9. März 2017

Update – Admiral Group


Admiral hat die Ergebnisse für das Jahr 2016 veröffentlicht (hier findet sich ein Transkript der dazugehörigen Analysten-Konferenz, die Folien dazu finden sich unter dem ersten Link). Da Admiral im deutschsprachigen Raum von beinahe niemandem verfolgt wird, und die Ergebnisse auf den ersten Blick enttäuschen, habe ich mich kurzerhand dazu entschlossen, diese hier kurz zu behandeln. Vor allem, weil der 2016er Gewinn deutlich niedriger ausfiel, als der 2015er Gewinn.

Der Grund, warum der Gewinn um so viel niedriger ausfiel und die Präsentation der Ergebnisse um eine Woche verschoben wurde, ist eine Änderung in der sogenannten Ogden discount rate, eine regulatorische Sache.

Die Ogden rate wird, vereinfacht ausgedrückt, in der Formel verwendet, mit der die Summe berechnet wird, die Opfern mit körperlichen Verletzungen nach einem Unfall zusteht. Die Ogden rate wurde von 2,5% auf -0,75% heruntergesetzt. D.h., dass die englischen Versicherer den Unfallopfern mehr zahlen müssen, was aber in den Prämien der aktuellen Verträge nicht berücksichtigt ist. Die anzunehmenden Auszahlungen für Schadensfälle sind höher zu bewerten, und werden auch zu höheren Auszahlungen führen, als das momentan in den Bilanzen der Versicherungen abgebildet ist.

Admiral schätzt den Gesamtschaden für sich selbst aus dieser Situation auf ca. GBP 330 Mio., wobei ein Teil davon (etwas über GBP 100 Mio.) nachträglich ins letzte Jahr gebucht wurde (deswegen die Verschiebung der Ergebnis-Präsentation), der Rest wird über die nächsten Jahre durch geringere Rückstellungs-Auflösungen und geringere Profit-Commissions ins Ergebnis fließen.

Die Sache betrifft alle englischen Versicherer und ist nichts Admiral-spezifisches. Einige Vertreter der Branche bezeichneten die Entscheidung gar als „crazy“ – die durchschnittliche jährliche Erhöhung der KfZ-Versicherungsprämie für Endkunden wird auf bis zu GBP 100 geschätzt. Eine klassische loose-loose-Situation, außer wenn man zufällig gerade einen Auto-Unfall hat.

Admiral hat inzwischen reagiert und die Preise für die eigenen Produkte angehoben um diese erhöhten Kosten zu berücksichtigen. Andere Versicherer waren nicht so schnell und haben die Preise noch nicht angehoben, weshalb Admiral laut Aussagen aus obig verlinktem Transkript in den ersten Wochen des 2017er-Jahres langsamer wächst als in 2016 (Kundenanzahl). Da der britische KfZ-Versicherungsmarkt allerdings mit einer Combined Ratio von über 100% operiert, und dieser Ogden-Vorfall die Markt-Combined Ratio nach Admiral-Schätzung voraussichtlich auf bis zu 119% hinaufdrücken kann (falls die Preise nicht erhöht werden), sind früher oder später auch Preiserhöhungen der Konkurrenz zu erwarten, zumindest wenn sie rational agieren.

Falls die Ogden-Rate mal wieder hinaufgesetzt werden sollte, würde ein umgekehrter Effekt (Gewinn) eintreten: Admiral schätzt eine Änderung auf 0% würde einen Gewinn von nicht ganz GBP 70 Mio. bedeuten, eine weitere Senkung würde natürlich einen erneuten Verlust bedeuten.

Meines Wissens liegt die Entscheidung über die Festsetzung der Ogden discount rate zwar beim Staat, muss sich dabei aber an der Verzinsung von englischen Staatsanleihen orientieren.

Ansonsten waren die Ergebnisse sehr gut, aber das könnt ihr euch anhand der Links im ersten Absatz auch selber zusammenreimen. Für mich am wichtigsten: die langfristig starke Wettbewerbssituation von Admiral wird dadurch nicht beeinträchtigt, auch wenn der kurzfristige Schaden mehr als ärgerlich ist.

Ich bleibe weiterhin investiert.

1. März 2017

Links & mehr

What is your edge?

Laut John Huber gibt es prinzipiell 3 Möglichkeiten, sich gegenüber dem "Markt" einen Wettbewerbsvorteil  zu sichern:

  1. Information
  2. Analyse
  3. Zeithorizont

Ich persönlich setze, denke ich, meistens auf Punkt 3. Möglichkeit 1 ist für einen kleinen Blogger nicht zu erreichen. Möglichkeit 2, wenn überhaupt, fast ausschließlich bei Small-Caps. Auch wenn es Ausnahmen geben mag - ich denke z.B. an Liberty Sirius (gekauft vor dem Split in 3 Tracking Stocks) oder LiLAC. Allerdings spielt auch in diesen beiden Fällen Möglichkeit 3 eine gewichtige Rolle. 

Übrig bleibt, in Wahrheit, eben nur Möglichkeit 3. Und ich glaube, dass das auch das ist, auf das ich meistens gehe - mit all den Fehlern die ich dabei mache. Link zu Base Hit Investing.


The great unbundling

Ich mag die Artikel von Ben Thompson. Sie besprechen keine direkten Investment-Möglichkeiten, sondern behandeln entweder 
  • Geschäfts-Strategien, die Tech-Unternehmen einsetzen oder 
  • die großen, wirklich fundamentalen Verschiebungen in der Struktur einzelner Branchen. 

