Ich nehme meine Idee zur Klöckner & Co hiermit mehr oder weniger zurück. Diese Idee beruhte
im Wesentlichen darauf, dass Klöckner mit Hilfe der Digitalisierung des
Geschäftsmodells zu einem besseren Unternehmen werden könnte (und momentan
deutlich unter Buchwert zu haben ist). Für möglich halte ich das zwar immer
noch, aber die Wahrscheinlichkeit kann ich überhaupt nicht abschätzen. Inzwischen
bin ich zu ein paar Einsichten gelangt, die den Erfolg dieses Wandels sogar
kräftig in Frage stellen. Aus meinem Klöckner Post:
Reliance und Ryerson sind
unabhängig und betreiben auch ein ähnliches Geschäftsmodell wie Klöckner. Reliance ist offenbar der einzige von den
drei unabhängigen, der halbwegs gut durch das aktuell schwierige
Geschäftsklima steuert. Allerdings konnte ich noch nicht herausfinden, an was
das genau liegt, wo die einen möglichen Wettbewerbsvorteil haben – die Digitalisierung scheint es nicht zu
sein.
Im letzten Update
habe ich dann geschrieben, dass ich nicht so viel Zeit mit Klöckner hätte
verschwenden sollen. Inzwischen sehe ich das etwas anders, da ich, wenn ich
mich nicht mit Klöckner beschäftigt hätte, nie auf Reliance gestoßen wäre.
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Quelle: Geschäftsberichte
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Reliance ist zwar hauptsächlich in
Nordamerika tätig, aber das ist nicht der Grund für diese klar überlegene Performance,
denn die Klöckner Margen in Amerika unterscheiden sich nicht wesentlich von den
Konzernmargen, die oben abgebildet sind. Außerdem, und das ist bemerkenswert,
liegen die Margen von Reliance seit ihrem eigenen Börsengang 1994 über dem
Durchschnitt der Branche in den USA. Jedes einzelne Jahr – und für diese
Branche sogar relativ deutlich (RS OMs = Reliance, Service Center OMs =
relevante Peer Group).
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Quelle: Investor Relations Reliance
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Ich werde mich hier auf den
Verlgeich Reliance – Klöckner konzentrieren, weil ich mich mit diesen beiden Unternehmen
intensiver beschäftigt habe. Es gibt jedoch eine Unmenge an Konkurrenten, die
nicht unbedingt börsennotiert sind.
Markt & Wettbewerbsvorteil
Reliance macht dasselbe wie Klöckner
(im Englischen eben metals service center).
Sie agieren als Bindeglied zwischen Stahlerzeugung und Stahlverbrauch, wobei
neben dem reinen Handel auch spezielle Anarbeitungs-Dienstleistungen durchgeführt
werden. Die Kunden sind zumeist klein- und mittelgroße Betriebe. Im Endeffekt
handelt es sich hier um eine spezielle Nische, weil diese Endkunden zu klein
sind,
- um bei den großen Stahlwerken zu
bestellen,
- und es sich für diese nicht rentiert, das
spezialisierte Anarbeitungsequipment anzuschaffen.
Dieser Markt ist extrem
fragmentiert. Um mich in diesem Post auf die USA zu konzentrieren: Reliance ist
inzwischen die größte Service-Center-Gruppe mit einem Marktanteil von gerade
einmal 4,4%.
Bruce Greenwald würde hier
wahrscheinlich stoppen, weil es keine dauerhaften Wettbewerbsvorteile geben
kann (zumindest nicht nach seinen Kriterien – konstant hoher Marktanteil,
stabile Margen, Anteil der Fixkosten an den Gesamtkosten hoch – bei allen drei
Kriterien trifft eigentlich das Gegenteil zu). Wie erklären sich also die
überlegenen Ergebnisse von Reliance gegenüber der Konkurrenz? Die Margen sind
immer über Branchenschnitt und, dabei selbst in Krisenjahren wie 2001-2003 und
2009 positiv – wenn auch mit dem Konjunkturzyklus schwankend. Um bei Greenwald
zu bleiben, es gibt dafür nur drei mögliche Erklärungen:
- Effizienz,
- Effizienz oder
- Effizienz.
