Heute eine wirklich spezielle
Investmentmöglichkeit, die man problemlos auch als Spekulation bezeichnen kann.
Es handelt sich um eine Alles-oder-Nichts-Wette. Das hier geschriebene soll
meinen aktuellen Erkenntnisstand zusammenfassen.
Aufmerksam geworden bin ich auf Fannie
und Freddie, weil Bruce Berkowitz große Positionen in beiden aufgebaut hat.
Berkowitz hat immer ein sehr konzentriertes Portfolio, die Positionen darin sind
dafür gut begründet. Außerdem gefällt mir sein Motto: Ignore the Crowd. Er hat wieder eine entsprechende Case Study veröffentlicht
und die Namensgebung lässt darauf schließen, dass da noch mehr kommt. Auf CNBC
ist auch ein Interview
erschienen, in dem er auf diese Investments eingeht. Ein wenig Information hält
auch sein letzter Bericht vom
Mai 2013 (Seite 6 im FAIRX-PDF) bereit.
Da ich mich mit diesen Unternehmen
noch nie beschäftigt habe, wusste ich vorher auch nicht sehr viel über sie.
Wenn es Ihnen ähnlich geht, empfehle ich entweder die Einträge auf Wikipedia
(die englischen sind wesentlich informationsreicher als die deutschen) oder die
Beschreibung der Geschäftstätigkeit in den 10-K Annual Reports der Unternehmen
(Investor
Relations Fannie) durchzulesen und erst danach den obigen Links zu folgen. Einen
kleinen Beitrag können hoffentlich auch die folgenden Zeilen leisten.
Hintergrund
Die Federal National Mortgage
Association (bekannt als Fannie Mae) und die Federal Home Loan Mortgage
Corporation (Freddie Mac) sind staatlich geförderte US-amerikanische
Hypothekenbanken (GSE – government-sponsored enterprise) deren Aufgabe nicht
darin besteht Hypothekenkredite zu vergeben, sondern darin, ebensolche Kredite
von anderen Banken aufzukaufen um den Sekundärmarkt für Hypothekenkredite
liquide zu halten.
Finanziert werden diese Tätigkeiten
dadurch dass die beiden Anleihen begeben, die aufgrund der Staatsnähe gute
Bonitätsbewertungen bekommen. Lange hat dieses Geschäftsmodell sehr gut
funktioniert, wobei der staatliche Beistand als beträchtlicher
Wettbewerbsvorteil bezeichnet werden kann. Freddie Mac wurde im Jahr 1968 gegründet,
um ein Monopol der im selben Jahr privatisierten Fannie Mae zu verhindern,
worauf gewinnträchtige Jahre des Duopols folgten.
Und so lebten sie glücklich und
zufrieden bis ans Ender ihrer Tage.
Oder zumindest bis eine Nadel
namens Lehman sie in den Dornröschenschlaf versetzte.
Conservatorship
Ihrer Hauptaufgabe sind sie ab
2008 wieder verstärkt nachgekommen, nachdem sie in den Vorjahren aufgrund des
Immobilienbooms Marktanteile verloren haben (siehe obige Case Study, part one
S. 4 und S. 5). Ohne Staatshilfe wäre das nicht möglich gewesen. 2008 wurden
sowohl Fannie Mae als auch Freddie Mac unter die Kontrolle der Federal Housing Finance
Agency (FHFA) gestellt in der sie sich nach wie vor befinden.
Zusammengefasste Bilanz Fannie
Mae (anklicken zum Vergrößern)
In weiterer Folge beziehe ich mich
in erster Linie auf Fannie Mae, da ich mich mit Freddie Mac weniger
auseinandergesetzt habe. Ich traue mich aber zu sagen, dass die Situation bei
Freddie Mac eine ähnliche ist.
Die Aktien, sowohl die Stämme als
auch die Vorzüge, befinden sich zum Großteil in Staatsbesitz. Die Restbestände
(immer noch relativ viele) wurden 2010 von der New Yorker Börse genommen und
werden nur noch OTC (Wikipedia)
gehandelt. Die FHFA hat die Verantwortung übernommen und das Unternehmen neu
aufgestellt. Das und der Prinz in Form der Erholung des US-Immobilienmarktes bescheren
Fannie nun Gewinne und lassen sie langsam wieder erwachen.