Auch wenn sich manchmal etwas wiederholt, und ich auch mit der einen oder anderen These nicht übereinstimme (oder nicht kapiere), interessant ist es immer.

Diesmal geht es um "Unbundling". Etwas, das einige meiner Investments betreffen könnte, wie Discovery oder LiLAC - etwas entfernter auch Microsoft. Außerdem betrifft es all die viel beachteten Riesen-Konzerne wie Google, Disney oder Netflix. Viel Spaß mit dem Link zu stratechery.com.


Value traps im Radiogeschäft?

Der Forager Fund mag NZME. Seit ich mein Engagement in Liberty Sirius eingegangen bin entdecke ich immer mehr, was für eine Cash-Cow auch das klassische Radiogeschäft (derweil noch?) eigentlich ist - im Gegensatz zum Streaming-Geschäft, das ohne Quer-Subventionen einfach nicht funktioniert (siehe z.B. Pandora Media). Es mangelt mir allerdings an Investment-Möglichkeiten. Eine Idee wäre eben NZME, die ich auf die To-Do-Liste setze. 

Eine andere Möglichkeit, und ebenfalls auf der To-Do-Liste: Entercom, das mit dem Radiogeschäft von CBS zusammengeschlossen werden soll.


Herbalife und Multi-Level-Marketing

Eine der meist beachteten Kleinkriege an der Börse in den letzten Jahren: Ackman gegen Icahn. The New Yorker mit einem interessanten Beitrag über Herbalife und (legale?) Schneeballsysteme. Obwohl Ackman mit Valeant kräftig daneben gegriffen hat, tendiere ich hier eher dazu (zugegeben, hauptsächlich beeinflusst von dem Artikel), ihm Recht zu geben, nicht Icahn. 

Im Artikel wird allerdings auch erwähnt, dass Ackman mit seiner Short-Position nicht unbedingt Gewinn machen muss, nur weil er richtig liegt und/oder Herbalife mit seinem MLM einem Pyramidensystem sehr ähnlich sieht. Die definitive Abgrenzung ist oft schwierig...


Autohändler

Vor ein paar Monaten habe ich mir ein paar englische Autohändler angesehen (Inchcape, Lookers, Pendragon und Vertu), dann aber, mehr oder weniger aufgrund des Brexit, beschlossen nicht zu investieren. Bisher habe ich mit dieser Entscheidung nicht viel verpasst, die vier Aktien sehen auf den ersten Blick nach wie vor günstig aus und sind seither, wenn überhaupt, nur leicht gestiegen. 

Dazu ein interessanter Beitrag auf The Rational Walk, der die Geschichte des Autohandels auf Basis des Buches My years with General Motors von Alfred Sloan, Jr. zusammenfasst. Natürlich behandelt das Buch das US-Geschäft, die grundlegenden Prinzipien müssten aber praktisch auch auf den englischen Markt übertragbar sein. 

Interessant finde ich das ganze, weil Warren Buffett 2015 Van Tuyl übernommen hat. Seine damalige Einschätzung zum Direkt-Vertriebsmodell von Tesla:
"I would doubt if it picks up much steam, [...] What Tesla does with it, we'll find out. But I do not see the distribution system changing in any major way."
Larry van Tuyl sieht das ähnlich:
"I don't see any serious volume potential there, and their pricing for what they build may be fine, but it's certainly at the upper end, so I just don't see it as a volume product" 
Zusammen mit obigem Artikel lässt sich schon vermuten, dass der Autohandel prinzipiell ein starkes Geschäftsmodell ist, wenn es von einem anständigen Management geführt wird. Einen Wettbewerbsvorteil a la Coca-Cola wird man jedoch vergeblich suchen. 

An was ich mich auf jeden Fall noch erinnere: den wirklichen Gewinn machen alle vier Unternehmen im Service/Aftersales Bereich, nicht im Autohandel selbst. 

Tesla

Wenn wir gerade dabei sind: nach der Übernahme von SolarCity ist Tesla definitiv um einen Cash-Burner reicher. Ich habe mir die Bilanzen von SolarCity (vor der Übernahme) mal durchgesehen, und bin auf erstaunliche "VIEs" und "redeemable" und "non-redeemable non-controlling interests" gestossen, die die Analyse der Bilanzen/GuVs/Cash-Flow Statements zu einer müssigen Angelegenheit machen und jetzt logischerweise in den Tesla-Büchern auftauchen (ich habe irgendwann aufgehört, weil ich nicht glaube, dass genügend Information preisgegeben wird, um diese Dinger wirklich zu bewerten. Ich gebe allerdings zu, dass ich damit praktisch keine Erfahrung habe). 

Ein Großteil dieser Spielereien hängt wohl mit Solar Tax Equity Investments zusammen, ich weiß aber nicht, ob das alles ist, was darin versteckt ist. Falls jemandem furchtbar langweilig ist, hier eine gute Einführung in diese Vehikel von Woodlawn Associates

Wenn die Puts auf Tesla nicht so schrecklich teuer wären, wären sie wohl eine gute Gelegenheit, sich gegen einen Markt-Crash abzusichern. Ich weiß bei bestem Willen nicht, wie Tesla die nächsten Jahre ohne ständige Kapitalerhöhungen (oder eine Riesen-Kapitalerhöhung) durchkommen will. Dennoch stieg die Aktie letztens deutlich an, was bedeutet, dass ich mich einfach täusche, oder Tesla eine der größten (Unternehmens-) Blasen überhaupt ist...

Ich bin echt gespannt, ob, wann und wie das endet.