Egal, welcher der drei Punkte es
ist, es läuft auf eines hinaus: gutes Management. Und hier unterscheidet sich
Reliance eindeutig von Klöckner, und wahrscheinlich auch von den meisten
anderen Konkurrenten. Ich möchte das anhand der folgenden Punkte erläutern.
Zentrale gegen dezentrale
Organisation
Darüber hinaus arbeiten wir mit Hochdruck an der weiteren
Implementierung unseres Optimierungsprogramms KCO WIN. Wesentliches Ziel des
Programms ist es, die für unsere Produkte und Dienstleistungen am Markt erzielbaren Margen durch eine optimierte
Preisgestaltung noch konsequenter zu realisieren. Dafür werden wir die für
die Festsetzung unserer Angebotspreise relevanten Daten zunehmend softwaregestützt ermitteln und auswerten.
Gisbert Rühl,
Vorstandsvorsitzender Klöckner, Geschäftsbericht 2014
We compete with other companies on
price, service, quality and availability of products. We maintain relationships
with our major suppliers at the executive and local levels and a decentralized operational structure. We
believe that this division of responsibility has increased our ability to obtain competitive prices of metals and to
provide more responsive service to our customers.
Reliance Steel & Aluminium
Co., Geschäftsbericht (10-K) 2014
Ich
glaube, dass das einer der Hauptunterschiede zwischen den beiden Unternehmen
ist. Klöckner ist relativ zentral organisiert. Der Witz an der ganzen
Digitalisierungsstrategie ist aber, dass das ein noch viel stärkerer Schritt in
Richtung Zentralisierung ist – zumindest so wie ich das verstehe.
Im
Gegensatz dazu ist Reliance – eines der wenigen wirklich profitablen
Unternehmen in dieser Branche – extrem dezentral organisiert. Die
Tagesgeschäfte werden von den lokal verantwortlichen Leuten ausgeführt, die
dann best-practice-Methoden untereinander diskutieren. Entsprechend ist auch
die Entlohnung an einen Mix aus Bruttogewinn (-Marge), Vorsteuergewinn (-Marge)
und Eigenkapitalrendite gekoppelt. Bei
Klöckner zählt das EBITDA (vor Restrukturierungsmaßnahmen).
Out in the field, our guys, they
don't focus on moving tons. It's not part of what we do. They focus on their pretax profit earnings and gross profit, and taking
care of customers. They really don't discuss how many tons are we moving
out here.
Jim
Hoffman, SVP Operations, Reliance Steel & Aluminium, Q2 2015 earnings
conference call
Fokus
auf Wiederbeschaffungskosten
Wir veräußern den überwiegenden Teil
unserer Produkte zu den jeweils am Markt herrschenden Tages-/Spotpreisen.
Aufgrund einer Zeitspanne von bis zu einigen Monaten zwischen der
Preisfixierung im Einkauf und der Rechnungsstellung für unsere Verkäufe unterliegen
wir permanent einem Bestands- und Bewertungsrisiko. Zu hohe Bestandspreise können die laufende Ergebnislage negativ
beeinflussen (negativer Windfall-Effekt).
Klöckner,
Geschäftsbericht 2014
Our last-in, first-out (‘‘LIFO’’) method inventory valuation reserve
adjustment, which is included in cost of
sales and, in effect, reflects cost of sales at current replacement costs,
resulted in a charge, or expense, of $54.5 million in 2014 compared to a
credit, or income, of $50.2 million in 2013.…Our inventories are primarily stated on the last-in, first-out
(‘‘LIFO’’) method, which is not in excess of market. We use the LIFO method of
inventory valuation because it results in a better matching of costs and revenues.
Reliance
Steel & Aluminium, Annual Report (10-K) 2014
Anmerkung:
Klöckner
berichtet unter IFRS: keine Wahl, FIFO ist vorgeschrieben
Wenn die
Vorräte in den Bilanzen annähernd gleich groß sind wie das Eigenkapital, muss
man sich überlegen, wie man mit den teilweise heftigen Preisschwankungen der
Metalle umgeht. Reliance fokussiert sich auf die Wiederbeschaffungskosten. Das
macht in meinen Augen durchaus Sinn. Die Warenbestände werden ähnlich behandelt
wie langfristige Anlagen: man muss ein gewisses Lager haben, um das Geschäft überhaupt
betreiben zu können. Wird nun z.B. ein Coil (bearbeitet und) verkauft, richtet
man sich beim Angebot nach den Wiederbeschaffungskosten, da man mit dem
eingenommenen Geld, das Lager zu ebendiesen Kosten wieder auffüllen muss.
Unabhängig davon, was man für diesen speziellen Coil bezahlt hat. Metalle
verderben nicht, wenn man sie stehen lässt. Eines das ich vor zwei Monaten
gekauft habe, ist noch genauso gut wie eines, das ich heute geliefert bekomme.
LIFO ist
die Vorrats-Bewertungsmethode, die Sinn macht.
Bei
Klöckner ist dazu nicht besonders viel zu finden. Obiges Zitat macht Sinn, weil
man berichtstechnisch unter IFRS sowieso dazu gezwungen ist die Einkaufspreise
zu verwenden. Die Frage ist: orientiert sich Klöckner beim Verkauf an den
Wiederbeschaffungspreisen - unabhängig von der Berichterstattung - oder an den
Einkaufspreisen?
Die
Antwort auf diese Frage ist extrem wichtig! Das ist nicht nur ein Unterschied
in der Bilanzierung den man einfach herausrechnen muss, wie einem die vielen
Bilanz-Lesen-Erklärungs-Kurse im Internet oder besonders gescheite Bücher
weißmachen wollen. Vor allem nicht in dieser Branche, wo die Vorräte so hoch
sind, und nicht dann, wenn man das FIFO-Prinzip verwendet, und dieses
potenziell das Verhalten der Verkäufer beeinflusst.
Ein einfaches
(konstruiertes) Beispiel:
Nehmen
wir eine 20% Marge auf den Spotpreis an (nicht unrealistisch laut den GuVs von
Klöckner und Reliance – inkl. Anarbeitung). Einkauf 1.000. 3 Monate später ist
der Spotpreis bei 1.100 bzw. bei 900 (10% höher bzw. tiefer). Nehmen wir an,
die 20% Bruttomarge ist vorgeschrieben, sonst soll der Verkäufer das Geschäft
nicht machen.
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Fall 1:
Preis steigt
Der LIFO
Verkäufer verlangt ebenso wie der FIFO Verkäufer erst mal 1.375. Das ergibt
eine Bruttomarge von 27,3% (FIFO) bzw. 20% (LIFO). Damit wären beide zufrieden.
Nehmen wir an, der Kunde verlangt 5% Rabatt. Der Verkaufspreis wäre dann 1.375*0,95
= 1.306. Die FIFO-Marge ist 23,4%. Die LIFO-Marge nur noch 15,8%.
Nach
LIFO wird die Margenvorgabe nicht erfüllt, also geht der LIFO-Verkäufer den
Deal nicht ein. Und jetzt kommen wir zum interessanten Teil, der grün
eingekringelt ist: unter FIFO hingegen wird die Marge von 20% immer noch übererfüllt,
und das Geschäft kann gemacht werden. Der FIFO-Verkäufer befindet sich in einem
Dilemma. Im Zweifel denkt er sich: ich habe eh um 1000 gekauft und gebe den
Rabatt, um den Deal fix zu machen.
Aber auch
wenn nach FIFO berichtet wird – ökonomisch zählt der LIFO-Gewinn. Die
entsprechende Adjustierung (Erhöhung der Kosten um 100 für die
Wiederbeschaffung) zeigt das Dilemma auf. Der 5% Rabatt zerstört die Marge,
auch wenn das unter FIFO nicht ersichtlich ist.
Ist die
Marge nun noch hoch genug, um die Fixkosten zu decken und eine positive
operative Marge zu erzielen? Sind FIFO-Verkäufer anfällig dafür, zu billig zu
verkaufen, besonders in einer Branche die mengengeil ist? Ist es das was
passiert, wenn man die Entlohnung am EBITDA festmacht, anstatt an der Marge
oder an der Kapitalrendite? Und die Preisfrage: Kann man so etwas ändern – von
mir aus mit Hilfe einer Digitalisierungsstrategie?
Fall 2:
Preis sinkt
Hier
beginnt das Dilemma viel früher: unter FIFO, kann eigentlich nie ein Deal
eingegangen werden. Es bleibt gar nichts anderes übrig, als nach
Wiederbeschaffungspreisen zu handeln, sonst verkauft man gar nichts.
Die
Kunst des Verkaufens besteht nicht darin Menge zu machen, sondern darin dies
mit einem Aufschlag auf die Kosten zu tun. Es ist anzumerken, dass der
LIFO-Verkäufer in einer schwierigeren Situation steckt, als der FIFO-Verkäufer:
bei steigenden Preisen werden rundherum viele Rabatte vergeben. Bei sinkenden
Preisen ist die Konkurrenz zumindest nicht teurer. Das bedeutet im
Umkehrschluss, dass jene Verkäufer, die ihre Geschäfte unter LIFO zum Abschluss
bringen, diese Kunst beherrschen. Guter Service schadet dabei sicher nicht.
As I said earlier, I think we've
lost a little bit of tonnage business volume, okay. But from businesses that
very honestly, we just didn't want to
take the business. There's some competitors out there that have too much
inventory, and they're doing whatever it takes to get rid of that inventory. We're
not in that position. So we're choosing to pass on some of that volume. But as
far as market share concern, we think we're building our market share.
Gregg
Mollins, President, COO, Reliance Steel & Aluminium, Q2 2015 earnings
conference call
(Ein
kleiner Einwurf zum Nachdenken: prinzipiell sind die ausgewiesenen
buchhalterischen Gewinne unter FIFO bei steigenden Preisen höher als die
ökonomischen Gewinne. Dies führt, ökonomisch gesehen, zu überhöhten
Steuerzahlungen. Da man allgemein von einem steigenden Preisniveau ausgehen
kann: ist es Zufall, dass FIFO unter IFRS vorgeschrieben wird?
Umgekehrt,
bei sinkenden Preisen sind die buchhalterischen Gewinne unter FIFO niedriger
als die ökonomischen Gewinne. Angesichts der momentan deflationären Tendenzen
ist das natürlich schlecht für die Steuereintreiber.)
Was mir
am Reliance-Management sehr gut gefällt ist, dass der Fokus eben nicht auf der
Menge liegt – eine Krankheit, die im Stahlhandel extrem verbreitet zu sein
scheint (zumindest nach einigen Experten, mit denen ich das Vergnügen hatte
darüber diskutieren zu können) – sondern auf der (LIFO-) Marge. Es sind nicht
die höheren Fixkosten. Es ist wirklich nur die Differenz in der Bruttomarge. Neben
der Tatsache, dass Klöckner mehr Standardgeschäft macht als Reliance glaube ich,
dass der Klöcknervertrieb der oben beschriebenen Rabatt-/Mengenseuche unterliegt.
Da das oben angeführte Zitat zu den Windfall-Effekten das einzige ist, was ich
von Klöckner zu dieser Thematik finden konnte, scheint es mir so, als ob das Klöckner-Management
das Handelsgeschäft nicht versteht. Ich bleibe hier absichtlich im Konjunktiv
weil mir diese Aussage sehr gewagt scheint, und formuliere positiv:
Reliance
beherrscht dieses Geschäft außergewöhnlich gut.
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Quelle: Geschäftsberichte |
Jetzt könnte
man argumentieren, dass diese Margen durch die oben beschriebene
LIFO/FIFO-Problematik verzerrt sind. Also konzentrieren wir uns auf eine
Kennzahl die dadurch nicht tangiert wird, und setzen diese ins Verhältnis zu
den Umsätzen: den Cash Flow aus operativer Tätigkeit nach Working Capital
Anpassungen:
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Quelle: Geschäftsberichte
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Bei
fallenden Preisen sind die CFs eher hoch, weil man durch die niedrigeren
Wiederbeschaffungskosten bilanztechnisch ‚Vorräte abbaut‘ (auch wenn noch
gleich viel Material da liegt). Die realisierten Preise je abgesetzter Tonne sind
bei Klöckner im Schnitt etwas gestiegen, bei Reliance etwas gefallen. Ein Teil
dieser Entwicklung mag im Unterschied im Verkaufsmix liegen, ein Teil in den
unterschiedlichen Währungen in denen bilanziert wird. Das wirklich interessante
sind jedoch die Differenzen in den Bruttomargen und den CFs (jeweils Reliance
minus Klöckner).
Die
Differenz in den CFs ist geringer als in der Bruttomarge, was ziemlich genau auf
den FIFO/LIFO Effekt zurückzuführen ist, der oben lang und breit beschrieben ist.
Nichtsdestotrotz ist die Differenz im Schnitt 4,3% im positiven Bereich.
Klöckner generiert Null Wertschöpfung und wird ansonsten von Preisschwankungen
getrieben, ohne selbst etwas zu bestimmen (bzw. zu können). Diese +4,3% Differenz
sind reale Wertschöpfung von Reliance im Verhältnis zu einem durchschnittlichen
Player wie Klöckner.
Nischen
& Kundenbindung
Forcierter Ausbau höherwertiger
Anarbeitungsdienstleistungen und Produkte
Neben der Digitalisierung ist der weitere
strategische Hebel der Ausbau des Anteils
höherwertiger Anarbeitungsdienstleistungen und Produkte. Im Zuge dessen
werden wir die entsprechenden Investitionen in diesem Jahr um rund 50 %
steigern. Das Marktpotenzial ist groß, da viele unserer Kunden stark vertikal
integriert sind und dabei heute noch Arbeitsschritte abdecken, die wir durch
die Bündelung von Aufträgen effizienter durchführen können. Ein gutes Beispiel
hierfür sind unsere Investitionen in 3DLaser, mit denen wir mehrere
konventionelle Arbeitsschritte unserer Kunden, wie beispielsweise das Bohren,
Sägen oder Schlitzen, zu attraktiven Konditionen und unter einem deutlichen
Zugewinn an Präzision kombinieren können. Erheblich ausbauen werden wir auch
das margenstärkere Geschäft mit höherwertigen Produkten, wie z. B. Aluminium,
das zunehmend von der Automobilindustrie nachgefragt wird.
Insgesamt planen wir, den Umsatzanteil mit
höherwertigen Produkten und Anarbeitungsdienstleistungen bis 2017 weiter von derzeit 34 % auf 45 % auszuweiten.
Bis 2020 wollen wir dann den deutlich überwiegenden Anteil unseres Umsatzes mit
den margenstärkeren Produkten und Dienstleistungen erzielen.
Klöckner,
Geschäftsbericht 2014
We believe our focused growth
strategy of diversifying our products, customers and geographic locations makes
us less vulnerable to regional or industry specific economic volatility and
somewhat lessens the negative impact of volatility experienced in commodity
pricing and cyclicality of our customer end markets, as well as general
economic trends. We also believe that our focus
on servicing customers with small order sizes and quick turnaround, along with
our growth and diversification strategy have been instrumental in our
ability to produce industry-leading operating results among publicly traded
metals service center companies in North America.
Reliance
Steel & Aluminium, Annual Report (10-K) 2014
Das
klingt ähnlich. Klöckner will zu höherwertigen Dienstleistungen hin. Reliance
ist schon dort. Wie will Klöckner dahin?
Maschinen werden untereinander über
Unternehmensgrenzen hinweg in Echtzeit kommunizieren und Geschäftsmodelle
werden durch die Vernetzung von Kunden und Lieferanten entweder in Teilen oder
komplett neu aufgestellt. Dieser Prozess ist in Branchen, die sich wie z. B.
die Medienbranche leichter digitalisieren lassen, schon weit vorangeschritten, während andere – wie die Stahlbranche –
noch erheblich zurückliegen.
Bis heute ist die Lieferkette in unserer
Branche hochgradig ineffizient. Die Kunden bestellen wie vor Jahrzehnten
überwiegend per Telefon und Fax und es
gibt kaum Ansätze eines durchgängig digitalen Order- und Prozessmanagements.
Einzige Neuerung ist die zunehmende Anzahl von Bestellungen per E-Mail, was
aber keine wesentlichen Veränderungen mit sich bringt. Dies führt nicht nur zu
hohen Lagerbeständen und damit zu einer erheblichen Kapitalbindung, sondern
auch zu hohen Prozesskosten. Darüber hinaus erhöhen die Ineffizienzen den Zeitaufwand von der Produktion bis zur Lieferung
an den Kunden, so dass weiteres Ertragspotenzial nicht gehoben wird.…Genauso wie Maschinen über Industrie 4.0
oder das „Internet der Dinge" vernetzt sind, sind dies auch Bauvorhaben
und Lieferanten. Die Vernetzung aller Teilnehmer erfolgt dabei über eine
Industrieplattform, in der nicht nur Stahl- und Metalldistributore, sondern z.