So weit, so gut. Doch wie ist die
Situation für die Aktionäre? Dafür müssen wir Einblick in die Gewinnverteilung
und die Eigenkapitalstruktur nehmen.
EK und Gewinnverteilung (anklicken
zum Vergrößern)
Seit Ausbruch der Krise hat Fannie
USD 117 Mrd. vom Staat bekommen (Senior Preferred Stock). Sämtliche Dividenden
die seither ausgezahlt wurden gingen an die Senior Preferreds. In Summe bisher
immerhin USD 95 Mrd. - Fannie hat die Staatshilfe also bald zurückbezahlt.
Theoretisch.
Seit heuer ist Fannie dazu
verpflichtet praktisch alle Gewinne als Dividende an die Senior Preferreds
auszuzahlen. Bisher wurden diese lediglich mit 10% des Nominalwerts verzinst.
Das bedeutet nichts anderes als dass für die Junior Preferreds und die
Stammaktie nichts übrigbleiben kann. Die Senior Preferreds haben kein
Laufzeitende. Es kann auch kein Kapital aufgebaut werden, um die Senior
Preferreds irgendwann auszukaufen – die Zahlungen haben tatsächlich
Dividendencharakter, es sind keine Tilgungen. Außerdem ist eine Tilgung laut
Vertrag auch nicht erlaubt. Alle Rechte liegen komplett beim Staat. Also sind
die normalen Vorzüge und die Stammaktie praktisch wertlos. Keiner weiß so recht
wie es weitergeht.
Präsident Obama will die Institute
über die nächsten Jahre abwickeln und den Markt mit Hilfe der noch zu
gründenden non-governement und not-for-profit National Mortgage Market Utility
(NMMU) komplett neu aufbauen. Und er ist nicht der einzige Politiker der das
will. Ein Auszug aus dem PATH Act 2013, der das Thema behandelt:
…, the reforms contained with the Protecting
American Taxpayers and Homeowners (PATH) Act of 2013 are focused on:
- Ending the Costly Fannie and Freddie Bailout;
- Right-Sizing the FHA and Clearly Defining its Mission;
- Implementing Market Reforms to Increase Mortgage Competition, Enhance
- Transparency, and Maximize Consumer Choice; and
- Breaking Down Barriers for Private Investment Capital.
Die Wette
Jetzt kommen Berkowitz und einige
andere Hedgefonds daher und kaufen sich ein. Kompletter Wahnsinn?
- Berkowitz‘ Argumentation geht in die Richtung, dass der Markt ohne Fannie und Freddie nicht funktioniert, weil sie zu wichtig/groß/relevant für den Markt sind. Außerdem war das was sie seit 2008 gemacht haben ja genau das wofür sie da sind – den Hypothekenmarkt liquide halten, auch wenn sie dabei Verluste machen und kein anderer das machen will. Wie er sich ausdrückt: ‚Mission impossible: accomplished!‘ Jemand mit funktionierendem Verstand kann die nicht liquidieren. Siehe verlinktes CNN-Interview oben. Die finale Entscheidung wird die Politik treffen.
- Eine andere Herangehensweise ist die von Perry Capital: klagen. Der Grund: ganz einfach der, dass wenn der Staat mit hohem Gewinn ausgestiegen ist, was voraussichtlich nächstes, spätestens übernächstes Jahr der Fall sein wird, es keinen Grund mehr gibt, das Unternehmen weiter in Staatsbesitz zu halten und überproportional hohe Dividenden einzuheimsen. Diese Vorgehensweise verstößt immerhin gegen bestehende Verträge, und nichts anderes sind Vorzugsaktien. Sie fühlen sich betrogen, sprich: Enteignung im kapitalistischen Amerika. Die finale Entscheidung wird ein Gericht treffen.
Die im Interview eingeblendete
Serie S der Fannie Junior Preferreds (bzw. deren Kursverlauf) hat einen
Par-Wert von USD 25. Kurs heute USD 5,65. Sollten die beiden tatsächlich wieder
privatisiert, und nicht abgewickelt werden, ist der mögliche Gewinn groß. Wenn wir
den Kurs ins Verhältnis zum Par-Wert setzen, können wir die Wahrscheinlichkeit
dafür mit ca. 23% annehmen – 77% Wahrscheinlichkeit dass die Aktien wirklich
wertlos sind.
Ich hoffe, der zweite Teil der
Berkowitz Case Study lässt nicht allzu lange auf sich warten.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen