reported earnings and taxes, and fund internal growth and acquisitions with pretax cash flow.
Eine Denkweise, die sich bis heute durchzieht. Ich
empfehle das entsprechende Kapitel des Buches selbst zu lesen (bzw. überhaupt
das ganze Buch).
Meines Erachtens ist es kaum möglich, Liberty Media
anhand von gängigen buchhalterischen Kennzahlen zu bewerten. Man muss andere
Methoden zu finden, um den ökonomischen Wert abzuschätzen. Und da kommen wir
auch gleich zum entscheidenden Punkt: Liberty Media ist eine Holding. Eine
sum-of-the-parts Bewertung scheint vielversprechend.
Eine Asset-Liste von Liberty
Media findet sich auf der IR-Seite. Was heraus sticht:
- 61%-Beteiligung an Sirius XM
- 100%-Beteiligung an Atlanta National League Baseball Club (Baseball-Fans als Atlanta Braves bekannt, einem MLB-Team)
- 27%-Beteiligung an Live Nation Entertainment (ohne einer bereits getroffenen Vereinbarung, noch mehr Anteile zu kaufen)
- Einige andere, kleinere Beteiligungen, siehe Asset-Liste
Um diesen Post nicht allzu lang werden zu lassen,
kürze ich jetzt ab: das größte Asset (Sirius XM) handelt an der Börse (jene
Anteile, die eben nicht Liberty Media gehören), zu ca. USD 3,65 je Aktie, was
eine Marktkapitalisierung für Sirius XM von ca. USD 19,5 Mrd. bedeutet. Ohne
weiter auf das Geschäftsmodell (das ich für langfristig vielversprechend halte;
ein entsprechender Post zu Sirius XM, bzw. Sirius XM Canada wird folgen, ich
weiß aber noch nicht wann ich das schaffe) einzugehen, behaupte ich hier, dass das
einer halbwegs fairen Bewertung entspricht: nicht wirklich stark unterbewertet,
aber auch nicht groß überbewertet.
Um wieder auf die 61%-Beteiligung von Liberty Media
an Sirius XM zurückzukommen: diese Beteiligung ist laut Börse momentan also
19,5*0,61 = USD 11,9 Mrd. wert. Dies entspricht interessanterweise in etwa der
momentanen Marktkapitalisierung von Liberty Media (Kurs einer A-Class-Aktie
momentan bei ca. USD 35, die C-Class-Aktie handelt in etwa beim selben Kurs). Simplifiziert:
mit dem Kauf einer Liberty Media Aktie kauft man sich im Endeffekt eine Sirius
XM Beteiligung und bekommt die anderen Beteiligungen mehr oder weniger
kostenlos drauf.
Nun gibt es ja die Theorie, dass solche Abschläge
für Holding-Gesellschaften durchaus gerechtfertigt sind. Meist würde eine
Steuer anfallen, wenn der ‚valuation gap‘ geschlossen werden soll, die den
Großteil dieses Abschlages erklärt. Es gibt auch noch einige andere Probleme. Genau
mit dieser Thematik kommt jedoch John Malone mit seinem Werdegang ins Spiel:
ein Meister seines Faches.
Im November 2015 veröffentlichte Liberty Media einen
Plan, wie dieses Problem (valuation gap) gelöst werden soll. Die Präsentation ist
hier abrufbar (Liberty Media
Corporation Investor Meeting, November 2015).
Es sollen aus einer Liberty Media Aktie drei Tracking Stocks geformt
werden (Liberty Media hat mit so etwas schon Erfahrung):
Liberty Sirius Group:
Diese soll das Geschäft von Sirius XM abbilden
(Tracking Stock soll sich gleich verhalten wie die „Original“-Sirius Aktie).
Wie schon geschrieben halte ich Sirius XM aufgrund des Geschäftsmodelles für
ein gutes Langzeit-Investment. Diese Gruppe alleine sollte, wenn der Plan
aufgeht, in etwa dem Wert einer heutigen Liberty Media Aktie entsprechen. In
der Präsentation von oben wird der NAV mit ca. USD 12,8 Mrd. angegeben (damals
war der Kurs einer Sirius Aktie jedoch noch bei USD 4,12).
Liberty Braves Group:
Diese soll das Geschäft der „Atlanta Braves“
abbilden. Es ist anzumerken, dass damit ein Stadion-Neubau mit einem
Immobilien-Entwicklungsplan (Wohnungen, Büros, Restaurants, Hotels, Retail,
Entertainment) um das Stadion einhergeht. Es ist gut möglich, dass mit diesem
Tracking Stock auch ein Bezugsrecht für eine Kapital-Erhöhung ausgegeben wird,
um diese Pläne zu finanzieren. Mit dem Bau des Stadions wurde schon begonnen,
die Fertigstellung ist für den Frühling 2017 geplant. Immobilien-Entwicklung:
Fertigstellung für Frühling 2018 geplant.
Diese Gruppe kann ich nicht wirklich bewerten, weil
ich mich hier nicht auskenne. Ich gehe allerdings davon aus, dass der faire
Wert größer Null ist. In obiger Präsentation wird der NAV mit ca. USD 2 Mrd.
angegeben.
Liberty Media Group:
Diese soll alle restlichen Beteiligungen abbilden,
inkl. Live Nation Entertainment (LYV). Ohne auf all die vielen kleinen
Beteiligungen einzugehen: die größte dieser Beteiligungen (LYV), halte ich für
prinzipiell sehr interessant.
LYV ist im Prinzip ein Ticket-Verteiber und
Live-Event-Veranstalter (hauptsächlich Musik/Konzerte). Hier geht bei dem einen
oder anderen Leser vielleicht ein Alarm ab, weil die doch so böse sind. Eine
ZDF-Doku (Youtube)
aus dem September 2015 fasst die Negativ-Stimmung gegen Eventim,
dem deutschen LYV-Pendant, zusammen.
Einen etwas kritischen Blick auf LYV als Aktien-Investment bekommen wir via Glenn Chan’s Random Notes on Investing, dafür aber auch eine gute Branchen-Beschreibung:
Einen etwas kritischen Blick auf LYV als Aktien-Investment bekommen wir via Glenn Chan’s Random Notes on Investing, dafür aber auch eine gute Branchen-Beschreibung:
Meine Gedanken dazu gehen in etwa in diese
Richtung: Veranstalter/Ticketvertreiber schirmen die Künstler vor negativer
Presse ab, weil das zum Geschäftsmodell gehört. Entgegen der auf der Bühne oder
in Interviews vertretenen Meinung der Künstler, dass der Eintritt (nicht nur
Tickets, sondern auch der Vertrieb und das sonstige Drumherum) günstig sein
sollen, haben diese sehr wohl ein ökonomisches Interesse daran, dass die Fans
etwas tiefer ins Börserl greifen (vor allem, wenn der Gewinn mit den Künstlern geteilt wird, was oft der Fall ist). Dieser Konflikt - ökonomisches Interesse vs.
Image nach außen für Künstler – wird von Unternehmen wie LYV oder Eventim aufgelöst
und erklärt, zumindest zum Teil, die hohen Gewinne. Dafür müssen diese
Unternehmen ständig mit negativer Presse rechnen, die sonst auf die Künstler
treffen würde – ein wertvoller Service in einem Geschäft, in dem Schein deutlich
wichtiger ist als Sein.
Wie auch immer, bei der Bewertung von LYV, bzw. der
anderen Beteiligungen bin ich mir etwas unsicher (der Kurs von LYV ist in
letzter Zeit deutlich gefallen - aber was nicht?), dennoch gehe ich davon aus,
dass der faire Wert deutlich über Null liegt. In obiger Präsentation wurde der
NAV der Liberty Media Group mit ca. USD 2 Mrd. angegeben (wie gesagt mit
höherem LYV-Kurs).
Zusammenfassend möchte ich hier festhalten, dass
man mit dem Kauf einer Liberty Media Aktie (vor allem wenn der Plan den
Bewertungsunterschied aufzulösen aufgeht) eine günstige Gelegenheit hat, in
Sirius XM zu investieren, da man die anderen Beteiligungen als Draufgabe
erhält. Berkshire Hathaway hält übrigens ebenfalls Anteile, auch wenn das vermutlich keine Buffett-Investition ist, sondern eine seiner beiden Nachfolge-Investoren.
Sirius XM
Canada
Da der erste Teil schon recht lang war, und ich eh
noch einen Sirius-Artikel posten möchte nur ganz kurz: Sirius XM hält eine At-Equity-Beteiligung
an Sirius XM Canada, die wiederum selbst an der Börse in Toronto notiert und
ein ähnliches Geschäftsmodell betreibt. Die Aktie ist seit einiger Zeit im
freien Fall, zusätzlich ist der kanadische Dollar recht schwach („Rohstoff-Land“).
Inzwischen hat der Kurs aber ein Niveau erreicht das ich als günstig
einschätze. Nachkäufe sind durchaus geplant, vor allem wenn es noch tiefer
gehen sollte.
Investor Relations:
Hi Tom.
AntwortenLöschenDanke für deinen Ausführungen.
Ich bin LiveNation Aktionär und habe vor kurzem zugekauft. Was mich dazu bewogen hat war natürlich Malone an Board.
Ausage (von Rapino)
"More than 50% of our business is outside of the US and has been for a while. We have a really, really huge advantage. Most people can’t think about entering emerging markets like we can. I mean we entered Russia last month. I can move into a market, I don’t have to build a factory. I have no regulations, there’s no media, not like NBC can’t move in Russia because the local — so I have no regulations in those markets. I have no factory to build. And I got a product that I don’t even have to market because Russia knows who Lady Gaga is."
Ich empfehle zum Malone-Universum die Post des PunchCard- Blogs:
https://punchcardblog.wordpress.com/2015/03/05/live-nation-entertainment-an-unregulated-monopoly/
https://punchcardblog.wordpress.com/2015/04/10/sirius-xm-holdings-the-subscription-media-business/
Danke Alex, werde ich lesen
LöschenTom
Servus Alex,
Löschennoch einmal danke für die Links. Der Sirius-Artikel deckt sich stark mit meinen Ansichten, und ich konnte sogar noch etwas Neues mitnehmen. Ich habe mir speziell den LYV-Artikel mehrmals durchgelesen und mir darauf hin die Bilanzen etc. noch einmal genauer angesehen. LYV könnte tatsächlich ein hoch-interessantes Investment werden, besser als ich ursprünglich angenommen habe. Manchmal ist es unglaublich wie extrem der Unterschied zwischen den buchhalterischen und den ökonomischen Gewinnen sein kann (ich bin noch nicht durch, aber die Cash Flows sprechen eine deutliche Sprache; ich bin echt heilfroh, dass Buffett sein Owner Earnings Konzept einfach so zur Verfügung gestellt hat).
Das spricht natürlich noch stärker für ein Investment in Liberty Media (oder direkt in LYV, allerdings bekommt man über Liberty in dem Fall ja Sirius XM und LYV mit Abschlag ;-)
Tom
Sehr interessanter Artikel, Tom.
AntwortenLöschenWarum oftmals Holdings auch niedriger bewertet werden als die Summe ihrer Teile können teils üppige Holding-Kosten und fragwürdige Geschäfte mit assoziierten Unternehmen des Haupteigentümers sein. Wie sieht das hier aus?
Servus Daniel,
LöschenHolding-Kosten: mit Malone im Hintergrund ist das glaube ich kein Thema (ich empfehle dir wirklich das im Artikel erwähnte Buch/Kapitel zu lesen, oder dich im Netz zu informieren - wobei ich jetzt keine Quelle angeben kann).
Assoziierte Unternehmen: das halte ich für möglich aber unwahrscheinlich, auch wenn die Konzernstruktur sehr komplex ist. Wenn man sich mit der Geschichte von Malone beschäftigt, stellt man irgendwann fest (zumindest ging es mir so), dass diese Komplexität immer Teil von Malones Strategie war (nicht zuletzt um die Steuern zu minimieren). Auch in jenen Situationen, die kompliziert ausgesehen haben und viele Investoren kalte Füße bekommen haben: jene die Malone vertraut haben und dabei geblieben sind, sind letztlich sehr gut ausgestiegen. Malone hat seine Aktionäre eigentlich immer gleich behandelt wie sich selbst, was gerade im Mediengeschäft nicht selbstverständlich ist.
Auch wenn das vielleicht nicht für alle eine befriedigende Antwort ist: nach so vielen Jahrzehnten, die Malones Integrität gegenüber anderen Aktionären belegen, denke ich es ist gerechtfertigt ihm einfach zu vertrauen ;-)
Tom
Doch, doch. Ein langer track record, der Integrität belegt, ist ein wichtiger Aspekt, den man sehr stark mit einfließen lassen kann.
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