B. auch Lieferanten für C-Material eingebunden sind. Sollte es in unserem
Beispiel zu Nachträgen oder Veränderungen an dem Bauvorhaben mit kurzfristig
veränderten Bedarfen kommen, wird über die Plattform der Lieferant nach
bestimmten Prioritäten wie beispielsweise Lieferdatum oder Preis automatisch
ausgewählt.
Das sieht zum heutigen Zeitpunkt für eine
Branche, die bisher kaum vernetzt ist, wie
ferne Zukunftsmusik aus. Wir erwarten aber, dass die Veränderungsprozesse
über alle Branchen hinweg enorm an Fahrt gewinnen werden. Daher ist es zwingend
erforderlich, dass wir uns schon heute darüber Gedanken machen, wie unser
Geschäftsmodell in fünf Jahren aussehen könnte, um entsprechende Strategien zu
entwickeln und umzusetzen.
Auf dem Weg dorthin sind wir bereits ein
ganzes Stück vorangekommen: So haben wir unseren Webshop, der derzeit zum
umfassenden Kundenportal weiterentwickelt wird, bereits in mehreren
europäischen Ländern erfolgreich implementiert. Auch auf der Beschaffungsseite
sind wir dabei, uns mit weiteren Lieferanten und Produzenten zu vernetzen. Im
Berichtszeitraum konnten wir nach einigen Großhändlern auch bereits einen
namhaften Stahlproduzenten für eine umfassende EDI-Anbindung gewinnen. Aber
auch dies ist nur ein Zwischenschritt. Ähnlich wie auf der Kundenseite werden
wir zukünftig auch hier ein Lieferantenportal einsetzen und damit sukzessive
spezifische EDI-Anbindungen ablösen.
Klöckner,
Geschäftsbericht 2014
…if you can keep your lead times low, your on time delivery intact, and something
that our customers can depend upon, and you
have relationships with your customers, with your outside and inside
salespeople, okay. You can get an extra penny here and there, which is exactly
what happened with the 25.7%. So our people in the field are pretty darn good
at blocking and tackling, and doing the basic fundamentals well.
Gregg
Mollins, President, COO, Reliance Steel & Aluminium, Q2 2015 earnings
conference call
Wie
bekommen wir höherwertiges Geschäft und binden Kunden zusammengefasst:
- Klöckner:
Digitalisierung. Eine Art Amazon oder Ebay des Stahlhandels. Zentralisierung.
- Reliance:
Guter Service. Dezentralisierung.
Das ist
vielleicht der Punkt, über den ich mir am wenigsten klar bin. Tatsache ist,
dass Reliance das Geschäft macht, das Klöckner gerne hätte.
- Bietet
die Digitalisierung die Chance dazu? Ist das eine Gefahr für Reliance?
- Kann
Reliance zur Not auch selbst eine Onlineplattform einrichten? Oder ist es dann
zu spät?
- Angesichts
der weiter oben dargestellten Performance scheint die Digitalisierung für
Klöckner auf jeden Fall eine der wenigen Chancen zu sein, sich irgendwie zum Positiven
zu verändern. Alles andere hat bisher nicht funktioniert.
- Erkennt
das Klöckner-Management die oben beschriebene Problematik des Mengen-Wahnsinns und
programmiert die Software entsprechend?
- Die
ebenfalls amerikanische Ryerson, mit ähnlich schlechten Resultaten wie
Klöckner, versucht das mit der Digitalisierung übrigens auch.
Ich wäre
dankbar für eure Meinungen im Kommentarteil.
Wachstum
– Akquisitionen
Den Ausbau unseres höhermargigen Geschäfts
wollen wir sowohl über internes als auch über externes Wachstum erreichen.
Daher planen wir neben der deutlichen Erhöhung der Investitionen in diesem
Bereich – nach der erfolgreichen Übernahme von Riedo im Berichtszeitraum – weitere Akquisitionen von Unternehmen mit
einem umfangreichen Angebot an höherwertigen Produkten und
Anarbeitungsdienstleistungen. Darüber hinaus sind auch Beteiligungen an
Start-up-Unternehmen zur Forcierung unserer Digitalisierungsstrategie
vorgesehen.
Klöckner,
Geschäftsbericht 2014
According to IBISWorld Inc., the
number of metal wholesale centers in the United States decreased from approximately
11,000 locations operated by 8,300 companies in 2002 to approximately 10,600
locations operated by more than 7,500 companies in 2014. This consolidation trend continues to create
opportunities for us to expand by making acquisitions.
Reliance
Steel & Aluminium, Annual Report (10-K) 2014
Reliance’s primary business strategy
is to increase our operating results through the expansion of our existing
operations, at the same time penetrating new markets through strategic
acquisitions. We pursue businesses that will increase our customer base, product
breadth, and geographic presence. Reliance
Steel & Aluminum Co. is known in the metals service center industry as the
“Acquirer of Choice”.
Quelle: Investor Relations
Reliance
Acquirer
of Choice: wie weiter oben vielleicht rauskommt, ist
das Management von Reliance in meinen Augen vertrauenswürdig. Und offenbar sehe
nicht nur ich das so. Wenn ein Besitzer eines kleinen Service Centers
beschließt zu verkaufen: an wen verkauft er wohl am liebsten?
Da es aufgrund des Konsolidierungstrends
viele Akquisitionsmöglichkeiten gibt, ist Reliance eher in der Lage, sich die
besten Gelegenheiten auszusuchen. Das wiederum bedeutet, dass Reliance seinen
Free Cash Flow für interessante Übernahmen einsetzen kann, was wiederum einen
guten Teil der erfolgreichen Akquisitionsstrategie in der Vergangenheit erklärt.
Was dabei herauskommt ist ein
Compounding-Effekt in einer an und für sich stagnierenden Branche, die noch
dazu stark konjunkturabhängig ist.
Die Akquisitionskriterien von
Reliance (bei Klöckner konnte ich außer dem oben zitierten nichts Wesentliches
finden):
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Quelle: Investor Relations
Reliance
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Zusammenfassung
Der Punkt den ich in diesem langen
Post machen will ist der: es gibt keinen offensichtlichen Wettbewerbsvorteil,
so wie Bruce Greenwald ihn gerne hat. Es sind viele kleine Dinge. In
Wirklichkeit ist es eine extrem effiziente Unternehmenskultur,
die schwer zu kopieren ist – zumindest in dieser Größenordnung. In einer
Branche, die keine Greenwald’schen Wettbewerbsvorteile zulässt, ist das das
einzige was zählt. Und so paradox das auch klingen mag, das stellt einen Wettbewerbsvorteil
dar. (Siehe Admiral,
das als KFZ-Versicherer auch nur von seiner außergewöhnlichen
Unternehmenskultur lebt).
Da ein
Thema wie Unternehmenskultur nur schwer greifbar ist, habe ich auf die vielen
angeführten Zitate zurückgegriffen, um das etwas rüber zu bringen. Ich wollte ursprünglich
ein ausgewogenes Verhältnis von Klöckner- zu Reliance-Zitaten bringen, aber
offensichtlich hat das Klöckner-Management den Aktionären zu den angesprochenen
Themen nicht viel zu sagen. Auch das sagt viel aus. Wenn man durch die
Reliance-Unterlagen geht, hat man das Gefühl man lernt was über das Geschäft.
Das ist bei Klöckner überhaupt nicht der Fall.
Ich habe eine kleine (Anfangs-) Position
in Reliance Steel & Aluminium Co. aufgebaut. Das KGV beträgt momentan ca. 11
(das kann sich schnell ändern, da die Gewinne volatil sind, ebenso wie der
Kurs; außerdem darf man vorerst wohl nicht mit steigenden Stahlpreisen rechnen),
die Dividendenrendite beträgt ca. 2,6%. Auf lange Sicht halte ich den Kurs für
nicht zu teuer. Eventuelle Kursrückgänge werde ich für Nachkäufe nutzen.
P.S.:
Wikifolio:
enttäuschend aber wahr: Reliance ist über Wikifolio nicht handelbar. Damit
vergrößert sich der Unterschied zwischen meinem Portfolio und dem Wikifolio
weiter.